Rohstoffkolloquium in Schönebeck

UVMB-Geschäftsführer Bert Vulpius eröffnete und moderierte den Rohstofftag
© Michael Schlutter

UVMB-Geschäftsführer Bert Vulpius eröffnete und moderierte den Rohstofftag
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Die Novellierung des Bundesberggesetzes, die Erfassung lagerstättengeologischer und betrieblicher Daten in Geo-Informations-Systemen, fachliche Aspekte des Grundwasserschutzes bei Planungen für die Rohstoffgewinnung, die Ergebnisse der neuen BGR-Studie zu Sand und Kies in Deutschland, die Einsatzmöglichkeiten rezyklierter Gesteinskörnungen sowie die aktuelle Rechtsprechung des EuGH zum „Porr-Urteil“ mit seinen praktischen Konsequenzen standen beim diesjährigen 20. Rohstoffkolloquium in Schönebeck/Bad Salzelmen auf dem Vortragsprogramm. Zahlreiche Vertreter der Bau- und Rohstoffindustrie sowie von Behörden und Ämtern waren am 19. Mai wieder der Einladung des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe (UVMB) e.V. zum Informations- und Erfahrungsaustausch gefolgt.

Auch in diesem Jahr war das Rohstoffkolloquium gut besucht
© Michael Schlutter

Auch in diesem Jahr war das Rohstoffkolloquium gut besucht
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„Wir stehen am Rande von gravierenden Neuregelungen für die Rohstoffindustrie, so kommentierte Prof. Dr. Bernd Dammert von der Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Dammert und Steinforth aus Leipzig die geplante Novellierung des Bundesberggesetzes. In seinem Vortrag erläuterte er die Ausgangslage, die unterschiedlichen Interessenlagen der verschiedenen Akteure sowie die Kernthemen der anstehenden Novellierung. Im Mittelpunkt standen dabei das Berechtsamswesen, das Verhältnis Umwelt- und Planungsrecht, die Raumordnung, das Betriebsplanverfahren sowie die Umweltverträglichkeitsprüfung für bergbauliche Vorhaben.

Prof. Dr. Bernd Dammert erläuterte Chancen und Risiken der geplanten Novellierung des Bundesberggesetzes
© Michael Schlutter

Prof. Dr. Bernd Dammert erläuterte Chancen und Risiken der geplanten Novellierung des Bundesberggesetzes
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Dabei sieht Dammert durchaus Chancen mit der Novellierung die Möglichkeit zu schaffen, das System der Betriebsplanzulassungen zu vereinfachen, die Rechtswirkungen zu stärken und den Planungs- und Verwaltungsaufwand auch mit Blick auf Grundabtretungsverfahren zu reduzieren. Auch die Einbeziehung weiterer Rohstoffe als grundeigene Bodenschätze könnte das Rohstoffgewinnungsrecht in Deutschland vereinheitlichen und stärken. Jedoch bestehe auch die Gefahr einer „ökologischen Aufweichung“ bis hin zur Abschaffung der Zweckbindung des Gesetzes. Hier seien eine ganze Reihe von NGOs unterwegs, deren Einfluss man nicht unterschätzen sollte. Die Abschaffung des selbständigen Berechtsamswesens und das Einvernehmenserfordernis mit den Gemeinden stellen Forderungen dar, die zu massiven Einschnitten und de facto zu einer weitreichenden Blockierung der Rohstoffgewinnung führen würden. Der Referent forderte die Industrie auf, sich stärker in diesen Prozess einzubringen. „Wehren Sie sich gegen dies Bestrebungen. Sprechen Sie ihre Abgeordneten und Politiker an und bitten sie um Hilfe“, so der Appell von Dr. Dammert.

Dr. Kerstin Wagner und Anja Knipfer (li) stellten die Möglichkeiten der Datenverwaltung und Datennutzung in einem cloudbasierte Geoportals für einen Rohstoffbetrieb vor
© Michael Schlutter

