Zentrifugen für den Weltmarkt
Die Siebtechnik GmbH nahm im September 2014 die Fertigstellung ihres neuen Technologiezentrums zum Anlass, der Fachpresse neben der hochmodernen Fertigung für Zentrifugen (Bild 1) auch das neu gestaltete Büro- und Verwaltungsgebäude vorzustellen (Bild 2). Das Neubauprojekt wurde in relativ kurzer Zeit realisiert – 3 Monate Planung und 16 Monate Bauzeit – und ist aus architektonischer Sicht eine gelungene Integration moderner Bausubstanz in den Altbestand (Bild 3). Die neue Montagehalle (Bild 4) auf insgesamt 2800 m² Fläche ist mit einer 500 m² großen Lackiererei ausgestattet. Die Büroräume wurden von ehemals 760 m² auf etwa 2200 m² ausgeweitet. Hier befinden sich auch großzügige Veranstaltungs- und Schulungsräume, in denen das Unternehmen künftig interne und externe Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen anbieten kann.
Vor dem Rundgang durch die neuen Räumlichkeiten informierte die Geschäftsleitung, vertreten durch Christian Steinhaus, Horst Dietschreit und Karl Bongartz (Bild 5), über strategische und technische Neuerungen der Unternehmensgruppe. Weitere Themen waren aktuelle Großprojekte und die zukünftige Ausrichtung der Siebtechnik GmbH.
Strategische Entwicklung des Unternehmens
Die 1922 gegründete Siebtechnik GmbH ist Teil der global agierenden Unternehmensgruppe Stafag, die in ca. 50 Einzelunternehmen etwa 3500 Mitarbeiter beschäftigt. Zur Gruppe zählen u.a. auch die Steinhaus GmbH, die Hein Lehmann GmbH, die Isenmann Siebe GmbH sowie die TEMA Holding NV, die bereits seit den 1920er Jahren als Auslandsvertriebsgesellschaft zur Erschließung neuer Märkte gegründet worden war.
Die Siebtechnik GmbH hat sich innerhalb der Gruppe als innovativer Anbieter insbesondere für hochspezialisierte Sonderlösungen in der Fest-Flüssig-Trennung etabliert mit einem sehr breit gefächerten Produktprogramm an Zentrifugen – einschließlich der größten Zentrifugen, die weltweit im Einsatz sind. Mit diesem Produktprogramm erwirtschaftet das Unternehmen etwa 70 % des Umsatzes; die restlichen 30 % verteilen sich auf den klassischen Fertigungsbereich der Siebmaschinen sowie auf die Fertigung für den Labor- und Beprobungsbereich.
Die aktuelle strategische Entwicklung im Unternehmen ist geprägt durch eine global wachstumsorientierte Investitionspolitik. Neben dem Ausbau am Stammsitz in Mülheim an der Ruhr/Deutschland (Bild 6) realisierte das Unternehmen in den vergangenen drei Jahren den Werksneubau in Wuqing, Tianjin/VR China und den Ausbau des bereits bestehenden Werkes in Cincinnati, Ohio/USA (Bild 7). Hier werden neben Zentrifugen für die Chemie- bzw. Lebensmittelindustrie auch Kohlezentrifugen gefertigt, die weltweit u.a. nach China, Russland oder Afrika geliefert werden. Darüber hinaus gibt es weitere umfangreiche Investitionen der Unternehmensgruppe in neue Produktionsanlagen in Deutschland – Werksausbau des Schwesterunternehmens Isenmann in Karlsruhe, wo Siebböden aus Kunststoff gefertigt werden – und in ein Service-, Reparatur- und Dienstleistungszentrum des Schwesterunternehmens Tema Engineers in Australien.
Im Fokus steht derzeit die Intensivierung der Bearbeitung des russischen Marktes. Nach dem Aufbau von fachlich und sprachlich qualifiziertem Personal liefert das Unternehmen inzwischen bereits kontinuierlich in den USA gefertigte Zentrifugen in die russische Kohleindustrie. Darüber hinaus konnten weitere Aufträge aus dem Bereich der Beprobung von Schüttgut-Materialien gewonnen werden. Im Juli 2014 erfolgte bereits die Auslieferung einer Probenahme-Anlage für Erz nach Russland, ein aktueller Groß-Auftrag mit Liefertermin in 2015 betrifft die Beprobung von Düngemitteln.
