16. Rohstoffkolloquium in Schönebeck
Industrie 4.0, Rohstoffsicherung in Sachsen-Anhalt, Artenschutz und Mantelverordnung – das 16. Rohstoffkolloquium des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe (UVMB), das am 17. Mai 2017 traditionell in Schönebeck/Bad Salzelmen stattfand, bot den Teilnehmern wieder ein breites Spektrum an aktuellen Themen.
„Moderne Flugroboter können heutzutage mit hochauflösenden Kameras ausgerüstet werden und erreichen Flugzeiten von bis zu einer Stunde.“ Rainer Hack von der industry images 3d aus Viereth-Trunstadt erläuterte die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten und vielfältigen Auswertemöglichkeiten von digitalen Daten, die sich nahtlos in das Thema Industrie 4.0 einordnen. Auch in der bergmännischen Vermessung können sie vor allem zur Geländeaufnahme und Entwicklung von digitalen Geländemodellen eingesetzt werden. „Diese Systeme vereinen die Vorteile der luftgebundenen und der terrestrischen Photogrammetrie. Sie sind in der Lage, nahezu jeden Aufnahmepunkt im Raum einzunehmen und können zum Beispiel auch Bereiche, die nicht betretbar sind, ohne Einschränkungen aufnehmen“, so Hack.
Kiessand, Hartgestein, Kalkstein, Quarzsand, Braunkohle und Erdgas sind die wichtigsten Rohstoffe in Sachsen-Anhalt. 2014 betrug die Gesamtförderung ca. 66 Mio. t. Davon entfallen auf die Steine- und Erden-Rohstoffe ca. 40 Mio. t. „Trotz dieser bedeutenden Mengen sind durch die Rohstoffgewinnung weniger als 1 % der Landesfläche in Anspruch genommen. Aktuell werden im Bundesland in drei der fünf Planungsregionen die Regionalpläne fortgeschrieben und damit steht das Thema Rohstoffsicherung auf der Tagesordnung“, erläuterte Regine Präger vom Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB).
Der Landesentwicklungsplan von 2010 legt wichtige Grundlagen für die Rohstoffsicherung. Hier sind bereits auf Landesebene erste überregional bedeutsame Lagerstätten als Vorranggebiete ausgewiesen, die durch die Regionalplanung zu übernehmen und durch weitere Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die Rohstoffsicherung zu ergänzen sind. Regine Präger zeigte sich weitgehend zufrieden mit der Umsetzung der Rohstoffsicherung in den Regionalplanentwürfen der Regionen Halle und Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg. In der Planungsregion Magdeburg sieht das LAGB Überarbeitungsbedarf. Man befinde sich hier mit der Planungsgemeinschaft in einem konstruktiven Dialog. Durch die bedeutenden Rohstoffmengen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Sachsen-Anhalt gewonnen wurden, ist der lagerstättengeologische Kenntnisvorlauf stark geschrumpft. „Da wir als LAGB den Planungsregionen Vorschläge für die Flächenausweisung liefern und diese auch begründen müssen, sind wir auf aktuelle lagerstättengeologische Daten aus der Industrie angewiesen“, appellierte Regine Präger an die Unternehmer.
„Bei der langfristigen bedarfsunabhängigen Rohstoffsicherung gibt es aus unserer Sicht noch Nachholbedarf“, gab UVMB-Geschäftsführer Bert Vulpius zu bedenken. So verfüge das Land auch über einige überregional bedeutsame Kiessandlagerstätten, die im Landesentwicklungsplan nicht als Vorranggebiete ausgewiesen wurden. Hier bestehe für die Regionalplanung die Aufgabe, diese raumordnerisch als Vorranggebiete zu sichern. Dies spiegle sich besonders in der Planungsregion Magdeburg wieder. Hier werden jedes Jahr über 16 Mio. t an Steine- und Erden-Rohstoffen gewonnen. Mit dem Flechtinger Höhenzug verfügt die Region über die nördlichsten Hartgesteinslagerstätten, die weite Teile Norddeutschlands mit Hartgestein versorgen müssen. Weiterhin leisten die großen Kiessandlagerstätten an der Elbe einen erheblichen Beitrag zur Rohstoffversorgung der Hauptstadtregion Berlin, die ihren eigenen Bedarf an Baurohstoffen nicht decken kann, weil entsprechende Lagerstätten nicht vorhanden sind.
