Enormes Interesse am 1. Sächsischen Steine- und Erden-Tag
13.11.2023„Wir waren von der außergewöhnlich hohen Resonanz überrascht und mussten die Anmeldungen bei 190 Teilnehmern stoppen“, freute sich Bert Vulpius, Geschäftsführer des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe UVMB e.V. bei der Eröffnung des 1. Sächsischen Steine- und Erden-Tages am 19. Oktober in Freiberg. Gemeinsam mit dem Sächsischen Oberbergamt Freiberg und dem GKZ-Geokompetenzzentrum Freiberg e.V. hatte der UVMB diese Fachtagung im Tagungszentrum des Deutschen Brennstoffinstitutes organisiert. Ziel dieser Veranstaltung ist es, aktuelle Themen und Fragestellungen rund um den Steine- und Erden-Bergbau im Freistaat Sachsen aufzugreifen, gemeinsam zu diskutieren und in praktische Lösungen umzusetzen.
UVMB-Geschäftsführer Bert Vulpius konnte sehr viele Interessenten begrüßen
© Michael Schlutter
„Die aktuellen tiefgreifenden Veränderungen und die neuen Rahmenbedingungen für Industrie und Wirtschaft haben auch dem Bergbau als Primärwirtschaft und Basis unserer Wertschöpfung ein anderes Gewicht in der öffentlichen Wahrnehmung gegeben“, sagte Oberberghauptmann Prof. Dr. Bernhard Cramer vom Sächsischen Oberbergamt Freiberg in seiner Einführung. Über Bergbau und seine Bedeutung für Gesellschaft, Wirtschaft und Wohlstand würde jetzt anders gesprochen, da man sich bewusst sei, welche Rolle die Rohstoffgewinnung spielt. Das gelte auch für den Ausbau der technischen Infrastruktur – beispielsweise bei Windkraftanlagen. Trotzdem gebe es in Sachsen Rückgänge in der Sand- und Kiesgewinnung, so dass zukünftige Engpässe nicht auszuschließen seien. Als Hauptursachen sieht Cramer hohe genehmigungsrechtliche Hürden für neue Standorte.
Diesen Punkt griff auch Jens Eckhoff (GKM – Güstrower Kies+Mörtel GmbH), Vorsitzender der Fachgruppe Gesteinsbaustoffe und Stellverstretender Vorsitzende des UVMB, in seinem Grußwort auf. „Auch wir spüren täglich die Auswirkungen schleppender und langjähriger Genehmigungsverfahren. Unternehmen müssen ihre Kapazitäten drosseln und können Rohstoffe nicht im notwendigen Umfang dem Markt zur Verfügung stellen, weil die Anschlussgenehmigungen fehlen. Im Freistaat Sachsen sind wir mittendrin in diesem Prozess und stehen vor großen Herausforderungen. In den nächsten fünf bis zehn Jahren sind einige bedeutende Kieswerke auf Nachfolgelagerstätten angewiesen, die zusammen etwa 1/3 des Marktvolumens abdecken. Erste Auswirkungen lassen sich in der Förderstatistik bereits erkennen. So fiel die Fördermenge von Sand und Kies im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 in Sachsen um 22 Prozent. Ein derartiger Rückgang ist nicht allein wirtschaftlich erklärbar, da er in dieser Höhe auch im Vergleich zu anderen Bundesländern und bei Betrachtung des langjährigen Trends einzigartig ist.“
Auch der Vorsitzende der Fachgruppe Gesteinsbaustoffe Jens Eckhoff freute sich über einen vollen Saal
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Die Industrie habe die Rohstoffstrategie und das klare Bekenntnis des Freistaates Sachsen zum Bergbau und zur Kreislaufwirtschaft sehr wohlwollend aufgenommen und werde sich in den Umsetzungsprozess einbringen. Jetzt gehe es darum, dass Anspruch und Wirklichkeit zur Deckung gebracht werden. Zentrale Punkte für den UVMB seien dabei: die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Gewinnung heimischer Rohstoffe, die Sicherung des Zugangs zu heimischen Rohstoffen, eine angemessene Bewertung des gesellschaftlichen Mehrwerts, der von einer sicheren Versorgung mit heimischen Rohstoffen ausgeht sowie eine leistungsfähige Verwaltung, die die Genehmigung der Rohstoffgewinnung und die raumplanerische Rohstoffsicherung gewährleisten kann, so die Forderungen des Fachgruppenvorsitzenden.
