Rohstoffsicherung durch Recycling – Stand und Möglichkeiten
Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz, Berlin/Deutschland (26.–27.05.2009)Nur ein halbes Jahr nach der ersten gleichartigen Veranstaltung führte der TK Verlag Nietwerder unter der bewährten wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky am 26. und 27. Mai 2009 die zweite Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz durch. Eine deutliche Verschiebung der inhaltlichen Schwerpunkte zu Aufbereitungs- und Recyclingverfahren zeigte sich schon darin, dass neben RA Dr. Andrea Versteyl, Versteyl Rechtsanwälte, Berlin weitere namhafte Techniker dem Leitungsgremium angehörten: Prof. em. Dr.-Ing. habil. Eberhard Gock, Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldmann und Prof. Dr.-Ing. Reinhard Scholz, alle TU Clausthal-Zellerfeld. Damit wurde die geplante engere Zusammenarbeit mit dieser Hochschule Realität. Anlass für die Konferenz war die am 22.12.2008 in Kraft getretene Europäische Abfallrahmenrichtlinie (ARRL), die in Deutschland bis zum 12.12.2010 umgesetzt sein muss. Der Einladung nach Berlin waren erneut über 250 Interessenten aus Recyclingunternehmen, Planungsbüros, Universitäten, Verwaltungen, Verbänden und anderen Institutionen gefolgt. Die Konferenz bot eine gute Gelegenheit, Anregungen für die zukünftige Entwicklung der Unternehmen zu erhalten, ausführliche Diskussionen mit kompetenten Fachleuten zu führen und sich über den neusten Stand auf wissenschaftlichem, technischem und rechtlichem Gebiet der Auf-
bereitung von Abfällen und Rohstoffen und des Recyclings zu informieren.
1 Politik – Recht – Wirtschaft
Im Spannungsfeld zwischen Abfallwirtschaft und Abfallpolitik beschäftigten sich die Referenten im ersten Themenblock mit politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und allgemeingültigen technischen Aspekten der Rohstoffgewin-nung aus Abfällen.
Schon im Eröffnungsreferat von Karl J. Thomé-Kozmiensky (Bild 1) wurde sehr anschaulich vermittelt, was die ARRL für die deutsche Abfallwirtschaft bedeutet. Zwar läutet sie für Deutschland und auch andere abfallwirtschaftlich hochentwickelte Länder kein neues Zeitalter ein, aber es werden begriffliche Klarheiten und gleiche Grundlagen für alle Mitgliedsstaaten geschaffen. Die Kontrolle der festlegten Verwertungsquoten und Qualitätsparameter erfordert einen hohen verwaltungstechnischen Aufwand. Konsequenzen er-geben sich daraus auch für die Apparate- und Verfahrenstechnik. Zwar ist technisch Vieles machbar, aber je höher die Forderungen an Qualität und Quantität, desto schwierig ist es, bezahlbare Lösungswege anzubieten. Außerdem ist die Aufbereitung von Abfällen zu qualitativ hochwertigen Rohstoffen noch immer teurer als die energetische Verwertung, die heute schon mit 60–80 t/t angeboten wird.
Zu den „Auswirkungen der ARRL auf Stoffströme und Ressourcenpolitik“ referierte Ministerialdirigent Thomas Rummler, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Bonn. Der Druck auf die Ökosysteme der Erde wächst, der Bedarf an Rohstoffen steigt durch die stetige Zunahme der Weltbevölkerung weiter und die Rohstoffe verknappen immer mehr. Dagegen ist ein hohes Potenzial an Sekundärrohstoffen vorhanden. Das Ziel der ARRL ist es, die natürlichen Ressourcen zu schonen und die Verwertung der Abfälle in Richtung Hochwertigkeit zu optimieren. Dabei werden Abfallvermeidung und Recycling als Strategie thematisiert, Produktverantwortung gefordert und die Kreislaufwirtschaft gefördert.