Auch die Bergbauindustrie in Südafrika wird von der Siebtechnik GmbH beliefert. In Johannesburg befindet sich mit etwa 1100 Mitarbeitern ein Standort, der für den gesamten englischsprachigen afrikanischen Markt zuständig ist. Der französischsprachige afrikanische Markt wird von Europa aus betreut.
Spezialist für Sonderlösungen
Anfang der 1990er Jahre entschied die Geschäftsführung der Siebtechnik GmbH, sich auf die Fertigung von Zentrifugen für spezielle Sonderlösungen in der Lebensmittel- und Chemieindustrie zu spezialisieren. Entsprechend stand die Neu- und Weiterentwicklung der Zentrifugen, insbesondere deren Anpassung auf spezielle Anwendungen, im Vordergrund. Inzwischen fertigt die Siebtechnik GmbH das weltweit größte Zentrifugenprogramm – mit zehn verschiedenen Zentrifugentypen in zehn verschiedenen Baugrößen mit vielen patentierten Designvarianten sowie den leistungsstärksten Zentrifugen – und hat sich damit als einer der Technologieführer in diesem Bereich etabliert.
Als logische Konsequenz dieser erfolgreichen vergangenen 25 Geschäftsjahre wurden nun der Neubau des Zentrifugen-Technologiezentrums (Bild 8) sowie die Ausweitung des Büro- und Verwaltungsgebäudes realisiert. Ziel war die Zusammenführung und enge Verknüpfung der gesamten Wertschöpfungskette: Von der Entwicklung und Konstruktion, Materialbeschaffung und Fertigung bis hin zu Verkauf und Service – alles ist im eigenen Haus zusammengefasst. Die bis dato teilweise ausgelagerte Produktion wurde ebenfalls am Stammsitz eingegliedert, denn mit dem neuen Technologiezentrum sind die baulichen und technischen Voraussetzungen geschaffen, um selbst die leistungsstärksten Großzentrifugen im eigenen Haus fertigen zu können. Zusätzlich bietet der erweiterte Gebäudekomplex mehr Raum für die interne Kommunikation (Bild 9), um mit kreativem Gedankenaustausch Neuentwicklungen und Produktionsprozesse voranzubringen.
Eine der erfolgreichsten Neuentwicklungen der vergangenen Jahre ist die Schwingzentrifuge HSG 1650 (Bild 10) – nach Angaben des Unternehmens zufolge die leistungsstärkste Zentrifuge der Welt. Diese Zentrifuge wird zur Verarbeitung von grobkörnigen oder leicht zu entwässernden Massengütern, z.B. in der Steinkohlen- oder Kali-Aufbereitung (Bild 11), eingesetzt.
Mammutprojekt in China
Bereits seit 1985 ist die Siebtechnik GmbH in China aktiv und hat 2004 im Joint Venture mit der Tema Holding/Niederlande die Tema Siebtechnik Process Equipment gegründet. Durch einen Großauftrag aus China erhielt die Siebtechnik GmbH einen weiteren Impuls für ihre aktuelle Erfolgsgeschichte. Als der chinesische Kaliproduzent Quinghai Potash Production (QPP) anfragte, ob das Mülheimer Unternehmen Großzentrifugen mit einem Durchsatz von 100 t Pottasche die Stunde liefern könne, sagte die Geschäftsleitung zu und nahm diese Herausforderung an (Bild 12). Die Ingenieure der Siebtechnik GmbH entwickelten innerhalb von 7 Monaten die bis dahin größte Siebschneckenzentrifuge, Typ CX 1500, mit einem Siebkorbdurchmnesser von 1500 mm (Bild 13). Nach erfolgreich absolviertem dreimonatigem Testlauf am Einsatzort nahe der tibetanischen Grenze erfolgte im Frühjahr 2012 der Auftrag für 40 Großzentrifugen im Wert von 20 Mio. €.
