Zur Anwendung von diskontinuierlich betriebenen Rinnen bei der Gewinnung von Schwermineralen
Zusammenfassung: Weltweit wird in vielen Kies- und Sandtagebauen Gold als Nebenprodukt gewonnen. Eine dabei häufig angewendete Methode ist die Nutzung von mit Teppichen oder Matten ausgelegten Waschrinnen oder verwandter Prinzipien. Auch in Deutschland kommen auf diese Art jährlich etwa 20 – 30 kg Gold zusammen. Der Aufsatz beschreibt ausgewählte Ergebnisse der Versuche im Kieswerk Meißenheim, die Effizienz einer derartigen Technologie zu erhöhen.
1 Sachstand
Die Gewinnung von Gold aus fluviatilen Sedimenten erfolgt seit Jahrtausenden. So hat beispielsweise die Sage vom Goldenen Vlies ihren Hintergrund in der Verwendung von Schaffellen zum Auffangen von Goldflittern in Bächen des westlichen Kaukasus. Zusammen mit anderen Mineralen hoher Dichte (Schwerminerale) ist Gold in Form feiner Partikel (nachfolgend: Goldflitter) häufig in Kiesen und Sanden als untergeordneter Bestandteil vorhanden und reichert sich lokal in Seifen an. In Kies- und Sandwerken mit oft komplexen Gewinnungs-, Transport- und Aufbereitungstechnologien existieren an vielen Stellen künstlich geschaffene Seifen. Sie sind aufgrund ihrer meist dunklen Färbung wegen des Gehaltes an Eisen-reichen Mineralen (Magnetit, Ilmenit, Hämatit etc.) mit aufmerksamem Blick leicht zu entdecken (Bild 1). Weitere häufige Schwerminerale in Seifen sind unter anderem Granat, Zirkon, Rutil, Kassiterit sowie auch Gold und Vertreter der Elementgruppe der Platinoide.
Hobby-Goldwäscher kennen die Stellen in Kieswerken, an denen es durch die technologischen Prozesse zu einer besonders starken Anreicherung von Goldflittern kommt und gehen dort mehr oder weniger offiziell ihren Geschäften nach. Je nach Ausbeute wird das gewonnene Gold zu Medaillen geprägt, von Goldschmieden zu Schmuck verarbeitet oder grammweise an Interessenten verkauft. Zumindest in Deutschland ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach einheimischem Gold erheblich größer ist als das Angebot. Für das Jahr 2017 schätzt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe die Goldproduktion aus deutschen Kieswerken auf etwa 25 kg [1].
Vermutlich sind in den meisten Fällen der jeweiligen Betriebsleitung diese Aktivitäten bekannt, denn üblicherweise wird ein Teil des gewonnenen Goldes an das Unternehmen übergeben. Von wenigen Ausnahmen abgesehen besteht aber bisher ein relativ geringes Interesse in den Kies- und Sandwerken festzustellen, ob eine geregelte offizielle Nebengewinnung von Gold und eventuell weiteren Schwermineralen ökonomisch sinnvoll ist. Zu den Ursachen für diese Haltung gehört die Tatsache, dass mit den meist angewendeten Methoden der Goldabtrennung aus Kiessanden ein hoher personeller Aufwand verbunden ist und dass quantitative Details des gesamten Procederes kaum erhoben werden oder nachvollziehbar sind.
Einfachste Daten, wie z.B. der durchschnittliche Goldgehalt in einer Kiessand-Lagerstätte werden nur in seltenen Fällen systematisch und repräsentativ erhoben. Ohne diesen Wert ist beispielsweise nicht bekannt, wieviel Gold pro Jahr die Aufbereitungsanlage eines Kieswerkes passiert und demzufolge auch nicht, wieviel Gold theoretisch gewonnen werden könnte. Weiterhin gibt es nur wenige publizierte Untersuchungen zur Effektivität der in einem Kies- und Sandwerk unter industriellen Bedingungen verwendeten Goldabtrennungs-Technologie (im Pilotmaßstab z.B. [2]).