Zu analogen Ergebnissen gelangte Burkhard Landers, Präsident des bvse Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V., der in seinem Beitrag „Stoffliche Verwertung in Deutschland“ die Vorreiterrolle der Bundesrepublik herausstellte. Er forderte, dass Produktverantwortung nicht nur ökonomische sondern viel mehr ökologische Aspekte berücksichtigen sollte. An den Beispielen Schrott, Kunststoffabfälle, Altglas sowie Altpapier zeigte er, dass Recycling-wirtschaft aktiver Ressourcen- und Umweltschutz ist, der keine Alternative hat. Gerade in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland wird die stoffliche Verwertung immer mehr ein Zukunftsmarkt.
Auf einem sehr guten Weg dorthin sind bereits heute die BSR Berliner Stadtreinigungsbetriebe wie die Vorsitzende des Vorstands, Vera Gäde-Butzlaff in ihrem Referat „Kommunale Ressourcenwirtschaft – mehrwert für Berlin“ zeigte. In dem Betrieb, der heute über 5 500 Mitarbeiter beschäftigt, werden schon 95 % der Abfälle verwertet, davon 30 % stofflich. Der Wandel vom „Müllkutscher zum Wertstoffmanager“ und vom alleinigen Einsammler und Transporteur zum Anlagenbetreiber machte dies möglich.
Nach diesen Beiträgen, die der möglichst vollständigen und hochwertigen Verwertung einen hohen Stellenwert einräumten, stellte Ministerialdirigent Heinz-Ulrich Bertram, Niedersächsisches Umweltministerium, Hannover die berechtigte Frage „Brauchen wir keine Deponien mehr? – Grenzen des Recyclings“. Die Antwort lag bereits im Titel des Beitrags, d. h. Recycling ohne Deponie geht nicht. Die Deponie ist ein Element der Kreislaufwirtschaft; sie ist aus ökologischen und ökonomischen Gründen als Er-
gänzung erforderlich, aber nur für Abfälle, die sich weder stofflich, noch thermisch verwerten lassen (z. B. Brandab-fälle, Asbestabfälle, Baggergut, pechhaltiger Straßen-
aufbruch).
Mit dem Folgeproblem der Umweltprämie beim Autoneu-kauf – der Lagerung von demontierten Altfahrzeugen – befasste sich Andrea Versteyl und zeigte „Überbrückungs-lösungen für (diese) Recyclingabfälle aus genehmigungsrechtlicher Sicht“ auf. Weitere juristische Fragestellungen behandelten die Beiträge „Exportbeschränkungen für Sekundärrohstoffe – Überwachung der Abfallverbringung“ von Olaf Kropp, Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland Pfalz mbH, Mainz und „Standardsetzung für Entsorgungsverfahren durch BVT-Merkblätter“ von Johanna Raasch, Hamburg.
Der nächste Themenblock war technischen Fragestellungen allgemeiner Natur gewidmet. So berichtete Daniel Gold-mann, TU Clausthal über die „Erschließung neuer Rohstoffpotenziale aus Abfallströmen durch Entwicklung vernetzter Verwertungsstrukturen und mehrstufige Auf-bereitungsprozesse“. Unter dem Aspekt, dass die Kom-
plexizität der Produkte, aus denen später Abfälle werden, immer mehr zunimmt, sind technisch und logistisch optimierte Abfall-Rohstoff-Transferstrukturen die Voraussetzung für ein effizientes Sekundärrohstoff-Management. Eine möglichst vollständige Erfassung von Abfallströmen und deren Katalogisierung nach Mengen, Anfallorten und -zeiten sowie den enthaltenen Ressourcenpotenzialen liefert hierfür die Basis. Mehrstufige Behandlungs- und Aufbereitungsprozesse erlauben den Transfer von Abfällen zu Sekundärrohstoffen in wirtschaftlich optimierter Weise, wenn an unterschiedlichen Stellen des Verwertungsnetz-werkes unterschiedliche Stoffströme einfließen oder abgezogen werden können.
