Verwertungsquote 85 %, weiter steigend

Gips-Recyclinganlage der MUEG Mitteldeutsche Umwelt und
Entsorgung GmbH in Großpösna

Unweit der Autobahn A 38 nahe Leipzig, also in einer verkehrstechnisch sehr günstigen Lage, befindet sich im Ortsteil Störmthal der sächsischen Gemeinde Großpösna eine Recyclinganlage der MUEG Mitteldeutsche Umwelt und Entsorgung GmbH (im Weiteren MUEG), die zu den derzeitig vier aktiven Gips-Recyclinganlagen Deutschlands gehört. Chefredakteurin Dr. Petra Strunk und Dr. Brigitte Hoffmann erhielten als Vertreterinnen der Redaktion „recovery – Recycling Technology Worldwide“ die Möglichkeit, die Anlage für eine Werksreportage zu besichtigen und Details von Herr Dipl.-Ing. Jörg-Michael Bunzel, Prokurist und Geschäftsbereichsleiter TED als Gesprächspartner der MUEG GmbH zu erhalten.

Das Unternehmen

Der Hauptsitz der MUEG befindet sich in Braunsbedra am Geiseltalsee in Sachsen-Anhalt. Etwa 220 Beschäftigte arbeiten in fünf Produktionsbereichen (Kraftwerksentsorgung, thermische Verwertung, Deponie-/Bergbausanierung und Deponiebau, Abwasser und Wertstoffaufbereitung) und einer eigenen Forschungsabteilung. Zum Bereich Wertstoffaufbereitung zählt u.a. die Gips-Recyclinganlage mit vier Mitarbeitern.

Vorgeschichte

„Eigentlich gibt es in Deutschland noch genügend Gipslagerstätten, aber in landschaftlich schönen Karstgebieten. Bislang war der REA-Gips aus der Abgasreinigung von Kohlekraftwerken sehr gefragt. Mit deren Abschaltung in den kommenden Jahren wird das Recycling von Gipsabfällen einen höheren Stellenwert erhalten“, berichtet einleitend Jörg-Michael Bunzel.

 

Ungeachtet dessen, dass es seit 2014 in Deutschland die Möglichkeit gibt, Gipskartonplattenabfälle zu recyceln, steckt dieses Projekt in Deutschland noch immer in den Kinderschuhen. Das liegt nicht nur an dem im Vergleich zu anderen Massenprodukten im Bereich der Bauabfälle geringen Aufkommen an Gipskartonplatten, sondern auch, weil immer noch der nicht gesetzeskonforme Weg der Ablagerung – oft deklariert als Verwertung – anstelle der aufwändigen stofflichen Verwertung gewählt wird. Gegenwärtig wird in der Literatur bundesweit ein Aufkommen von 641 000 t/a gipshaltiger Abfälle angegeben [1], von denen nach Angaben des Bundesverbandes der deutschen Gipsindustrie etwa 150 000 t/a recycelbar sind. Es wird mit einer Steigerung dieser Menge auf rd. 300 000 t/a gerechnet. Konkrete Zahlen für den Anfall an verbrauchten Gipskartonplatten zu erhalten wird auch dadurch erschwert, dass eine Getrenntsammlung/-transport dieser Abfälle immer noch nicht umfassend erfolgt.

 

Eine beträchtliche Menge an Gipsabfällen wurde in den Jahren bis 2010/2011 zur Abdeckung der Kalihalden in Thüringen verwendet. Dem wurde aber ein Riegel vorgeschoben, denn eine Verwertung von Gipsabfällen als Deponieersatzbaustoff ist gemäß § 14 Abs. 2 DepV nicht zulässig. Außerdem schreibt die Gewerbeabfallverordnung vor, dass Gipsabfälle bereits an der Anfallstelle (Baustelle) getrennt erfasst und einer möglichst hochwertigen Entsorgung zuzuführen sind. Dennoch wird seit 2014 der Großteil der in Deutschland anfallenden Gipsabfälle nach wie vor vornehmlich nach Tschechien transportiert und dort bei der Sanierung von bergbaulichen Hohlformen (Stabilisierung von uranbelasteten Schlammdeponien) eingesetzt. Das aber ist weit entfernt von der angestrebten Kreislaufwirtschaft in Deutschland (Scheinverwertung) und hat auch zu einem massiven Preisverfall am deutschen Markt geführt.