Im Gegensatz zu den quantitativ und qualitativ exakt bekannten Abläufen bei der Kiessand-Produktion – beginnend von der geologischen Vorratserkundung bis zu den erzeugten Endprodukten – ist die Nebengewinnung von Gold vor allem in ihren quantitativen Details meist wenig nachvollziehbar sowie für die Tagebaubetreiber von einem Schleier des Geheimnisvollen umgeben. Bei den meist betriebsfremden Hobby-Goldwäschern besteht auch wenig Bereitschaft, Details ihrer Arbeit preiszugeben. Offen bleibt, inwieweit diese Personen selbst systematisch in den jeweiligen Betriebsstätten die oben genannten Grund-Daten ermitteln. Für die meisten gilt wohl, was bereits [3] unter der Überschrift „Einige Mythen unter den Goldwäschern“ sinngemäß schrieb: „Natürlich weiß ich, dass ich nicht alles Gold heraushole – aber was soll´s, ich mache mein Geld.“
Der vorliegende Beitrag beschreibt die systematischen Versuche in einem deutschen Kieswerk, derartige Kenntnisdefizite zu verringern und den Einsatz von Goldwaschrinnen zur Nebengewinnung von Seifengold auf eine bessere quantitative Grundlage zu stellen. Die Ergebnisse und daraus abgeleitete Schlussfolgerungen erscheinen im Nachhinein leicht verständlich. Sie sind (falls überhaupt öffentlich publiziert) in der einschlägigen Literatur nicht dezidiert zu finden und von großer Bedeutung für die Effizienz derartiger Anlagen.
2 Methodik
Die nachfolgend beschriebenen Untersuchungen erfolgten im Kieswerk Meißenheim der Firma RMKS Rhein Main Kies und Splitt GmbH & Co. KG, Wesel. Dort werden mittels Schwimmgreifer-Bagger über 100 m mächtige quartäre Kiessand-Ablagerungen des Rheins abgebaut (Bild 2).
Inspiriert durch den Goldpreisanstieg ab etwa 2006 und die mit großem medialen Echo begleitete Aufnahme einer Nebengewinnung von Seifengold im Kieswerk Rheinzabern bei Karlsruhe erfolgte eine schrittweise Prüfung, inwieweit die bekannte Goldführung der Rhein-Sedimente eine wirtschaftliche Relevanz auch für das Kieswerk Meißenheim haben könnte.
Dazu wurden zunächst Proben von drei Stellen untersucht, von denen angenommen wurde, dass es durch Aufbereitungsprozesse zu einer Goldanreicherung gekommen sein könnte. Die Ergebnisse ermutigten dazu, über 1,5 Jahre hinweg in vier Kampagnen an fünf verschiedenen Lokationen der Technologiekette die Goldgehalte zu bestimmen. Die Entnahme der jeweils fünf Proben erfolgte nahezu gleichzeitig, um einen möglichst unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem aufgegebenen Roh-Kiessand und den durch Siebungen erzeugten Kornfraktionen anzustreben. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse zeigt Bild 3.
Drei weitere Untersuchungen der Goldgehalte des Roh-Kiessandes führten zu einem Mittelwert von 2,6 ppb (mg Gold pro Tonne Kiessand). Anders ausgedrückt: in einer Million Tonnen Roh-Kiessand der Lagerstätte befinden sich durchschnittlich etwa 2,6 kg Gold.
Eine repräsentative Bestimmung derart geringer Goldgehalte in den Proben mittels rein chemischer Verfahren ist wegen des „Nugget-Effektes“ kaum möglich. Mit diesem Effekt wird die Tatsache bezeichnet, dass Goldflitter in natürlichem Milieu sehr unregelmäßig verteilt sind: je nach Ablagerungsbedingungen erscheint Gold an wenigen Stellen angereichert; dafür an vielen anderen Stellen abgereichert oder fehlend.
Der gleiche Effekt tritt auf, wenn Proben für eine chemische Analyse aufbereitet werden. So betrug die durchschnittliche Masse der untersuchten Roh-Kiessand-Proben etwa 90 kg. Darin waren im Mittel 80 Goldflitter enthalten. Für die chemische Analyse in einem Labor kann aus praktischen Gründen nicht die gesamte 90 kg-Probe chemisch aufgeschlossen werden. Üblicherweise wird daher versucht, von der großen ursprünglichen Probe eine repräsentative Teilprobe abzutrennen (z.B. mittels systematischer Halbierung) und nur diese Teilprobe (größenordnungsmäßig 100 g) der chemischen Analyse zuzuführen.