Die zeitlichen und technischen „Entwicklungen in der Abfallaufbereitung“ stellte Eberhard Gock, TU Clausthal anhand zahlreicher Beispiele aus Forschung und Industrie dar. So zeigte er Lösungswege für die Aufbereitung bzw. das Recycling von Abfällen aus der Rohstoffgewinnung (z. B. Schlammteiche des Barytbergbaus, Halden der Bunt-
metallerzbergbaus), der Elektronikschrottverwertung (Filter-stäube), der Getränkeindustrie (Filterschlämme), der chemischen Verfahrenstechnik (Phosphatierlösungen aus dem Korrosionsschutz, H2SO4 aus der TiO2-Pigmentherstellung) und der Stahlmetallurgie (Entzinkung von Stahlschrott), die alle ein hohes Niveau der Aufbereitungs- bzw. Verfahrens-technik voraussetzen. Während in der Vergangenheit hauptsächlich mechanische Aufbereitungs-verfahren im Mittel-punkt standen, sind heute durch die immer komplizierter werdenden Stoffsysteme Aufbereitungsprozesse ohne chemische Verfahren nicht mehr denkbar.
Mit dem Recycling von Metallen beschäftigten sich die zwei nachfolgenden Übersichtsbeiträge von Reinhard Scholz, TU Clausthal – „Thermische Verfahren für das Recycling von Metallen“ und von Jürgen Antrekowitsch, Montanuniversität Leoben (A) – „Metallurgisches Recycling von metallhaltigen Reststoffen und Schrotten – eine verfahrenstechnische und rohstoffpolitische Herausforderung“. Beide Referenten zeigten das große Potenzial auf, das im Metallrecycling enthalten ist und einerseits die Rohstoff-gewinnung, andererseits aber auch die Energieeinsparung betrifft. Dabei gibt es schon eine ganze Reihe von Lö-sungsvarianten, die aber in den meisten Fällen noch einer Optimierung bedürfen.
Der erste Konferenztag (Bild 2) schloss mit einer Po-diumsdiskussion zum Thema „Folgen der Wirtschaftskrise für den Recyclingmarkt – Verwertungssicherheit durch kommunale oder private Entsorger“, das provozieren sollte und es auch tat. Nach wie vor gibt es kaum Konformität zwischen privaten und kommunalen Entsorgern, obwohl beide Parteien für ein gesundes Miteinander plädieren.
Der zweite Konferenztag verlief in drei parallel laufenden Sektionen:
• Aufbereitungsapparate
• Kunststoffabfälle – Urban Mining – Mineralische Abfälle
• Altfahrzeuge – Elektro- und Elektronikschrott – Eisen- und NE-Metalle.
Dem Profil der AT International entsprechend wird über die Vorträge der erstgenannten Sektion etwas ausführ-
licher berichtet.
2 Aufbereitungsapparate
Über „Perspektiven der Shreddertechnik“ berichtete August van der Beek, Metso Lindemann GmbH, Düsseldorf. Hauptaugenmerk legte er auf das Kernstück dieser Anlagen zur Metall-rückgewinnung – den Shredder, der den ersten Zerkleinerungsschritt beim Altauto-Recycling darstellt. Vorgestellt wurde beispielsweise der „Power Zerdirator“, eine Hammermühle, die aus Verschleißgründen mit freischwingenden Hämmern und mit Sieben und einer Entstaubungsanlage ausgerüstet ist. Die Maschine wird in unterschiedlichen Größen angeboten (Schlagkreuzdurch-messer 1,75 m bis 3,00 m). Mit ihr können 40 000 bis 500 000 t/a Fertigprodukt erzeugt werden. Die spezifischen Herstellungskosten betragen rund 15 t/t für kleine Anlagen, die sich bei großen Anlagen auf rund die Hälfte verringern. Durch Einbau eines Sichters ist die Abtrennung einer Shredderleicht- und einer Shredderschwerfraktion möglich. Aus beiden Fraktionen werden weitere Metallanteile gewonnen. Die Entstaubung lässt sich durch Eindüsen von Wasser vereinfachen. Das Unternehmen verfügt über das größte Zerkleinerungstechnikum weltweit und liefert auf Wunsch die gesamte Shredderanlage.