Über den aktuellen Stand der Novellierung des Bundesberggesetzes (BBergG) berichtete Andreas Krallmann vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aus Berlin. Er stellte einige der Vorstellungen der unterschiedlichen Interessensgruppen zur Novellierung des Gesetzes vor, die im Rahmen eines Expertengespräches geäußert wurden. Durch das BMWK wird ein Eckpunktepapier erarbeitet, das als Grundlage für den Referentenentwurf dienen soll.
Die Themen fanden großes Interesse bei den anwesenden Gästen
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Anschließend ging er laufende Initiativen ein, die mit der Änderung des Bergrechts im Zusammenhang stehen. So sei das BBergG an die Erfordernisse des Online-Zugangsgesetzes anzupassen, um Zukunftsvorhaben wie digitale Genehmigungsverfahren zu ermöglichen.
Weiterhin befinde sich die UVP-V-Bergbau in der Überarbeitung. Hier sollen zukünftig bei der Untergrundspeicherung Regelungen zur UVP-Pflicht, die bisher für Erdgas galten, auf Wasserstoff ausgedehnt werden. Bestehende Abgrenzungsprobleme zwischen oberflächennaher und der Tiefengeothermie würden beseitigt. Es werde eine Klarstellung im BBergG vorgeschlagen, wonach nur Erdwärme aus Bohrungen ab einer Teufe von 400 m ein bergfreier Bodenschatz nach dem BBergG sein soll.
Mit den Anforderungen aus dem Klimaschutz und deren praktische Umsetzung in den Genehmigungsunterlagen beschäftigte sich Prof. Dr. Bernd Dammert von der Kanzlei Rechtsanwälte Dammert und Steinforth aus Leipzig. „Verlässt man die Flughöhe politischer Programmatik, wird schnell deutlich, dass der bestehende Rechtsrahmen wenig operationabel ist.“ Es fehle an geeigneter Standardisierung für die Ermittlung und Bewertung von und damit für die Entscheidung über Klimaschutzfragen auf der Planungs- und Zulassungsebene, so Dammert. „So flexibel Generalklauseln auch sein mögen, sie lassen Vorhabenträger, Vollzugsbehörden und Gerichte letztlich mit dem Bewertungsproblem allein.“ In diesem Zusammenhang erläuterte Dammert die normativen Anknüpfungspunkte für Klimaschutzprüfungen, die Ermittlung und Bewertung vorhabenbedingter Auswirkungen, die Anforderungen an Planungs- und Antragsunterlagen und letztendlich den Rechtsschutz.
Auch in den Pausen wurde intensiv diskutiert
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Seine Erfahrungen in Bezug auf die zwei Jahre andauernde Baumbesetzung im Heidebogen im Umfeld der Kiessandlagerstätte Ottendorf-Okrilla, deren Aufarbeitung sowie Handlungsempfehlungen für Unternehmen aus Sicht der Versammlungsbehörde gab René Burk vom Ordnungsamt des Landkreises Bautzen weiter. Der Amtsleiter erläuterte die Grundlagen des Versammlungsrechts und die behördlichen Eingriffsmöglichkeiten. Auch nicht angemeldete Versammlungen und besondere Formen des Protestes, wie Klima-Camps oder Baumhäuser, müssten nach aktueller Rechtsprechung erst einmal akzeptiert werden. Obwohl im Heidebogen das Betreten des nicht befriedeten Grundstückes ohne Zustimmung des Eigentümers prinzipiell zulässig gewesen war, führte das Fehlen eines Versammlungsleiters und die mangelnde Kooperationsbereitschaft zur Verabschiedung einer Allgemeinverfügung, in der Belange des Brandschutzes, des Bau- und des Abfallrechtes geregelt wurden. Die Verfügung ging durch die gerichtlichen Instanzen und hatte vor dem Sächsischen OVG Bestand. Das Gericht entschied, dass die Kundgebung durchgeführt werden kann, aber die Baumhäuser als Kundgebungsmittel abzureißen sind, weil sie eine erhebliche Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen. Mit großem polizeilichem und technischem Aufwand wurde das Camp im Februar 2023 innerhalb von zwei Tagen geräumt. Als Empfehlung gab Burk den Teilnehmern mit auf den Weg: „Wenn Sie in Ihrem Unternehmen ähnliche Aktivitäten bemerken, melden Sie dies umgehend dem Polizeivollzugsdienst sowie der Versammlungsbehörde.“ Nur so ließe sich ein hoher Verwaltungs-, Personal-, Einsatz-, Technik- sowie damit verbundene Kosten vermeiden.
