Hightech unter härtesten Bedingungen
In Österreich hat die Wasserkraft eine lange Tradition als umweltfreundliche Alternative einer leistungsstarken Stromversorgung. In den Alpen ist diese Art der Energiegewinnung besonders auf Grund der besonderen örtlichen Gegebenheiten eine ernst zu nehmende Alternative für zuverlässige Bereitstellung von Elektrizität. Jüngstes Beispiel ist das Kühtai-Projekt in den Stubaier Alpen. Hier betreibt die Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) bereits seit vielen Jahren zwei Speicherbecken des Kraftwerks Sellrain-Silz. Im Zuge einer umfassenden Sanierung und Modernisierung wird die Kraftwerksgruppe u. a. um einen dritten Speicher im hinteren Längental erweitert. Unter Federführung des regionalen Versorgers ist die ARGE SKW Kühtai mit der Durchführung für das Hauptbaulos des Projektes betraut worden.
Für Projekte dieser Aufgabenstellung benötigen die besten und erfahrensten Ingenieure das beste und erfahrenste Ausführungspersonal, was sich wiederum auf die beste und ausgereifteste anlagentechnische Basis stützen muss. Für diese Prozesskette vertraut die ARGE SKW Kühtai auf die Gesteinsaufbereitung von Sandvik. Der Hersteller konnte als Full-Liner eine komplette Aufbereitungskette aus einer Hand zur Verfügung stellen, die den härtesten Anforderungen gewachsen ist. Die optimal aufeinander abgestimmte Technik reicht vom Aufgabebunker bis zu den fertigen Produkten.
Über einen vollautomatisierten Aufgeber wird das Material aus dem 30 m³-Bunker der Anlage zugeführt. Hier arbeitet ein Sandvik Schubwagenaufgeber SH1361 MINING. Über eine individuell definierbare Einstellung von Hublänge und Hubfrequenz lässt sich auch schwieriges Aufgabegut je nach spezifischer Beschaffenheit dem Vorsieb zuführen. Hier ist ein erster Trennschnitt bei 150 mm vorgesehen. Das Überkorn erreicht die Primärstufe des Sandvik CJ613. Der bewährte Einschwingen-Backenbrecher mit seiner außergewöhnlichen Robustheit ermöglicht eine stufenlos einstellbare Spaltweite (CSS) von 125 bis 300 mm. Die mögliche Aufgabegröße reicht bis mehr als 1000 mm also einen vollen Meter Kantenlänge – eine wichtige Kenngröße, denn verarbeitet werden muss nahezu alles, was ansteht. Laut den Vorgutachten handelt es sich dabei um das heterogene Lockergestein der vorhandenen Blocksteinhalden aus dem Bereich des zukünftigen Speichergrundes im Stauraum des neuen Beckens. Weil hier immer wieder auch mit Großblöcken zu rechnen ist, hat Sandvik die Anlagentechnik entsprechend angepasst: Zur Komplettierung ist im Einlaufbereich ein Sandvik Rammer C450 Hydraulikhammer-Auslegersystem installiert. Damit können zuverlässig auch überdimensionale Gesteinsbrocken bewältigt werden.
Die Bedarfskonfektionierung des vorgebrochenen Gesteins wie auch des Unterkorns der Vorsiebung erfolgt über einen Kreiselbrecher Sandvik CH840i. Diese Technik stellt erwiesenermaßen das zuverlässigste und robusteste Sekundärbrecher-System dar. Die neueste i-Serie von Sandvik deckt die erforderlichen Merkmale für den harten Einsatz bei Kühtai-Projekt ab. Eine robust konstruierte einteilige Hauptwelle sowie die neuen modifizierten Hauptrahmenteile (Brecherober- und unterrahmen) bilden die Grundlage der neuen Hydrocone I-Serie. Das einteilige sphärische Sternlager wurde nochmals weiterentwickelt. So konnte die Verschleißzeit für diese wichtigen Bauteile wesentlich erhöht werden. Eine große Anzahl unterschiedlicher Brechwerkzeuge sowie verschiedene Excenterbüchsen ermöglichen es, die Maschine auf spezifische Erfordernisse zu kalibrieren. Wesentliches Alleinstellungsmerkmal ist die hydraulische Brechspalteinstellung über das Hydrocone-System. Dieses automatische Einstellregelsystem optimiert nicht nur die Produktion, sondern überwacht auch den Verschleiß der Brechkammer.