Das gesamte Spektrum der Zerkleinerungsmaschinen (Schneid-, Hammer-, Prallmühlen, Granulatoren) die im Recyclingbereich eingesetzt werden, betrachtete Walter F. Weber, MHG Maschinenfabrik Hombak GmbH, Zweibrücken. Besonderes Augenmerk legte er auf das leidige Verschleißproblem, dem man durch Entwicklung entsprechender Verschleißelemente begegnet. Es wurden die Einflussgrößen der einzelnen Maschinen diskutiert und verschiedene Sonderverfahren vorgestellt, z. B. unter Anwen-dung von Kryotechnik für den Aufschluss von Verbund-werkstoffen (Reifen zur Trennung Metall/Gummi).
Ein relativ einfaches, aber betriebssicheres und bezahlbares Verfahren präsentierte Michael Bräumer, mbb – Ingenieur-büro für Aufbereitungstechnik, Bernsdorf in seinem Refe-rat „Veredlung von Mineralstoffen aus Abfall durch Nass-
aufbereitung mit der Vertikalsetzmaschine“. In einem vibrierenden Sortierschlauch, der ähnlich einem Bagger-schlauch ausgebildet ist und eine Verschleißschicht von 10–12 mm besitzt, erfolgt die Abtrennung von organikhaltigen Abfällen zur Einhaltung von < 3 % TOC (Ablage-
rungskriterium). Einsatzgebiete sind z. B. die Reinigung von Straßenkehricht, Kanalräumgut oder Siebsande aus der Baumischabfallrei-nigung.
Mit der Optimierung der Feinsiebung beschäftigte sich Uwe Bruder, Derrick Corporation, Hirschau („Abtrennung von Feinkorn mit Siebtechnik“). Ausgehend von theoretischen Betrachtungen wurde die Umsetzung der dabei gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis gezeigt. Es sind vor allem konstruktive Veränderungen der Trocken- und Nasssiebe einschließlich der Siebbeläge, der Aufbringung des Wassers auf die Siebe und der Variation der Betriebs-parameter, die eine trennscharfe Siebung im Feinkornbereich (etwa < 500 µm) ermöglichen. Hohe Frequenzen bei niedrigen Amplituden kombiniert mit großen, offenen Sieb-
flächen garantieren hohe Leistungen und Produktqualitäten. Neben traditionellen Einsatzgebieten (Erz- und Mineral-aufbereitung, Sandindustrie) werden besonders in Europa zunehmend derartige Siebe in Recyclinganlagen für verschiedene Stoffsysteme eingesetzt.
In seinem Referat „Neue Möglichkeiten der Dichtesortie-rung“ zeigte Hermann Wotruba, RWTH Aachen die zunehmende Bedeutung der trockenen Verfahren auf, die durch die immer geringer werdende Verfügbarkeit und die Kosten von Wasser bedingt ist. Aber auch die Grenzen der bekannten Verfahren wurden benannt: geringe spezifische Durchsätze, eng klassierte Aufgabe und das Fehlen eines automatischen Austrags. Vor diesem Hintergrund wurde an der RWTH Aachen eine neue trocken arbeitende Setzmaschine (allair jig) entwickelt. Durch Kombination von richtiger Luftmenge und Druck werden durch Vibration Luftpulse durch ein fließendes Bett geschickt. Dadurch schichtet sich das Material und eine Trennung wird möglich. Eine Austragsregelung erfolgt durch radiometrische Dichtemessun-gen. Die erreichbare Selektivität ist mit der von Nasssetzmaschinen vergleichbar. Anwendungsgebiete sind z. B. die Abtrennung von Bitumen oder Gips aus Bauschutt. Ihre Grenzen liegen im Korngrößenbereich < 2 mm. Für diesen Bereich wurde eine weitere Ma-schine entwickelt: der trocken arbeitende Feinkorn-Wirbelschichtsortierer (Akaflow), der zur Mehrproduk-tentrennung geeignet ist und erfolgreich z. B. bei der Dichtesortierung von Edel-stahlschlacke eingesetzt wurde. Bislang sind aber die Einsatzmöglich-keiten im Recyclingbereich noch längst nicht bekannt. Dafür werden Auf-
traggeber mit entsprechenden Auf-gabenstellungen gesucht.