Gastgeber in Freiberg war das Deutsche Brennstoffinstitut
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Über planungsrechtliche Grundlagen für die Nutzung von bergbaulichen Flächen für die Erzeugung alternativer Energien sprach Prof. Dr. Wolf-Uwe Sponer vom Sächsischen Staatsministerium für Regionalentwicklung aus Dresden. Dabei erläuterte er die Planungsgrundlagen und Abwägungsvorgänge für verschiedene Vorrang- und Eignungsgebiete. Im Verhältnis Rohstoffgewinnung und der Nutzung von Bergbauflächen für die Erzeugung alternativer Energien gebe es an vielen Stellen noch rechtlichen Klärungsbedarf. Über die Möglichkeiten der temporären Zwischennutzung und multifunktionalen Flächennutzungen möchte man von Seiten des Ministeriums für Regionalentwicklung den konstruktiven Dialog mit dem UVMB fortführen und nach praktischen Lösungen suchen, die im Rahmen der Landes- und Regionalplanung umgesetzt werden können.
Wie eine solche praktische Umsetzung aussehen kann, stellte Dr. Kerstin Wagner von der Mitteldeutschen Baustoffe GmbH aus Petersberg vor. „Wir verfügen mit etwa 550 Hektar über sehr viele Wasserfläche und möchten diese zur Stromerzeugung nutzen.“ So habe man in Kooperation mit der Leipziger Energie GmbH & Co. KG das Projekt „Floating PV“ begonnen. Darin seien derzeit drei Kieswerke mit einer geplanten Gesamtleistung von etwa 88 MWp eingebunden, die sich in unterschiedlichen Genehmigungsphasen befinden. In einem Kieswerk in der Nähe von Leipzig ist eine Floating PV-Anlage mit einer Flächengröße von 7,5 ha zugelassen worden. Sehr konstruktiv sei in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Oberbergamt als Zulassungsbehörde gewesen. Die genehmigte Anlage wird von einem Forschungsvorhaben der TU Dresden, dem Fraunhofer CSP Halle und der HTWK Leipzig begleitet, in dem die Auswirkungen der Anlage auf die Umwelt, insbesondere auf den Wasserkörper untersucht werden.
Die Referenten und Moderatoren (v.l.n.r.): Andreas Krallmann, Prof. Dr. Bernhard Cramer, Dr. Olaf Penndorf, Frédéric Robert-Kasper, Thomas Wittmann, Stephanie Wittwer, René Burk, Prof. Dr. Bernd Dammert, Steffen Döhner, Dr. Kerstin Wagner, Prof. Dr. Wolf-Uwe Sponer, Jens Eckhoff, Dirk Berger, Bert Vulpius
© Michael Schlutter
Am Beispiel der zur Eurovia gehörenden Lausitzer Grauwacke GmbH erläuterte Frédéric Robert-Kasper den Weg zur klimaneutralen Baustoffproduktion und die praktische Umsetzung. Insgesamt habe die Eurovia sich das Ziel gesetzt, von 2019 bis 2030 die CO2-Emissionen mit einer Gesamtinvestition von ca. 50 Mio. € um 40 % zu senken. Dies wolle man mit Ökostrom aus verschiedenen regenerativen Quellen, einem neuen Vorbrecher, einem Solarpark mit 25 kWp, einer fast kompletten Umstellung auf HVO-Biokraftstoffe und letztendlich dem Bau eines neuen emissionsarmen Werkes – welches weitgehend ohne Radlader betrieben werden soll – erreichen. Dazu gehöre auch die Umrüstung verschiedener Baumaschinen auf Batteriebetrieb, so Robert-Kasper.