Werden nun 90 kg beispielsweise auf 90 g (entspricht 1/1000) reduziert, sollte eine auch bezüglich Gold repräsentative Teilprobe 1/1000 der Goldflitter (also 80 Flitter / 1000 = 0,08 Flitter) enthalten. Es gibt jedoch nur „ganze“ Flitter: Teilproben werden daher überwiegend überhaupt kein ganzes Flitter enthalten (die chemische Analyse ergibt dann einen Goldgehalt „0“) oder in wenigen Fällen (etwa in einer von 12 Teilproben) ein ganzes Flitter (die chemische Analyse ergibt dann einen viel zu hohen Goldgehalt). Beide Ergebnisse sind falsch; sie weichen stark von der Realität ab.
Um dieses Problem zu entschärfen, wurde der Goldgehalt in den untersuchten Proben rein physikalisch ermittelt: die gesamte Probe wurde über eine mit Wabenmatten ausgelegte 2 m lange Rinne geleitet, sämtliche Goldflitter in den Waben zurückgehalten und nach weiteren Zwischenschritten manuell unter einem Binokular ausgelesen. Die überwiegend stark abgeflachten Goldflitter wurden anschließend fotografiert und deren Fläche vermessen. Durch Multiplikation der Fläche mit einer mittleren Dicke wurde das Goldvolumen und durch weitere Multiplikation mit einer mittleren Dichte die Goldmasse ermittelt. Bezogen auf die Ausgangsmasse der Probe ergab sich der Goldgehalt. Dieses hier vereinfacht dargestellte Procedere ist in [6] sowie [7] ausführlicher dargestellt.
Aus allen in diesem Aufsatz beschriebenen Proben wurden die Goldflitter mit der erwähnten 2 m-Wabenmatten-Rinne abgetrennt. Sobald die Goldmenge je Probe eine Masse von etwa 3 mg überschritt, konnte sie mit üblichen Waagen direkt ermittelt werden; eine Ableitung der Masse über das erwähnte geometrische Verfahren erübrigte sich damit.
Für eine effiziente Abtrennung der Goldflitter aus der Technologiekette des Kieswerks Meißenheim besonders prädestiniert erscheint der Unterlauf der Entwässerungs-Siebmaschine, da dort durch Siebprozesse der Goldgehalt stark ansteigt (24,7 ppb) und ein weitgehend kontinuierlicher Stoffstrom existiert.
Die morphologischen Eigenschaften der Goldflitter spiegeln durchschnittliche Charakteristiken wider, die in vielen Kiessand-Ablagerungen weltweit anzutreffen sind (Bild 4). Sie sind gekennzeichnet durch einen relativ langen Transportweg, der einerseits zu einer starken Abflachung (Entstehung plattiger Flitter durch „hammering“) und damit verbundene durchschnittliche Flitterdicken von etwa 5 – 15 µm sowie andererseits zu mittleren Korngrößen um etwa 100 µm führte.
Derartige Flitter aus umgebenden meist wesentlich größeren Sand-Körnchen abzutrennen, erfordert eine angepasste Technologie. Zu den einfachsten Methoden eines ersten Anreicherungsschrittes gehören Waschrinnen, die in kaum überschaubaren diversen Ausführungen weltweit angewendet werden. Auch für das Kieswerk Meißenheim wurde der Einsatz einer derartigen Rinne als primäres Anreicherungs-Instrument festgelegt. Die Effizienz einer Goldwaschrinne hängt wesentlich von ihren Parametern ab, zu denen unter anderem Neigung, Art des Bodenbelags (Matten), Suspensions-Durchsatz pro Zeiteinheit, Feststoff-Anteil in der Suspension, Korngrößenverteilung, Dauer der Beschickung etc. gehören.