Ein anderes trocken arbeitendes Trennverfahren erläuterte Markus Riggemann, Trenn- und Sortiertechnik GmbH, Weißenhorn: „Aufbereitung mit Trockentrenntischen“. An vielen Beispielen wurde gezeigt, dass sowohl mit eindimensional als auch zweidimensional geneigten Tischen auch im Recyclingbereich nach entsprechender Anpassung an die jeweilige Auf-gabenstellung eine gute Trennung er-reichbar ist (z. B. Aufbereitung von Hausmüll, E-Kabeln, Elektronikschrott oder Shredderleichtfraktion). Für eine optimale Trennung sind enge Fraktionen erforderlich, daher ist eine Vorabsiebung günstig. Die Maschine zeichnet sich durch einfache Handhabung, Robust-heit und Langlebigkeit aus.
In seinem Beitrag „Betrachtungen zur Sortierung von Partikelsystemen nach der Kornform“ zeigte Dipl.-Ing. Martin Steuer, TU Bergakademie Freiberg, dass eine Sortierung nach der Kornform für Gemische, bei denen diese unterschiedlich und produktspezifischen Eigen-schaften zuzuordnen ist, sehr erfolgreich sein kann. Es wurde ein durchsatz- und leistungsstarkes Kornform-
sortierprinzip entwickelt, die serielle Klassierung. Bei dieser Sortiermethode wird durch zeitlich und räumlich getrenntes Sortieren nach mindestens zwei charakteristischen Partikelab-
messungen sortiert. Für die Anwendung dieses Prinzips eignet sich prinzipiell jede Siebmaschine. Das neue Korn-formsortierverfahren ist zum Patent angemeldet und wird derzeit in Form der zweifachen Seriellen Klassierung industriell getestet.
Ein anderes Sortierprinzip war Inhalt des Referates von Ulrich Kohaupt, Steinert Elektromagnetbau GmbH, Köln: „Aspekte bei der Auswahl und Anwendung von Wirbel-stromscheidern“. Bei diesem Prinzip, das zur Abtrennung von NE-Metallen geeignet ist und Sortierungen bis zu einer Korngröße von 1 mm erlaubt, ist die wirtschaftliche Effizienz eine Frage der Auswahl der richtigen Technologie. Das im Unternehmen entwickelte exzentrische Polsystem hat gegenüber anderen Wirbelstromscheidern bedeutende Vorteile, wie Verstellbarkeit des Krafteinwirkungsimpulses, größerer Abstand der beiden Abwurfparabeln und dadurch mehr Raum für das Scheitelblech. Wirtschaftlich gesehen benötigt der exzentrische Wirbelstromscheider zwar erhöhte Investitionskosten, die aber durch erhöhte Verfügbarkeit und bessere Trennleistung kompensiert werden.
Ein weiteres anwendungstechnisches Beispiel für die Aufbereitung von Abfällen erläuterte Rainer Köhnlechner, hamos GmbH, Penzberg: „Einsatz von elektrostatischen Trenntechnologien für industrielle Reststoffe – Elektro-schrott, Kabelabfälle, Kunststoffgemische“. Die elektro-
statischen Separatoren sind zwar schon seit 100 Jahren im Einsatz, im Abfallbereich, z. B. für die Metall/Kunststoff-Trennung aber erst seit ca. 20 Jahren. Dieses Sortierverfahren ist besonders dort gefragt, wo aus Produktgemischen, die mit herkömmlichen Verfahren nicht weiter getrennt werden können, noch wertvolle Rohstoffe wie z. B. Metalle gewonnen werden können. An vielen Beispielen wurde das breite Spektrum der Einsatzmöglichkeiten aufgezeigt, wie die Aufbereitung von Kabelabfällen, HDPE/PP-Trennung, Al/Kunststofftrennung in Verbundabfällen oder das Recycling von Altfenstern.
