Rohstoffkolloquium in Schönebeck
23.06.2022
Die Referenten im Überblick, v.l.: Bert Vulpius, UVMB-Geschäftsführer, Dipl.-Biol. Oliver Fox, Referent für Biodiversität und Umwelt, Dr.- Ing. Stefan Hörold, Funktionalbereichsleiter 2, Dr. Ipek Ölcüm, Fachanwältin und Geschäftsführerin des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO), Peter Ronig, Sybae Solar GmbH, Dr. Torsten Bachmann, Deutsche Lithium GmbH
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Die Infrastrukturplanung im Bundesland Sachsen-Anhalt, Artenschutz und Biodiversität, die neue Mantelverordnung, das Geologiedatengesetz und Themen, die sich mit Transformationsprozessen in der Volkswirtschaft, wie die Erzeugung von alternativen Energien in Gewinnungsstätten und der geplanten Gewinnung von Lithium im Erzgebirge als einer Grundlage für die Elektromobilität beschäftigten, standen beim diesjährigen 19. Rohstoffkolloquium in Schönebeck/Bad Salzelmen auf dem Vortragsprogramm. Nach zwei Jahren coronabedingter Pause waren am 19. Mai erneut Vertreter der Bau- und Rohstoffindustrie sowie von Behörden und Ämtern der Einladung des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe (UVMB) e.V. zum Informations- und Erfahrungsaustausch gefolgt.
Über die Erhaltung- und Instandsetzungsstrategie der Verkehrsinfrastruktur berichtete Dr. Stefan Hörold
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Dr.-Ing. Stefan Hörold von der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt stellte die aktuellen Aufgaben und die Straßenbauplanungen für das Bundesland mit einigen ausgewählten Großprojekten vor. 2040 km Bundesstraßen, 4050 km Landesstraßen und 773 km Kreisstraßen liegen in ihrem Verantwortungsbereich. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Erhaltung und der Instandsetzung der bestehenden Infrastruktur. Hierfür wird die Verkehrsinfrastruktur im Rahmen eines Erhaltungsmanagements einer regelmäßigen Zustandserfassung und Bewertung unterzogen. Nach einer Analyse aus dem Jahr 2020 gelten 850 km der Bundesstraßen und 2458 km der Landesstraßen als sanierungsbedürftig.
„Das wird uns noch einige Jahre beschäftigen.“, so Dr. Hörold. Die Hauptursachen für die Schäden liegen in einer ausgeprägten Rissigkeit bestehend aus Längs- und Querrissen. Unter den Neubauprojekten stellt die geplante Ortsumfahrung Bad Kösen mit der Saalequerung ein besonders interessantes ingenieurtechnisches Bauprojekt dar.
Zahlreiche Vertreter von Unternehmen, Behörden und Ämtern waren der Einladung des UVMB nach Schönebeck gefolgt
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Generell lege die Straßenbaubehörde viel Wert auf eine gute fachliche Zusammenarbeit mit Verbänden wie dem UVMB, um gemeinsam praktikable Lösungen zu finden. Die Auswirkungen der Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) an Ingenieurbauwerken, Probleme rund um den Hochverdichtungsasphalt (HVA), Arbeitsplatzgrenzwerte beim Asphalteinbau und die Umsetzung der Ersatzbaustoffverordnung seien Herausforderungen, die man miteinander bewältigen möchte.
UVMB-Geschäftsführer Bert Vulpius leitete das Rohstoffkolloquium und berichtete über die Standpunkte der Verbände zur neuen Mantelverordnung
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Einen groben Überblick über Herausforderungen, welche auf die Steine- und Erden-Industrie mit der neuen Mantelverordnung zukommen, gab Bert Vulpius. Dabei stand besonders die Ersatzbaustoffverordnung im Mittelpunkt. „Wir sind im Moment dabei, alle möglichen fachlichen Fragen zu sammeln, um dann mit den zuständigen Behörden und Ämtern in einen konstruktiven Austausch treten zu können“, informierte der UVMB-Geschäftsführer. Denn die Einführung sei ein „fließender Prozess“. Ab 1. August 2023 trete die Verordnung in Kraft. Die Bundesregierung überprüfe auf der Grundlage der abfallwirtschaftlichen Entwicklung bis zum 1. August 2025 die Auswirkungen des Vollzugs auf die Verwertung mineralischer Abfälle und will gegebenenfalls Anpassungen der Verordnung vornehmen. Weiterhin soll die Umsetzung der Verordnung durch ein wissenschaftliches Monitoring begleitet werden, über dessen Ergebnisse dem Deutschen Bundestag bis zum 1. August 2027 berichtet werden soll.