Den letzten Vortragsblock leiteten Steffen Döhner vom Sächsischen Oberbergamt Freiberg und Dr. Olaf Penndorf von der Landesdirektion Sachsen mit dem Thema „Umsetzung der Mantelverordnung im Rahmen bergrechtlicher Zulassungsverfahren“ ein. Dabei standen die maßgeblichen Regelungen und Änderungen des Merkblattes des Sächsischen Oberbergamtes zur Verwertung bergbaufremder mineralischer Abfälle in Tagebauen im Mittelpunkt. Der Vertreter der Landesdirektion stellte die Zuständigkeit seiner Behörde im Bereich der Umsetzung von aktuellem Bodenschutzrecht dar - insbesondere die Unterstützung des Sächsischen Oberbergamts bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Abfall- und Bodenschutzbehörde für die unter Bergaufsicht stehenden Betriebe.
Die Herausforderungen bei bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren aus Sicht der Bergbehörde erläuterte Dr. Falk Ebersbach vom Sächsischen Oberbergamt Freiberg. Dabei bewege man sich in einem „Dreiklang von Rechtzeitigkeit, Rechtmäßigkeit und Öffentlichkeit“. Die Ursachen für die teilweise langen Bearbeitungszeiträume seien sehr mannigfaltig. Unzureichende, unvollständige oder auch in sich nicht kongruente Antragsunterlagen lösten bei der Behörde zusätzlichen Mehraufwand bei der Prüfung aus, der immer mit einem Zeitverzug verbunden ist. Weiterhin rät Ebersbach den Unternehmen, frühzeitig auf die Behörde zuzugehen und nicht erst kurz vor Ablauf von Betriebsplangenehmigungen.
Eine Lösung, Genehmigungen zu beschleunigen, könne der Einsatz von Verwaltungshelfern und Sachverständigen sein, die aber zusätzliche Kosten für das Unternehmen verursachen. Auch intern sieht Dr. Ebersbach selbstkritisch noch Optimierungspotential. Dennoch dürfe der Zeitaufwand in der Bearbeitung von Antragsunterlagen, der aus den komplexen Anforderungen der Umweltgesetzgebung resultiert, nicht unterschätzt werden.
Aktuelle Probleme in Betriebsplanverfahren aus Sicht der Rohstoffindustrie wurden durch Stephanie Wittwer von der Geomontan GmbH aus Freiberg und Dirk Berger von der Heidelberger Materials Mineralik DE GmbH aus Penig aus eigenen Erfahrungen dargestellt. So würde die Regionalplanung zunehmend als Instrument zur Verhinderung von Projekten zur Rohstoffgewinnung eingesetzt, wie Stephanie Wittwer an konkreten Abbauvorhaben darstellte. Dazu komme der „lange Weg durch das Genehmigungsverfahren“, der nach ihren Erfahrungen bis zu zehn Jahre dauern kann. Personalmangel in der Zulassungsbehörde, komplexe Abstimmungsverfahren, eine Vielzahl sich teilweise wiedersprechender behördlicher Stellungnahmen, ausufernde Nebenbestimmungen und nicht zweckmäßige Detailvorgaben sind nach Dirk Berger einige Ursachen für lange Genehmigungsverfahren und Schwierigkeiten im praktischen Vollzug von Betriebsplanzulassungen, die er anhand einiger Beispiele dem Publikum in humorvoller Form präsentierte.