Ein umfassender Sachstandsbericht zur „Sensorgestützte(n) Aufbereitungstechnik“ wurde von Thomas Preetz, RWTH Aachen gegeben. Die Sensortechnik, die zunächst zur Qualitätskontrolle im Lebensmittelbereich ihre Anwendung fand, hat heute einen festen Stellenwert im Recycling-bereich und die Einsatzmöglichkeiten nehmen stetig zu. Sie stellt die technische Grundlage für eine qualitäts-
gesicherte Sekundärrohstofferzeugung dar. Das Resümee seiner Betrachtungen ist, dass die technischen Möglichkeiten, die die Sensortechnik bietet, noch längst nicht ausgeschöpft sind. Auf dem Weg zu Sekundärrohstoffen ist die Qualität-ssicherung ein entscheidender Faktor. Hier kann die Sensortechnik zur Steuerung von Aufbereitungsprozessen eingesetzt werden und der Schlüssel zum Erfolg sein.
Am Beispiel eines Herstellungsverfahrens für Ersatzbrenn-stoffe erbrachte Jan Rosenkranz, TU Berlin den Beweis, dass die „Modellgestützte Simulation mechanischer Aufberei-tungsverfahren zur Behandlung von Siedlungsabfällen“ eine detaillierte Berechnung komplexer Aufbereitungsverfahren ermöglicht. Mit der Erstellung eines mathematischen Modells für die Beschreibung der Stoffwandlung in den einzelnen, miteinander verknüpften verfahrenstechnischen Grundoperationen und dessen Anwendung in einer geschlossenen Simulationsrechnung für das Gesamtverfahren ist es möglich, dass bereits in der Entwurfsphase das Verhalten von Aggregaten in einer Behandlungsanlage für verschiedene Aufgabematerialien und Schwankungen in der Zu-
sammensetzung untersucht werden kann. Mit der vorgestellten Modellimplementierung können auch systemtechnische Untersuchungen durchgeführt werden.
3 Kunststoffabfälle
In dieser Vortragsreihe wurden sowohl Fragen des Abfall-managements, der Marktdaten zum Kunststoffrecycling im Allgemeinen (Holger Alwast, Prognos AG, Berlin) und zum PVC im Besonderen (Werner Preusker, AG PVC und Umwelt e.V., Bonn) als auch aufbereitungstechnische Fragestellungen behandelt (Peter Wiedemann, WIPAG Süd GmbH & Co. KG, Neuburg: „Kunststoffzerkleinerung und Trennung“; Jörg Woidasky, Fraunhofer ICT, Schwanewede: „Technische Perspektiven des Kunststoffrecyclings“). In allen Beiträgen wurde das große Potenzial hervorgehoben, das im Kunststoffrecycling steckt und das es nicht nur in Deutschland, sondern europaweit zu nutzen gilt.
4 Mineralische Abfälle
Nach wie vor bieten die Massenabfälle im Bergbau- und Baubereich ein breites Feld für Forschung, Entwicklung und industrielle Anwendung von Recyclingverfahren. Das kam auch in den fünf Beiträgen auf der Konferenz zum Ausdruck. Dabei reichte das Spektrum von Recyclingbaustoffen (Ministerialrat Otto Bischlager, Bayrisches Staatsministe-rium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, München: „Verwertung von Recyclingbaustoffen im Straßenbau in Bayern) über die „Verwertung von Reststoffen aus Kraftwerken und von gipshaltigen Abfällen aus Rück-baumaßnahmen“ (Michael Zingk, GFR mbH, Hannover) bis hin zur „Verwertung von trocken ausgetragenen Aschen/Schlacken aus der Abfallverbrennung“ (Norbert Eickhoff, Martin GmbH für Umwelt- und Energietechnik, Mün-chen). Die Recycling- und Einsatzmöglichkeiten dieser Sekundärrohstoffe sind beachtlich, diesen stehen aber immer noch Vorbehalte der potentiellen Anwender entgegen.