Dr. Kerstin Wagner und Anja Knipfer (li) stellten die Möglichkeiten der Datenverwaltung und Datennutzung in einem cloudbasierte Geoportals für einen Rohstoffbetrieb vor
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Das Projekt der „Erfassung lagerstättengeologischer und betrieblicher Daten in Geo-Informations-Systemen“ stellten Anja Knipfer von der Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG) aus Zeitz und Dr. Kerstin Wagner von der Mitteldeutsche Baustoffe GmbH (MDB) aus Petersberg gemeinsam vor. Ausgangspunkt der Überlegungen bei der MDB waren die zahlreich vorhandenen Betriebs-, Erkundungs- und administrativen Daten, die in unterschiedlichen Formaten und an verschiedenen Speicherorten vorlagen und im Betriebsalltag von einem Personenkreis mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen genutzt werden müssen. Ziel des Unternehmens war es, all diese Daten in einem System abzubilden und den Mitarbeitern entsprechend ihres Aufgabenbereichs verfügbar zu machen. Hier wurde auf das Know-How der MIBRAG zurückgegriffen, welche seit 2020 die MDB auch markscheiderisch betreut und ein cloudbasiertes Geoportal zur Verfügung stellt, welches firmenspezifisch aufgebaut wurde. Der Vorteil liege darin, dass nun sehr umfangreiches Datenmaterial verwaltet werden kann und ein schneller Zugriff auf unterschiedlichen Endgeräten möglich ist.

Kartierungsergebnisse, Bohrungen, Abbauplanung, Liegenschaften, Sprengdaten und 3D-Module sind in diesem System integriert. Die Möglichkeiten reichen so weit, dass im Gelände ermittelte Grundwasserstände über das Smartphone in das System eingetragen und Ergebnisse zurückliegender Messungen abgerufen werden können.

Über Grundwasserschutz und das Programmsystem PCGEOFIM® sprach Prof. Dr.-Ing. Holger Mansel
© Michael Schlutter

Über Grundwasserschutz und das Programmsystem PCGEOFIM® sprach Prof. Dr.-Ing. Holger Mansel
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Nachdem in den vergangenen Rohstoffkolloquien immer wieder wasserrechtliche Anforderungen an die Rohstoffgewinnung diskutiert wurden, stelle Prof. Dr.-Ing. Holger Mansel vom Ingenieurbüro für Grundwasser GmbH die praktische Umsetzung dieser rechtlichen Anforderung in hydrogeologischen Modellen dar, welche die Auswirkungen des Rohstoffabbaus auf die Grundwasserdynamik und Beschaffenheit beschreiben. Ziel dieser Modelle sei es, in der bergmännischen- und wasserwirtschaftlichen Langfristplanung den Prognosezeitraum für die Entwicklung der Grundwassersituation von mehr als 30 Jahren abzubilden. Als neue Herausforderungen für die Modellierung stellen sich die Erfassung unterschiedlicher klimatischer Zustände dar. In Genehmigungsverfahren stehe zunehmend häufiger die Frage, wie die hydrologisch-hydrogeologischen Modelle die klimatischen Veränderungen erfassen.

Die Leistungsfähigkeit derartiger Modelle, die auch immer wieder angepasst und aktualisiert werden müssen, zeige sich in den Bergbaugebieten Mitteldeutschlands und der Lausitz, wo derartige Modelle seit vielen Jahrzehnten zum Einsatz kommen. Mit der Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung konnten die Prognosen und Genauigkeiten der Modelle, in die oftmals viele Tausend Datensätze eingehen, verbessert werden.  

Ergebnisse der neuen BGR-Studie über Sand und Kies in Deutschland erläuterte Dr. Harald Elsner
© Michael Schlutter

Ergebnisse der neuen BGR-Studie über Sand und Kies in Deutschland erläuterte Dr. Harald Elsner
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Deutschlandweit wurde Sand und Kies in 1744 aktiven Gewinnungsstellen im Trockenabbau und 887 im Nassabbau zum Erfassungszeitraum 2021/22 gewonnen. Vor diesem Hintergrund stellte Dr. Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) aus Hannover die Ergebnisse der neuen BGR-Studie über Sand und Kies in Deutschland vor. Sie gibt einen umfassenden Überblick über die Rohstoffsituation und Nutzung des mengen- als auch wertmäßig bedeutendsten heimischen mineralischen Rohstoffs. Wichtigste Erkenntnis aus der Studie: die jährlich gewonnene Rohstoffmenge an Sand und Kies muss deutlich nach oben korrigiert werden. Damit hat die Studie bestehende statistische Unsicherheiten bei der Erfassung der gewonnenen Rohstoffmenge an Sand und Kies in Deutschland beseitigt. So lagen die neuberechneten Fördermengen für Sand und Kies in den Jahren 2019 bis 2021 deutlich über 300 Mio. t im Jahr und damit um ca. 60 Mio. t über der bisher angenommenen Fördermenge. 