Die Klassierung des Materials erfolgt auf einem Sandvik SL2473 Linearsieb. Entscheidend für den Gesamtprozess ist u. a. auch der Feuchtegehalt, weshalb die Aufbereitung auch über einen Trockner verfügt. Im Ergebnis stehen Fraktionen von 0/16 mm bis 16/32 mm oder auch Gemische wie etwa 0/63 mm. Aus diesen Zusammensetzungen bestehen großenteils die Produkte, wobei die benötigten speziellen Fraktionen der Dammschüttung hervorstechen. Der gut 100 m hohe Schüttdamm soll das Kernstück des Speicherbeckens werden; mit ihm werden die gewaltigen Wassermassen zurückgehalten und kontrolliert an die Turbinen im Tal abgegeben. Der mangelnde Platzbedarf im Baubereich des hinteren Längentals und die Herstellung des Dammkern-Materials, machen auch die Aufbereitung noch komplexer. Das Hauptprodukt wird mit Bentonit abgemischt im Dammkern als innerste dichte Schicht eingebaut. Weil diese Produkte auf Grund der plastischen Konsistenz, mit der sie verarbeitet werden, bis zum Aushärten der Bentonitmatrix nur eine begrenzte Lagerfähigkeit aufweisen, muss die Gesteinsaufbereitung zuverlässig in der Lage sein, auch Just-in-Time ständig Material zur Verfügung zu stellen. Die Anforderungen an die Betriebszuverlässigkeit nahm deshalb einen besonderen Fokus ein. Auch unter den widrigen Bedingungen wie den Witterungsverhältnissen in den großen Höhen der Tiroler Stubaier Alpen mit großen Temperaturschwankungen, Wind und Niederschlag, denen das Bauvorhaben permanent ausgeliefert ist, ist eine erforderliche Anlagenkapazität um 550 t/h sicher zu gewährleisten. Dem hat Sandvik sich erfolgreich gestellt und die robuste Technik zusätzlich abgesichert: Angeschlossen ist die gesamte Maschinerie an das Kommunikationstool SAM by Sandvik – wesentlicher Bestandteil der kompetenten Service-Organisation für den Anlagenbetrieb – und Garant für eine effiziente Ersatz- und Verschleißteil-Versorgung inklusive einer bedarfsgesteuerten Revision jeder einzelnen Maschine.
Mit dieser eindrucksvollen Technik der Gesteinsaufbereitung geht die ARGE SKW Kühtai im abgelegenen Längental in 2000 m Höhe ein gigantisches Aufgabenprofil an: Für das neue Speicherbecken ist ein Nutzinhalt von 31 Mio. m³ projektiert. Nicht weniger als 6,9 Mio. m³ Gestein müssen dabei bewegt und großenteils aufbereitet werden. Das Ausgangsmaterial ist dafür geeignet, der Anlagentechnik alles abzuverlangen – und Sandvik hat dafür die erforderliche Technologie aufgeboten. Das großenteils aus Blockhalden kommende Lockergestein sowie anfallender Sprengschutt bestehen aus heterogenen Materialien mit einem Querschnitt aus den verschiedensten metamorphen Gesteinen. Von weichen Glimmerschiefern reicht die Palette über harte Quarzite, unterschiedliche Gneisvarianten und weitere Gesteinsvarianten mit unterschiedlichsten technischen Eigenschaften. Die aufzubereitenden Gesteine werden in erster Linie aus dem Bereich des zukünftigen Speichergrund im Stauraum entnommen.
Eine der Aufgaben im Lastenheft der Ausschreibung war es, aus diesen unterschiedlichen Materialien möglichst vollständig verwertbare Körnungen aufzubereiten. Auch diese Anforderung folgt dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit, denn auf abgelegenen Baustellen wie dem Kühtai-Projekt gilt mehr als anderswo, die vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen. Sowohl die Abfuhr von überflüssigem Abraum als auch das Herbeischaffen von verwendbaren mineralischen Rohstoffen würde einen immensen Logistikaufwand benötigen und mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden sein.
Bei dem Gesamtinvestitionsvolumen – die TIWAG spricht von rund 1 Mrd. € – stellt die Anlagentechnik der Gesteinsaufbereitung von Sandvik nur einen vergleichsweisen kleinen Teil dar, der dennoch als Grundlage für eine dauerhaft erfolgreiche Projektdurchführung von eminenter Bedeutung ist. Die Anlagen bilden einen zentralen Faktor, wobei Zuverlässigkeit und Leistungsstärke Hand in Hand gehen müssen. Um diesen Flaschenhals des Gesamtprojektes optimal zusammen zu stellen und damit die reibungslose Bereitstellung der aufbereiteten Zwischenprodukte in erforderlicher Qualität und Menge zu gewährleisten, haben Sandvik und die österreichischen Ingenieure der ARGE SKW Kühtai in enger Zusammenarbeit die Anforderungen definiert und in praktische Anlagentechnik umgesetzt. Eine segmentartige Kombination der Anlagen erlaubte den Transport ins hintere Längental sowie eine Montage vor Ort.
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