 

Errichtung der Gips-Recyclinganlage

Um nach der Gründung der MIBRAG Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (im Weiteren MIBRAG) die immensen Entsorgungsaufgaben, die im mitteldeutschen Braunkohlenrevier anstanden zu lösen, wurde 1990 die MUEG gegründet. Gesellschafter sind zu gleichen Teilen die MIBRAG und Remondis Kommunale Dienste Ost GmbH. Mit den strenger werdenden gesetzlichen Vorgaben und der geplanten Untersagung der Behörden (insbesondere Thüringen, Sachsen, Baden-Württemberg) zur Ablagerung gipshaltiger Abfälle in bergbaulichen Bereichen entschloss sich das Unternehmen, eine Anlage zur hochwertigen Verwertung dieser Abfälle zu errichten, zumal es in Deutschland noch keine industrielle Verwertungsanlage dafür gab. Vorreiter auf diesem Gebiet waren Unternehmen in Dänemark, England und Kanada. In Deutschland wurde auch der Bundesverband der Gipsindustrie e.V. aktiv und erarbeitete 2012 ein Rücknahmekonzept für Gipsabfälle. In dieser Zeit wurde auch mit dem Bau der Recyclinganlage in Großpösna, OT Störmthal begonnen, dem VEZ 1 = Verwertungs- und Entsorgungszentrum 1. Dieses erhielt 2013 die Genehmigung nach 17. BImSchV und wurde im Juli 2014 als erste stationäre Anlage in Deutschland in Betrieb genommen. Mit der Wahl von Störmthal hat das Unternehmen einen äußerst günstigen Standort geschaffen, der sich durch mehrere Vorteile auszeichnet:

unmittelbarer Anschluss an die Autobahn A 38

eigener Bahnanschluss

nächste Binnenhäfen: Torgau in ca. 80 km Entfernung,

Haldensleben ca. 180 km, Königs Wusterhausen ca. 220 km

 

Zur Gewährleistung eines hohen Inputs wurden Sammelstellen in Asendorf, Beuna, Lochau und bei regionalen Entsorgern eingerichtet. Die Anlage ist die erste Gips-Recyclinganlage in Deutschland mit genehmigtem Produktstatus, d. h., der erzeugte RC-Gips kann direkt wieder in der Gipsindustrie eingesetzt werden. Von den existierenden fünf Anlagen in Deutschland sind heute noch vier in Betrieb.

 

Input-Material

Das Unternehmen hat sich dafür entschieden, zunächst nur Gipskartonplatten (ASN 17 08 02) – sowohl aus dem Rückbau als auch als Produktionsabfall – zu verarbeiten, da sie sich besonders gut recyceln lassen. Ob sich auch abgelagerte Gipsabfälle als Aufgabematerial eignen, ist noch nicht endgültig erforscht worden. Allerdings ist jetzt bereits absehbar, dass diese Aufbereitung sehr aufwändig werden dürfte. Die Qualitätsanforderungen der Gipsindustrie sind sehr hoch und lassen sich nur erfüllen, wenn der Anteil an Störstoffen gering ist, wobei mineralische Störstoffe besonders problematisch sind. Das entsprechende Annahmekriterium für Störstoffe beläuft sich in der MUEG-Anlage auf ≤ 10 Ma.-%, zu dem sich die Anlieferer verpflichten müssen.

 

Verfahrensbeschreibung

Die Gips-Recyclinganlage arbeitet nach einem modifizierten irischen Verfahren und ist für einen Durchsatz von 75 000 t/a ausgelegt. Es handelt sich um ein klassisches, rein mechanisches Verfahren, das noch ausbaufähig ist. Im Wesentlichen sind verschiedene Zerkleinerungs- und Klassierstufen hintereinandergeschaltet, bis die gewünschte Reinheit und Feinheit erreicht ist. Um ein qualitativ hochwertiges Produkt zu erhalten, muss die Zerkleinerungstechnik sehr gut auf den gesamten Aufbereitungsprozess abgestimmt sein [2]. Prinzipiell kann die Aufschlusszerkleinerung durch schnelllaufende Zerkleinerungsmaschinen mit hohem Energieeintrag oder auch langsam laufende mit niedrigem Energieeintrag erfolgen. Letztere sind weniger störanfällig und ergeben größere Partikel, die sich in der nachfolgenden Klassierung besser abtrennen lassen. Problematisch ist die unterschiedliche Feuchte des Inputs, die aber durch trockene Lagerung des Materials etwas ausgeglichen werden kann.

 

Die Verwertungsquote – bezogen auf den Input – beträgt derzeit 85 %, soll aber demnächst durch eine weitere Modifizierung des Verfahrens auf 98 % erhöht werden.