Wenn eine Suspension mit goldhaltigem Sand auf eine Rinne geleitet wird, läuft eine Vielzahl physikalischer Effekte ab, wie z.B.:
laminare Strömung der Suspension im oberen Bereich des Strömungskörpers mit
unterschiedlicher Sinkgeschwindigkeit der Partikel (abhängig von Dichte, Korngröße, Kornform) innerhalb dieser laminaren Zone und
Interaktion der Partikel (Stöße),
Turbulenzen im Grenzbereich zwischen Strömungskörper und Schlingen oder Fasern der Matte mit
unterschiedlicher Bewegung der Partikel (abhängig von Dichte, Korngröße, Kornform) innerhalb dieser turbulenten Zone sowie
Interaktion der Partikel (Stöße),
Sedimentation der Partikel mit
Umlagerung der Partikel im oberen Teil des Sedimentkörpers und
kontinuierlicher Veränderung der Geometrie der Grenzzone (über die Zeit abnehmende Länge der Schlingen oder Fasern, die sich in die Suspension erstrecken,
plötzliche und/oder kontinuierliche Vibrationen der Anlage,
fluktuierende Strömungsgeschwindigkeiten/-mengen,
etc.
Eine physikalisch-numerische Modellierung all dieser Prozesse ist aufgrund der Komplexität der ablaufenden Vorgänge derzeit nicht möglich. Somit kann eine Optimierung der oben genannten Rinnen-Parameter nur durch ortskonkrete Untersuchungen empirisch erfolgen.
Derartige Arbeiten wurden im Kieswerk Meißenheim vorzugsweise mittels einer mit fünf Matten belegten, etwa 7,0 x 0,5 m messenden Testrinne durchgeführt. Als aufzugebender Stoffstrom diente der erwähnte Feinsand 0-1 mm aus dem Unterlauf der Sandentwässerungs-Siebmaschine.
Von den durchprobierten Varianten wird nachfolgend jene Testserie beschrieben, die bei einer Längs-Neigung der Rinne von 6 °, etwa konstanter Aufgabe der Suspension (mit ca. 5 kg Feinsand pro Sekunde) sowie unterschiedlich langen Beschickungszeiten durchgeführt wurde. Der Rinnenboden war mit fünf Segmenten von Schlingenmatten des Typs 3M NOMAD ausgelegt, die sich jeweils einige Zentimeter überlappten (Bild 5).
Während des Rinnenbetriebs strömen und rollen die Partikel über die Oberfläche der Matten. Angestrebt wird, dass alle Goldflitter in den Zwickeln zwischen den einzelnen Schlingen sedimentieren (Bild 6).
Nach einer gewissen Zeit wird die Aufgabe gestoppt, die fünf Matten herausgenommen und aus jeder Matte durch Bedüsen mit einem Wasserstrahl das in den Zwickeln gefangene, an Schwermineralen angereicherte Material herausgewaschen. Anschließend wurde je Probe mittels der oben beschriebenen 2-m-Wabenmattenrinne das gesamte Gold abgetrennt und gewogen.
3 Ergebnisse
Anlass der nachfolgend ausführlicher erläuterten Test-Serie war die Frage, wie lange eine Beschickung der Goldwaschrinne erfolgen sollte, um ein optimales Betriebsergebnis zu erzielen. Wie oben erwähnt, ist eine exakte Modellierung der Goldanreicherung in einer mit Matten ausgelegten Goldwaschrinne „nur auf dem Papier“ derzeit nicht realisierbar. Ersatzweise wird daher folgende Annahme getroffen:
Die Anreicherung von Schwermineralen (wie z.B. Gold) in einer Waschrinne folgt einer mathematischen Sättigungsfunktion, welche im Ursprung startet (zu Beginn ist die Matte frei von Schwermineralen),
die kontinuierlich verläuft (es gibt weder empirische Belege, noch einen Anlass anzunehmen, dass die Sättigung der Matte plötzliche Wechsel erfährt) und die
asymptotisch gegen einen Grenzwert konvergiert (das unendlich lange Beschicken einer Waschrinne mit goldführendem Sand wird nicht zur Entstehung eines Konzentrats aus reinem Gold führen: irgendwann ist ein dynamisches Gleichgewicht erreicht, bei dem gleich viel Gold am oberen Ende der Rinne zugeführt wird, wie unten wieder ausgespült wird).