Weiterhin stellt die Studie fest, dass die Sand- und Kiesindustrie in Deutschland mittelständisch geprägt ist und sich zunehmend sich Versorgungsengpässe bei diesem Rohstoff abzeichnen, von denen besonders Ballungsräume betroffen sind. Der deutlich steigende Flächendruck durch konkurrierende Nutzungen, stark steigende Preise für Abbauland und eine mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung seien Hemmnisse für die Rohstoffgewinnung und eine sichere Rohstoffversorgung.

Über die Einsatzmöglichkeiten rezyklierter Gesteinskörnungen sprach Stefan Janssen
© Michael Schlutter

Über die Einsatzmöglichkeiten rezyklierter Gesteinskörnungen sprach Stefan Janssen
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Auf den Entwurf der neuen DIN 1045 für Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton ging Stefan Janssen von der Bundesvereinigung für Recycling-Baustoffe e. V. (BRB) aus Berlin in seinem Vortrag „Einsatzmöglichkeiten rezyklierter Gesteinskörnungen“ ein. Mit der Veröffentlichung der DIN 1045-2 sei voraussichtlich im Juni 2023 und im Januar 2024 mit der bauaufsichtlichen Einführung zu rechnen. Mit dieser neuen Norm gibt es eine „reale Chance“, dass mehr rezyklierte Gesteinskörnungen bei der Betonherstellung zum Einsatz kommen. Besonders hervorzuheben ist, dass es nun erstmals möglich ist, auch feine rezyklierte Gesteinskörnung des Typs 1, die im Herstellungsprozess von Recycling-Baustoffen anfällt, im Beton einzusetzen. „Der politische Wille, Recyclingbeton voranzubringen ist da. Wichtig ist nun, dass sich nach diesen normativen Änderungen auch das Ausschreibungsverhalten der Auftraggeber ändert und rezyklierte Gesteinskörnungen ausgeschrieben werden“ so Janssen. Hier musste man in der Vergangenheit immer wieder feststellen, dass Recycling-Baustoffe ausgeschlossen oder besondere Hürden für deren Einsatz geschaffen wurden.

Das „Porr-Urteil“ mit seinen praktischen Konsequenzen erklärte RA Gregor Franßen
© Michael Schlutter

Das „Porr-Urteil“ mit seinen praktischen Konsequenzen erklärte RA Gregor Franßen
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Über „Bodenmaterial, Nebenprodukt und Abfallende – aktuelle Rechtsprechung des EuGH zum „Porr-Urteil“ mit seinen praktischen Konsequenzen“ informierte RA Gregor Franßen von der Kanzlei Franßen & Nusser Rechtsanwälte PartGmbB aus Berlin. Die Entscheidung des EuGH zum Abfallende am Beispiel von Boden sei sehr weitreichend und könne durchaus auch auf mineralische Ersatzbaustoffe wie Recycling-Baustoffe der Klassen 1 bis 3 übertragen werden. Das Thema Abfallende und Produktstatus ist hoch aktuell und beschäftigt insbesondere die Recyclingwirtschaft in Deutschland, weil es der Bundesgesetzgeber in der neuen Ersatzbaustoffverordnung versäumt hat, eindeutige Aussagen zum Abfallende von mineralischen Ersatzbaustoffen zu treffen. Sehr weitreichend und völlig neu sind ebenso die Aussagen des EuGH zur Einstufung von Böden, die im Bauprozess anfallen, als Nebenprodukt.

Die Referenten des 20. Rohstoffkolloquiums (v.l.n.r.): Prof. Dr.-Ing. Holger Mansel, Prof. Dr. Bernd Dammert Dr. Harald Elsner, Dr. Kerstin Wagner Anja Knipfer, Stefan Janssen Bert Vulpius (nicht im Bild: Gregor Franßen)
© Michael Schlutter

Die Referenten des 20. Rohstoffkolloquiums (v.l.n.r.): Prof. Dr.-Ing. Holger Mansel, Prof. Dr. Bernd Dammert Dr. Harald Elsner, Dr. Kerstin Wagner Anja Knipfer, Stefan Janssen Bert Vulpius (nicht im Bild: Gregor Franßen)
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Das Urteil wird auch in Deutschland die Diskussion um das Abfallende von Böden und mineralischen Ersatzbaustoffen anheizen. Der EuGH hat mit dem Porr-Urteil wichtige Leitplanken gesetzt, an denen sich auch der deutsche Gesetzgeber orientieren sollte.

www.uvmb.de

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