Die Pausen gaben viel Raum für den Erfahrungs- und Meinungsaustausch
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Generell würde vieles besser. Neben der lange geforderten Schaffung bundeseinheitlicher Grundlagen, einem einheitlichen Vollzug und vereinfachter Genehmigungen – insbesondere dem Entfall der wasserrechtlichen Erlaubnis – der nachhaltigen Sicherung und Wiederherstellung der Funktionen des Bodens sowie der Umsetzung neuer Erkenntnisse zum Grundwasserschutz gebe es aber noch Handlungsbedarf für eine Verbesserung der Akzeptanz von mineralischen Ersatzbaustoffen sowie die Gewährleistung der bestmöglichen Verwertung. Negativ bewertet würde, dass sich der Gesetzgeber trotz umfangreicher Maßnahmen zur Güteüberwachung von Recycling-Baustoffen nicht dazu durchringen konnte, diese mit einem Produktstatus zu versehen. Weiterhin sind die umfangreichen Anforderungen an die Dokumentation für Hersteller und Verwender beim Einsatz von Recycling-Baustoffen nicht besonders anwenderfreundlich und stärken nicht die Akzeptanz für Sekundärbaustoffe.
Die Zielstellung der neuen Biodiversitätsdatenbank der Steine- und Erden-Industrie erläuterte Dipl.-Biol. Oliver Fox
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Über eine neue Biodiversitätsdatenbank der Steine- und Erdenindustrie berichtete Dipl.-Biol. Oliver Fox vom UVMB. Damit möchte die Branche ihren Beitrag zum Erhalt und zur Förderung der biologischen Vielfalt langfristig erfassen, dokumentieren und auswerten. Um eine solide Datenbasis zu schaffen, führe das System Biodiversitätsdaten aus der Vorhabenzulassung sowie Monitoring-Daten aus der Betriebsphase und renaturierten und rekultivierten Abbauflächen zusammen. Die Koordination des Projektes mit zahlreichen Partnern, zu denen auch der UVMB gehört, obliegt dem Dachverband der Steine-Erden-Industrie, dem Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs).
Die Unternehmen der Branche greifen aus wirtschaftlicher Notwendigkeit zwar temporär in die Natur und Landschaft ein, schaffen aber gleichzeitig verschiedenste wertvolle Lebensräume und das schon während des laufenden Abbaubetriebs. „Natur auf Zeit“ sei hier ein wichtiges Stichwort. Mit der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes im vergangenen Jahr hat der Gesetzgeber dieses Prinzip in das Gesetz einfließen lassen und insbesondere den Beitrag der rohstoffgewinnenden Baustoffindustrie gewürdigt. Es zeige, dass Artenschutz und Rohstoffgewinnung gut miteinander vereinbar sind, so Fox. Mit den Amphibienschutzprogrammen in Sachsen und Thüringen, dem Uferschwalben-Monitoring oder dem sächsischen Schwarzkopfmöwen-Projekt hat der UVMB mit verschiedenen Partnern eine Reihe von Artenschutzprojekten etabliert. Auch in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind derartige Projekte in Vorbereitung. „Die Biodiversitätsdatenbank ist vorerst nur branchenintern nutzbar.“ Den damit verbundenen Datenschutz sieht Fox als eine wesentliche Voraussetzung für eine breite Beteiligung der Mitgliedsunternehmen.