Für eine möglichst einfache mathematische Beschreibung wurde eine Sättigungsfunktion verwendet, wie in Bild 7 abgebildet. Ist diese Funktion durch Ermittlung möglichst vieler Datenpaare (x, y) für eine konkrete Goldwasch-Rinne bestimmt, kann zum Beispiel die Frage beantwortet werden, wieviel Gold in der Rinne maximal aufgefangen werden kann: dies entspricht dem Parameter „a“ (Goldmasse oder -konzentration in der Matte nach einer unendlich langen Beschickungsdauer). Die für die Test-Rinne ermittelten Datenpaare, sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Aus diesen Daten ist eine Regressionskurve zu erstellen, die eine minimale Abweichung von den gemessenen Werten aufweist – z.B. mittels Methode der kleinsten Fehlerquadrate. Leider existiert keine triviale mathematische Lösung für die Bestimmung von a und b in der Funktion y = ax / (x + b), wenn viele Paare von x und y vorliegen. Deshalb wurden die Variablen a und b durch numerische Iteration („Ausprobieren“) in einer Excel-Tabelle möglichst nahe an dem wahren Wert ermittelt (Bild 8).
Die graphische Visualisierung der Fehlerquadratsummen führt zu einem Minimum bei a = 1715 und b = 39,5 (Bild 9).
In Bild 10 sind die Datenpaare sowie die daraus abgeleiteten Regressionsfunktionen für die Goldmasse sowie den Goldgehalt in der Test-Rinne dargestellt (Ausreißer bei Zeit = 19 Stunden – in der Grafik mit schwarzem Kreis umrandet – wurden bei den Berechnungen nicht berücksichtigt).
Nach einer unendlich langen Beschickungsdauer wird die Test-Rinne also maximal 1715 mg Gold sowie bezogen auf das gesamte in der Rinne festgehaltene Schwermineralkonzentrat einen Goldgehalt von 160 mg/t enthalten. Allerdings ist eine unendliche lange Aufgabedauer unrealistisch: Was also ist das Optimum? Die Lösung der Frage ergibt sich aus dem Anstieg der Sättigungskurve: Er ist zu Beginn der Beschickung der Rinne am größten und nimmt dann ständig ab (Bild 11).
Betrachtet man beispielsweise einen Gesamtzeitraum von 72 Stunden, ergibt eine einmalige Abreinigung der Matten („cleanup“) nach 72 Stunden 1107 mg Gold (Bild 12).
Das Auswaschen der Matte alle 12 Minuten erzielt dagegen insgesamt 3110 mg Gold, aber dies müsste in den 72 Stunden 360 mal durchgeführt werden. Die Schlussfolgerung lautet: Je öfter die Matte ausgewaschen wird, umso höher ist der Gesamtertrag an Gold. Im konkreten Beispiel sinkt die Ausbeute an Gold pro 10 Stunden Beschickungsdauer von anfänglich 350 mg nach 40 Stunden auf 90 mg (also etwa ein Viertel; Bild 11).
Mit anderen Worten: Wird die hier untersuchte Goldwaschrinne knapp zwei Tage lang nicht abgereinigt, passieren etwa drei Viertel der aufgegebenen Goldflitter ungehindert die Rinne, weil das Rückhaltevermögen der Rinne stetig abnimmt. Überall wo mit derartigen Waschrinnen gearbeitet wird, sollte es daher das Ziel sein, möglichst oft die Matten auszuwaschen. Die Realität weltweit sieht jedoch oft anders aus. Einschlägige Literatur berichtet beispielsweise von Abreinigungszyklen in der Größenordnung mehrerer Wochen (z.B. [8]) oder gibt gar die Empfehlung, mit dem Abreinigen so lange wie möglich zu warten [9].
Das manuelle Auswechseln von Matten in einer Rinne stellt eine aufwändige Prozedur dar. Unter anderem muss die Beschickung abgeschaltet oder umgeleitet werden, Verankerungen der Matten sind zu lösen; die gefüllten Matten sind meist schwer und werden mühsam aus der Rinne gehievt, neue Matten sind einzubauen und die Beschickung ist wieder einzuschalten. Dann folgt der Transport der Matten zu einem Verarbeitungsplatz. Dort werden sie aufgehängt, ausgewaschen, das Schwermineralkonzentrat aufgefangen und dann mit verschiedenen Technologien das enthaltene Gold weiter angereichert. Der Aufwand für diese Arbeiten steigt, je kürzer die zeitlichen Abstände gewählt werden. Kurze Beschickungszyklen sind daher nur mit zunehmend automatisierten Verfahrensweisen realisierbar.