 

Die angelieferten Gipskarton-Abfälle werden in einer Halle in zwei voneinander getrennten Schüttkegeln in einer Menge von jeweils 800 bis 1000 t gelagert (maximale Aufnahmekapazität 2500 t) und beprobt. Bei Erfüllung der Annahmekriterien erfolgt die Freigabe zur Weiterverarbeitung. Ist das nicht der Fall, muss eine Vorsortierung erfolgen, ehe die Freigabe erfolgen kann. Die Störstoffe reichen von Kunstoffen einschließlich Folien über Metalle als Dosen, Werkstücke, Bleche u.v.a., Holz, mineralische Abfälle bis hin zu Glas und Porzellan. Was für Kuriositäten vorkommen, die aber den Aufbereitungsprozess empfindlich stören können, ist dem beigefügten Bild zu entnehmen. Diese werden natürlich, soweit sichtbar, manuell entnommen.

 

Mittels Bagger wird nunmehr das Inputmaterial über einen Aufgabetrichter der ersten Zerkleinerungsstufe zur Zerkleinerung grober Stücke zugeführt. Dabei bleiben die Verunreinigungen ebenfalls grobstückig, so dass sie – wie oben erläutert - besser abgetrennt werden können. Metallverunreinigungen werden mittels Magnetscheidern entfernt. Danach gelangt das Material in weitere Zerkleinerungsstufen und über Bandtransport zur Klassieranlage, wobei sowohl Siebe als auch verschiedene Sichter angewandt werden.

 

Als Produkte entstehen ein RC-Granulat, ein RC-Pulver und eine Papier- bzw. Kartonage-Fraktion. Letztere wird zunächst zur thermischen Verwertung im eigenen Werk eingesetzt. Aktuell wird aber die Anlage mit neuen Ausrüstungen ausgestattet, dadurch kann die Reinheit der Papierfraktion so erhöht werden, dass sie wieder für die stoffliche Verwertung einsetzbar ist. Vom Finalprodukt RC-Gips haben die beiden vorgenannten Fraktionen die gleiche Qualität, lassen sich daher gleichermaßen für den genannten Zweck verwenden.

 

Zwar ist die Anlage für den 3-Schicht-Betrieb genehmigt, aber sie wird angesichts der zur Verfügung stehenden Gipsabfallmengen bisher nur im 1-Schichtbetrieb gefahren.

 

Wirtschaftlichkeit und Ausblick

Nach einer Laufzeit von fast 10 Jahren finanziert sich das Recycling der Gipskartonplatten heute vollständig aus den Entsorgungskosen der Anlieferer und dem Erlös durch den Verkauf des RC-Gipses. Nicht ohne Grund ist die Recyclinganlage der MUEG als Entsorgungsfachbetrieb und nach verschiedenen ISO-Normen zertifiziert.

 

Da die Wirtschaftlichkeit auch von den Transportwegen der Gipsabfälle abhängig ist, sollte der Einzugsbereich für die Anlage in Großpösna etwa 200 km nicht überschreiten. Dann könnte der Einzugsbereich für die Beschaffung der Gipskartonabfälle, der heute bis nach Bayern und Baden-Württemberg reicht, auch verkleinert werden und damit ließen sich die Transportkosten reduzieren. In Anbetracht der zukünftigen strengeren gesetzlichen Vorgaben zur Einhaltung der Kreislaufwirtschaft einschließlich des Deponieverbotes für verwertbare Abfälle ist der Bau weiterer Anlagen geplant. Gips-Recycling funktioniert, aber es bleibt viel zu tun, damit es deutschlandweit zur Nachhaltigkeit auf dem Gips-Baustoffsektor führt.

 

Das Team der AT Mineral Processing bedankt sich herzlich für die umfangreichen und detaillierten Ausführungen sowie die interessante Werksführung und wünscht dem Unternehmen weiterhin viel Erfolg.

 

Literatur:

[1] LAGA-Mitteilung, https://www.laga-online.de/documents/laga_bericht_asbest-in-bau-und-abb_final_bmu_april2020_2_1591185191.pdf 

[2] Bunzel, J.-M. u. Patrick Farago: Technische und logistische Konzepte zum Recycling von Gipskartonplatten, in: Mineralische Abfälle und Nebenprodukte, Bd. 10 (2023), S. 62 - 72, Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH, Neuruppin

Autorin:

Dr. Brigitte Hoffmann, Consulting Kreislaufwirtschaft/
Umweltschutz, Oberschöna/Germany

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