5 Altfahrzeuge
Im Bereich der Verwertung von Altfahrzeugen zeigt sich sehr eindrucksvoll, wie sich durch die Gesetzgebung (Umweltauflagen) und die Rohstoffverteuerung ein Abfall immer mehr zur Sekundärrohstoffquelle entwickelt hat. Neue Behandlungstechnologien und Absatzkanäle für er-zeugte Sekundärrohstoffe aus dem komplexen Abfallgemisch „Altfahrzeug“ haben die Verwertungskette erweitert, wie es Daniel Goldmann, TU Clausthal in seinen Betrachtungen zum „Stand der Altfahrzeugverwertung – Entwicklungen der letzten 20 Jahre und Perspektiven für die Zukunft“ beschrieb. Ein zentrales Thema bei der Altfahrzeugaufbereitung sind die Shredderanlagen und ihre Stoffströme, die in Verbindung mit der neuen Gesetzgebung Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, konstruktiver und technologischer Veränderungen und Diskussionen sind. Mit diesen Problemen beschäftigten sich beispielsweise die Referate von Detlef Alsleben, DEUMU – Deutsche Erz- und Metallunion, Peine („Schrottversorgung der Stahlindustrie – Der Shredder als zentrales Element der Sekundärrohstoff-aufbereitung“), Ioannnis Karanatsios, SICON GmbH, Hilchenbach („Verfahren zur Aufbereitung der Shredder-leichtfraktion“) oder Thomas Bürgler, voest alpine Stahl GmbH, Linz/A („Stoffströme aus der Shredderrückstandsaufbereitung für die roh- und werkstofflicheVerwertungerfahrungen aus dem industriellen Betrieb“).
6 Eisen und Nichteisenmetalle
„Modernes Kupferrecycling“ stellte Christian Kawohl, Aurubis AG, Lünen vor, das trotz des Preisverfalls auf dem Metallmarkt mittel- und langfristig von größtem Interesse sein dürfte. Ebenso verhält es sich mit zinkhaltigen Abfällen, meist aus dem Recycling von verzinktem Stahl, die entweder als EAF-Staub (Electrical Arc Furnace), oder als Schlämme aus Galvanikbetrieben anfallen, aber auch als Filterstäube aus Gießereien. Welche technischen Verfahren hierfür entwickelt wurden und welche wirtschaftlichen, aber auch ökologischen Ziele sich damit erreichen lassen, veranschaulichte Reimund Westphal, Recylex GmbH, Goslar. Gerade bei den energieintensiven Metallherstellungs-verfahren aus den immer ärmer werdenden Primärroh-
stoffen ist ein Recycling aus verbrauchten Produkten zur Ressourcen- und Umweltschonung eine unerlässliche Notwendigkeit. Das trifft genau so auf Blei zu, das der Referent ebenso in seine Betrachtungen einbezog („Recycling von blei- und zinkhaltigen Abfällen“).
7 Schlussbemerkungen
Die Konferenz beleuchtete das Recycling und die Auf-bereitung von Abfällen verschiedenster Stoffsysteme unter den Auswirkungen der neueren rechtlichen Regelungen, vor allem der europäischen Abfallrahmenrichtlinie. In den verschiedenen Übersichtsbeiträgen wurden wichtige technische Aspekte des Recycling unter besonderer Berücksich-tigung der Aufbereitung, aber auch der Metallurgie dargestellt. In einer Vielzahl von Anwendungsbeispielen wurde gezeigt, dass heute Abfall-
aufbereitung heißt, die im Ausgangsprodukt enthaltenen Wertstoffe möglichst verlustfrei auszubringen. Dazu reichen die klassischen Aufberei-tungsverfahren nicht mehr aus, die Verfahren werden komplexer, die Sensortechnik etabliert sich immer stärker zur Verbesserung des Trenn-erfolges. Neben den Beiträgen aus der Praxis wurden auch wissenschaftliche Arbeiten vorgestellt, deren Überführung in die Praxis weitere technische Erfolge nach sich ziehen wird.
Den Teilnehmern wurde auch bei dieser Konferenz ausreichend Gelegenheit gegeben, mit den Fachkollegen zu diskutieren (Bild 3). Auf diese Weise wurde die diesjährige Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz wiederum zu einer Plattform für alle an der Thematik Interessierten, denen gleichzeitig Gelegenheit gegeben wurde, neue Kontakte zu knüpfen oder bestehende zu vertiefen.
Die meisten der in das Tagungsprogramm aufgenommenen Vorträge sind in „Recycling und Rohstoffe“ Bd. 2, TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, Neuruppin 2009, ISBN 978 –3-935317-40-5 enthalten.
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