4 Praktische Schlussfolgerungen
Unter Berücksichtigung des beschriebenen Sachstandes wurde im Kieswerk Meißenheim eine Pilotanlage entwickelt, die seit etwa 5 Jahren einen Teil des in den geförderten Roh-Kiessanden enthaltenen Goldes abtrennt. Kernstück ist eine 8,0 x 0,7 m messende flexible primäre Waschrinne, die einem Bandförderer aufgesetzt ist. Die Oberfläche des Bandgurtes ist endlos mit einer Schlingenmatte vom Typ 3M NOMAD belegt. Im Betrieb wird die Rinne eine Stunde lang mit goldführendem Feinsand aus dem Unterlauf der Sandentwässerungs-Siebmaschine beschickt. Anschließend wird die Zufuhr ausgeschaltet und die mit Sediment beladene Oberseite des Gurtbandes langsam eine halbe Umdrehung nach oben bewegt.
Nach Passieren des oberen Umlenkpunktes bedüst ein Wasserstrahl die Unterseite der gefüllten Schlingenmatte und spült das in den Zwickeln der Schlingenmatte enthaltene Schwermineralkonzentrat in einen darunter befindlichen Trichter. Sobald die halbe Umdrehung beendet ist (nach etwa 3 Minuten), stoppt das Band und die Beschickung wird erneut eingeschaltet und ein neuer Zyklus beginnt. Das im Trichter gesammelte Konzentrat wird anschließend durch einen unteren Ablass auf eine Sekundärrinne gespült, die mit Wabenmatten ausgelegt ist. Durch eine ausgewogene Dosierung von Stoffstrom, Wasserzugabe und Neigung der Rinne werden möglichst viele taube Partikel (vor allem Sand, aber auch unerwünschte Schwerminerale) fortgespült. In den Waben verbleibt ein Konzentrat, in welchem der Goldgehalt einige Zehntel Prozent erreicht.
Nachdem der Trichterinhalt entleert und über die Rinne geführt wurde (Dauer ca. eine halbe Stunde), erfolgt unter Beibehaltung der zusätzlichen Wasserzufuhr ein starkes Neigen der gesamten Rinne auf ca. 45 °, wodurch das in den Waben gesammelte goldreiche Konzentrat fortgespült und in einem Eimer aufgefangen wird. Die Prozesse auf der Sekundärrinne sind nach etwa 40 Minuten beendet, so dass zur vollen Stunde erneut im Trichter gesammeltes Material von der Primärrinne zugeführt werden kann (Bild 13).
Novum des Verfahrens ist, dass sämtliche beschriebenen Prozesse mikroprozessorgesteuert automatisch ablaufen; es findet keine manuelle Arbeit (Wechseln oder Ausspülen von Matten, Öffnen oder Schließen von Schiebern etc.) statt. Nur dadurch kann der Abreinigungszyklus auf eine derart kurze Zeitspanne reduziert werden und selbst eine weitere Verkürzung wäre möglich; erscheint aber unter Betrachtung aller Umstände nicht sinnvoll. Das Verfahren wurde geschützt [10]; das Patent ist inzwischen ausgelaufen.
Aus einem täglichen Feinsand-Durchsatz von etwa 200 t resultiert zu Schichtende ein etwa 10 kg wiegender Eimer Schwermineralkonzentrat mit einigen Gramm Goldinhalt. Die weitere Goldanreicherung zu einem schmelzbaren Konzentrat erfolgt anschließend unter Einsatz einer dritten (Tertiär-) Wabenmatten-Rinne sowie nachfolgender Prozeduren. Aus dem separierten Gold wurden bisher zwei Sätze Gedenk-Medaillen hergestellt; ein dritter ist derzeit in Arbeit.
Die in diesem Aufsatz vorgestellten Ergebnisse und Schlussfolgerungen können dazu beitragen, die Nebengewinnung von Seifengold in der Kiessand-Industrie effizienter zu betreiben und auf eine transparente, quantitativ belastbare Grundlage zu stellen. Zudem ermöglicht eine solide Faktenbasis der hier beschriebenen Art, das bei vielen Tagebaubetreibern bestehende grundsätzliche Interesse an einem derartigen Zugewinn mittels belastbarer Kalkulationen und Planungen zu unterstützen.