Steffen Kielwein von der Regionalen Planungsgemeinschaft Magdeburg stellte den aktuellen Planungsstand vor. 2016 wurde vom Planungsverband der 1. Entwurf des Regionalen Entwicklungsplanes Magdeburg vorgelegt, zu dem ca. 725 Stellungnahmen eingegangen sind. Derzeit bearbeite man die Stellungnahmen. Um im Abwägungsprozess effektiver arbeiten zu können, wünsche man sich eine Zusammenarbeit mit den betroffenen Unternehmen und Informationen über Verfahrensstände, Erweiterungsflächen, Abbauflächen sowie Umweltverträglichkeitsprüfungen, landschaftspflegerische Begleitpläne und FFH-Prüfungen.
In der Diskussion wurde die planerische Umsetzung der Vereinbarkeit von Rohstoffsicherung und Hochwasserschutz erörtert. Bert Vulpius stellte dar, dass neben der Überarbeitung der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete auch Abstandsregelungen noch einmal kritisch geprüft werden sollten. Diese dürften nicht pauschal festgelegt werden, sondern sollten immer auswirkungsbezogen sein und sich am Einzelfall orientieren. Ebenso sollte der Umweltbericht in den Bereichen Wasser und Artenschutz überarbeitet werden.
Über die Umsetzung von Artenschutz und Eingriffsregelung im Betriebsplanverfahren sowie praktische Lösungsansätze referierte Ronald Meinecke vom Büro für Verfahrensmanagement und Umweltgutachten aus Potsdam. Dabei ging er auf die zahlreichen gesetzlichen Grundlagen und Anforderungen sowie die Besonderheiten des Bergbaus in Bezug auf den Artenschutz im Vergleich zu anderen industriellen Planungen ein. In seinem Vortrag kommt Meinecke zu dem Fazit, dass vom Bergbau zwar einerseits Schädigungen ausgehen, andererseits aber auch seltene, ökologisch wertvolle Biotope entstehen, die es so ohne Bergbau nicht gegeben hätte. „Bei der planerischen Bewältigung von Artenschutz und Eingriffsregelung können Ökokonten einen wichtigen Beitrag leisten“, so Meinecke.
Den aktuellen Arbeitsstand zur „Mantelverordnung“ – ein Thema, das die Industrie seit mehr als zehn Jahren beschäftigt – stellte Dr. Berthold Schäfer vom Bundesverband Baustoffe-Steine und Erden (bbs) aus Berlin vor. Die Verordnung soll zukünftig den Umgang und die Verwertung von mineralischen Bauabfällen und den Einsatz von Recycling-Baustoffen bundesweit einheitlich regeln. So habe das Bundeskabinett am 3. Mai 2017 die Verordnung beschlossen, die nun noch der Zustimmung des Bundestages und Bundesrates bedarf. Mit einer Verabschiedung könne, wenn alles problemlos verläuft, im September 2017 gerechnet werden. „Zu unserer großen Erleichterung wurde die Grundwasserverordnung mit ihren zum Teil nicht nachvollziehbaren Geringfügigkeitsschwellenwerten aus der Verordnung herausgenommen“, sieht Schäfer einen Erfolg der Arbeit der Verbände.
Trotz allem Erreichten würde die Verordnung zu einer stärkeren Verschiebung der Massenströme weg von der Verwertung hin zur Beseitigung auf Deponien führen. Hier werden Mengen von jährlich ca. 35 Mio. t prognostiziert, die zusätzlich auf Deponien beseitigt werden müssen, weil eine Verwertung auf der Grundlage der neuen Verordnung nicht mehr möglich ist. Deshalb ist für die Industrie eine kontinuierliche Überprüfung der Auswirkungen der Verordnung alle zwei Jahre erforderlich und nicht nur einmalig nach vier Jahren, wie es in der Mantelverordnung vorgesehen ist, fordert Schäfer.
Kritisch gesehen wird zudem der bürokratische Dokumenta-tionsaufwand beim Einsatz von Recycling-Baustoffen, welcher nach Auffassung der Industrie ein Hemmnis für eine wirkungsvolle Kreislaufwirtschaft darstelle.