Verwiegung und Beladung stehen in der Logistik eines Werks immer mehr im Fokus
20.04.2022Die Preise von Energie und Material kennen im Moment nur eine Richtung – nach oben. Diese zusätzlichen Ausgaben müssen sowohl in Transportbeton- und Asphaltwerken als auch in den dort tätigen Speditionen kalkuliert werden, um nicht in die Verlustzone zu geraten. An den Beschaffungskosten für Kraftstoffe, Strom und Rohstoffe lässt sich dabei kaum etwas ändern. An der Effektivität rund um die Transporte dagegen schon. „Theoretisch kann bereits eine zusätzliche und eigentlich unnötige Tour pro Tag darüber entscheiden, ob ein Gewinn oder Verlust eingefahren wurde“, zeigt Beate Volkmann, Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied der PRAXIS EDV-Betriebswirtschaft- und Software-Entwicklung AG einfach zu erschließende Reserven auf. Mit über 35 fest angestellten und zusätzlichen freien Mitarbeitern werden hier im thüringischen Pferdingsleben Softwarelösungen für die Baubranche erarbeitet.
Mit einer digitalen Logistik kann im Betonwerk viel Zeit eingespart werden
© Praxis EDV
Die effektive Steuerung von allen am Prozess beteiligten Fahrzeugen – Transport von Beton und Asphalt zur Baustelle sowie die Anlieferung von benötigten Rohstoffen ins Werk in den Mengen, die für einen reibungslosen Ablauf benötigt werden – sei dabei die eine Seite der Medaille. Die andere spiele sich direkt auf dem Betriebshof und dem Werksgelände ab.
Logistik, Beladung, Abwicklung, Terminierung sowie Wartezeiten und deren Minimierung sind hier die wichtigsten Eckpunkte. „Gerade bei der Registrierung im Werk, der optimalen Positionierung zur Beladung mittels Radlader- oder Silobeladung lassen sich bei richtiger Anwendung der unterschiedlichen Technologien im logistischen Zusammenspiel enorme zeitliche Potenziale erschließen.“ Das setze sich mit der entsprechenden technischen Ausstattung der eigenen oder von fremden Fahrzeugen und der Anbindung der Bauleiter bei der Anlieferung fort, so Beate Volkmann.
Auf dem Rückweg von der Baustelle können die LKW gleich benötigte Rohstoffe mitbringen
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Voraussetzung dazu sei eine Datenstruktur, die alle Abläufe, Zeiten sowie Positionen kennt und eine Struktur mit IoT und M2M konsequent in jedem einzelnen Prozess umsetzen kann. IoT = „Internet of Things“ ist die Bezeichnung für das Netzwerk physischer Objekte (Things), die mit Sensoren, Software und anderer Technik ausgestattet sind, um diese mit anderen Geräten und Systemen über das Internet zu vernetzen, sodass zwischen den Objekten Daten ausgetauscht werden können. M2M = „Machine-to-Machine“ steht für den automatisierten Informationsaustausch zwischen Endgeräten wie Maschinen, Automaten, Fahrzeugen oder Containern untereinander oder mit einer zentralen Leitstelle, zunehmend unter Nutzung des Internets und den verschiedenen Zugangsnetzen, wie dem Mobilfunknetz. Es sei zwar noch keine künstliche Intelligenz im Logistikbereich, jedoch komme die Software „WDV 2024 Team“ diesem Anspruch schon sehr nahe, was letztendlich auch mit der konsequenten Einbindung von aktuellem Online-Kartenmaterial zu tun hat, erläutert die Geschäftsführerin.
Im Asphalt-Mischwerk werden die Beladezeiten kurz gehalten
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Um diese Möglichkeiten zu nutzen, müsse man erstens damit beginnen, diesem System überhaupt zu vertrauen und zweitens die eigene Strukturorganisation so umzubauen, dass die Mitarbeiter Teil des Gesamtsystems werden. Bauleiter, Fahrer, Waagemitarbeiter, Radlader-Fahrer und Mischmeister seien dabei die wichtigsten Akteure.
Jede dieser Personen wird aus der Gesamtlogistik zeitnah mit allen wichtigen Informationen versorgt. Dabei regelt sich das System weitgehend selbst in Abhängigkeit davon, welches Material im Frachtbereich disponiert wurde. Die „WDV 2024 Team“ ist dabei soweit fortgeschritten und integriert, dass sie auf KFZ-Nummern disponieren kann. Durch diese direkte Lieferauftragszuordnung ist an jeder Stelle – also an der stationären Waage, im Radlader oder auch in der Verladesteuerung – bereits im Vorfeld bekannt, in welcher Zeit welcher LKW Material abholt oder anliefert.
Dies sei oft besonders wichtig im Bereich der Veredelung von Asphalt oder Transportbeton. „Dort überwacht und prüft eine Werksproduktionssteuerung permanent die zu produzierenden Mengen, gleicht den notwendigen Zulauf von den Rohstoffen ab und bestellt anhand der Aufträge auf Basis von Rezepturen die Rohmaterialien weitgehend selbstständig nach.“ Diese Abwicklung der Anlieferung könne natürlich vollständig automatisiert erfolgen, erklärt Beate Volkmann.
Ein großer Schritt in der Optimierung der gesamten Logistik sei die Integration dieses Systems in den Fuhrpark. Mit den vorhandenen Auftrags- und Ortungssystemen bekommen die Fahrzeuge nicht nur online die aktuelle Streckensituation ins Cockpit übermittelt, sondern auch gleichzeitig bei Störungen auf der Strecke eine kurzfristige Routenumstellung, um die Ankunftszeit auf der Baustelle möglichst genau einzuhalten. Diese Informationen erhalten natürlich auch der Bauleiter und der Mischmeister und können entsprechend auf eventuelle zeitliche Verschiebungen reagieren. Im Werk kann dann entschieden werden, diese neuen zeitlichen Abläufe entweder selbstständig von der vollständigen Integration der Produktionssteuerung bearbeiten zu lassen oder die Möglichkeit zu nutzen, manuell einzugreifen.
„Der Disponent steht dabei als Logistiker im Mittelpunkt. Sein Arbeitsplatz wandelt sich vom heutigen Akteur mit drei oder vier Telefonen und der ständigen manuellen Nutzung von Online-Kartenmaterial in eine neue Qualität um. Fortan geht es um die Überwachung des Systems und das Eingreifen bei der Überschreitung von automatisierten Grenzen oder bei technischen Defekten.“
Es sei schon fantastisch zuzuschauen, wenn zum Beispiel 20 Einzeldisponenten in einem Verbund der zentralen und dezentralen Disposition zusammenarbeiten, wobei sämtliche Komponenten aus einem Datenpool und einer Cloud gesteuert werden, die alle Teilnehmer zusammenbringt und mit Informationen versorgt, sieht Beate Volkmann hier die Zukunft in der Digitalisierung.