Das Beispiel Meißenheim zeigt, dass durch Nutzung der heute verfügbaren Technologien auch vergleichsweise geringe Goldgehalte wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden können. Da solche mittleren Goldkonzentrationen auch in vielen anderen europäischen und weltweiten Kiessand-Betrieben auftreten, eröffnet sich für die hier pilothaft entwickelte Technologie der Nebengewinnung von Seifengold ein weites Entwicklungs- und Anwendungsfeld.
Danksagung:
Die hier vorgestellten Arbeiten wurden durch den Geschäftsführer der RMKS Dr. Gerd Hagenguth initiiert, finanziert und fachlich begleitet. Zu den weiteren Mitgliedern eines Kern-Teams gehörten der Betriebsleiter Heinz Schlecht sowie Christian Lehmann (jetzt K + S). Ich danke ihnen und dem Engagement weiterer Beteiligter für die harmonische Zusammenarbeit, die zu ermutigenden Resultaten einschließlich dieser Publikation führte.
Dr. Uwe Lehmann
Referatsleiter Rohstoffgeologie
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Freiberg
Uwe Lehmann studierte Mineralogie an der Bergakademie Freiberg und promovierte über tertiäre Vulkanite der Rhön. Seine berufliche Laufbahn ist von angewandten geologischen Fragestellungen geprägt. Seit 2005 trägt er als Referatsleiter Rohstoffgeologie im Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie durch die Erhebung, Auswertung und Bereitstellung rohstoffgeologischer Daten zu einer gesicherten Rohstoffversorgung des Freistaates Sachsen bei.
Literatur • Literature
[1] Elsner, H., Kuhn, K. & Schmitz, M.: Heimische mineralische Rohstoffe – unverzichtbar für Deutschland! Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (2017)
[2] Schiffers, A.: Technische und wirtschaftliche Aspekte der Goldaufbereitung in Kieswerken, Schriftenreihe zur Aufbereitung und Veredlung (2009) 31, Aachen, Shaker
[3] Clarkson, R.: Gold losses on klondike placer mines – Gold recovery project (Phase I) – Report prepared for the Klondike Placer Miners Association (1989) 61
[4] LGRB: Karte der mineralischen Rohstoffe 1:50.000 - KMR50 – Kiesmächtigkeiten im Oberrheingraben, abgerufen von http://maps.lgrb-bw.de/?app=lgrb&lang=de am 23.04.2019
[5] Poser, C. & Kleinschnitz, M. mit Beiträgen von Bauer, M. & Werner, W.: Erläuterungen zu den Blättern L 7512 Offenburg / L 7514 Oberkirch (Westteil) und L 7712 Lahr im Schwarzwald. – Kt. mineral. Rohstoffe Baden-Württ. 1: 50 000 (2011) Freiburg i. Br.
[6] Lehmann, U.: Gold in sächsischen Kiessandlagerstätten, Glückauf (2010) 146, 11, 560-564
[7] Gutzmer, J., Richter, L., Hennig, S., Petermann, T. & Lehmann, U.: Gold in sächsischen Kies- und Sandlagerstätten, Schriftenreihe des LfULG (2013), Heft 12
[8] Teschner, B., Smith, N. M., Borrillo-Hutter, T., John, Z. Q. & Wong, T. E.: How efficient are they really? A simple testing method of small-scale gold miners’ gravity separation systems, Minerals Engineering (2017), 105, 44–51
[9] Taggart, A.F.: Handbook of mineral dressing ores and industrial minerals, John Wiley & Sons, Inc., New York; Chapmann & Hall Ltd., London (1945)
[10] Patent: Verfahren zur Nebengewinnung von Mineralen hoher Dichte (>3g/cm3) – nachfolgend Schwerminerale genannt –, insbesondere von Seifengold aus im Rohkies enthaltenen Sanden und Schluffen und Anlage, Patent DE102012021317A1 Germany (2014), https://patents.google.com/patent/DE102012021317A1/de