Welche Konsequenzen resultieren sich aus dem Geologiedatengesetz für die Gesteinsindustrie? Dieser Frage ging Dr. Ipek Ölcüm auf den Grund
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Über das Geologiedatengesetz, welches am 30.06.2020 in Kraft getreten ist, berichtete Dr. Ipek Ölcüm. Dahinter stehe das „Gesetz zur staatlichen geologischen Landesaufnahme sowie zur Übermittlung, Sicherung und öffentlichen Bereitstellung geologischer Daten und zur Zurverfügungstellung geologischer Daten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben“ erklärte die Fachanwältin und Geschäftsführerin des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO). Aus dem Gesetz, welches das Lagerstättengesetz von 1934 ablöst, resultieren eine Reihe von Pflichten für Unternehmen, die zum Beispiel im Rahmen von Aufsuchungsarbeiten geologische Daten erheben. Zudem nimmt das Gesetz eine Kategorisierung in Nachweis-, Fach- und Bewertungsdaten vor. Für diese Daten gelten unterschiedliche Anzeige-, Übermittlungs- und Veröffentlichungsfristen. Wichtig ist an dieser Stelle, dass die Unternehmen ihre Daten richtig einstufen, um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Hierbei empfiehlt es sich, aktiv auf die Geologischen Dienste der Länder zuzugehen und das Gespräch zu suchen.
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Photovoltaik und die Möglichkeiten für die Rohstoffindustrie stellte Peter Ronig vor
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Die Gewinnungsstätten der Steine- und Erden-Industrie können einen Beitrag zur Erzeugung von alternativen Energien leisten. Vor dem Hintergrund von Vorteilen wie „guten Platzverhältnissen ohne zusätzlichen Flächenentzug, wenig Verschattung, Wasserflächen zur Kühlung der PV-Module und somit Effizienzsteigerungen“ aber auch zunehmenden gesetzlichen Regulierungen berichtete Peter Ronig von der Sybae Solar GmbH aus Kehrig in seinem Beitrag zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Photovoltaik und Möglichkeiten für die Rohstoffindustrie.
„Schwimmende PV-Anlagen sind zwar durch den höheren Wirkungsgrad recht effektiv, aber die gesetzlichen Hürden für deren Errichtung sind momentan sehr hoch.“ Deshalb gebe es in Deutschland in Gewinnungsbetrieben bisher nur wenige solcher Anlagen und dann nur mit einer relativ geringen Flächengröße, stellte Ronig fest. In anderen europäischen Ländern sei man hier durchaus weiter, wo Anlagen von mehreren Hektar Größe keine Seltenheit sind. Auch aus Rheinland-Pfalz könne man auf gute Erfahrungen verweisen. Die Lage auf dem Solarstrommarkt stelle sich derzeit so dar, dass durch die ständig steigenden Strompreise und die gesunkenen Anlagenpreise die Errichtung und der Betrieb von PV-Anlagen wirtschaftlich durchaus lukrativ sei. Dieser Trend würde sich vermutlich auch in der Zukunft fortsetzen. Ronig erläuterte verschiedene Anlagenvarianten und Stromvermarktungsmodelle für PV-Anlagen.
Über das „Zinnwald Lithium Projekt“ sprach Dr. Torsten Bachmann
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Über die zukünftige Gewinnung von Lithium in Mitteldeutschland berichtete Dr. Torsten Bachmann von der Deutsche Lithium GmbH in seinem Vortrag „Rohstoffe für die Elektromobilität aus dem Erzgebirge“. Der Rohstoff hat eine große Bedeutung für die Transformation der Wirtschaft und die Batterietechnologie. Der erwartete europäische Bedarf wird für 2030 mit 800 000 t/a angegeben. 2020 lag er bei ca. 50 000 t. Aktuell gibt es in Deutschland und Europa keine Lithiumproduktion. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission Lithium als kritischen Rohstoff eingestuft. Für das „Zinnwald Lithium Projekt“ hat das Unternehmen rund um den gleichnamigen Ort und das benachbarte Altenberg Bergrechte erworben. Dabei handele es sich um eine Lagerstätte mit ca. 35,5 Mio. t Erz mit einem Gehalt von durchschnittlich 3,5 ppm (parts per million) Lithium. Die Planungen gehen davon aus, als Hauptprodukt etwa 10 000 t Lithiumhydroxid-Monohydrat in Batteriequalität pro Jahr herzustellen. Als Nebenprodukte fallen Kaliumsulfat für Düngemittel und die chemische Industrie, gefälltes Calciumcarbonat, welches als Füllstoff in der Papierindustrie eingesetzt werden kann und Quarzsand an. Man hofft, dass man mit dem bergmännischen Untertageaufschluss ab ca. 2025 beginnen kann.