Zunächst fehlende Kapazitäten für die Bearbeitung dieses umfangreichen Projekts machte die Siebtechnik GmbH durch die Anmietung einer Produktionshalle bei einem befreundeten Unternehmen sowie die zusätzliche Beschäftigung von bereits pensionierten Mitarbeitern wett. Die „Ehemaligen“ widmeten sich dieser Herausforderung mit großem Engagement, so dass einer fristgerechten Auslieferung im Oktober 2012 nichts entgegen stand. Die Zufriedenheit des Kunden mit der Gesamtabwicklung des Projekts führte im März 2014 zu einem Folgeauftrag von weiteren 20 Großzentrifugen gleichen Typs.
Das Bauprinzip der erfolgreichen Neuentwicklung basiert auf einer bereits 1948 konzipierten horizontalen Siebschneckenzentrifuge, die unter dem Produktnamen CONTURBEX als eine der vielseitigsten Siebzentrifugen für unterschiedlichste Trennaufgaben weiterentwickelt und eingesetzt wurde. Bei der Entwicklung des CX-Modells dieser Baureihe wurde großen Wert auf verfahrenstechnische Effizienz und maschinentechnische Zuverlässigkeit bei hohen Durchsatzleistungen gelegt. Mit einem Minimum an Bauteilen (Bild 14) und vereinfachter Konstruktion sind eine schnelle Wartung bzw. im Bedarfsfall auch der zügige Austausch von einzelnen Komponenten (Bild 15) möglich.
Während der Werksbesichtigung am Fachpressetag (Bild 16) konnten die Pressevertreter einen Blick auf verschiedene Baugruppen werfen (Bild 17 und Bild 18). Zum Teil befanden sich die Anlagen dieser Serie bereits in der Endmontage und erhielten den letzten Schliff, bevor sie nach China verschickt wurden, um bei QPP in Dauerbetrieb zu gehen (Bild 19). Der Auftrag weiterer Großzentrifugen wird erwartet. Um die Wartung und Instandhaltung der Großzentrifugen bei QPP sicherzustellen, beschäftigt die Siebtechnik GmbH einen Mitarbeiter vor Ort.
Die besondere Wirtschaftsbeziehung der Siebtechnik GmbH zu China zeigt sich auch darin, dass etwa 30 bis 40 % der in Deutschland produzierten Zentrifugen für den chinesischen Markt bestimmt sind. Insgesamt befinden sich in China derzeit über 400 Zentrifugen des Unternehmens im Einsatz, daher besteht ein relativ großer Service- und Wartungsbedarf. Aus diesem Grund erweiterte die Siebtechnik GmbH das bereits bestehende Servicecenter und errichtete den 2012 in Betrieb genommenen Werksneubau in Wuqing auf einer Gesamtfläche von 3800 m² (Bild 20). In dem nach neuestem Stand der Fertigungstechnik ausgestatteten Werk produzieren qualifizierte einheimische Mitarbeiter nicht nur verschiedene Anlagenbau- bzw. Ersatzteile für den chinesischen Markt. Das Unternehmen hat hier die Voraussetzung geschaffen, das gesamte Zentrifugenprogramm der Siebtechnik GmbH, insbesondere auch Zentrifugen bis zu 1500 mm Durchmesser, herstellen zu können.
Geschäftsführer Horst Dietschreit ist stolz auf den Erfolg des Unternehmens im Land der aufgehenden Sonne: „Wir bieten unseren Kunden in China einen hervorragenden Service, der auch deutschen Qualitätsrichtlinien entspricht. Besonders wichtig war uns die Ausbildung unserer chinesischen Mitarbeiter – fast noch wichtiger als die Investition in den Maschinenpark. Denn der alleine nutzt nichts, wenn die Mitarbeiter ihn nicht bedienen können.“
Das Unternehmen baut derzeit in China ein großes Netz an Sales-Agenten in den einzelnen Provinzen auf – ebenfalls mit chinesischem Personal. Aktuelle Verkaufserfolge bestätigen diese Strategie der Siebtechnik GmbH auf dem chinesischen Markt. Auch der Produktbereich der automatisierten Probenahmesysteme, die z.B. bei der Beprobung von Export-Kohle während einer Schiffsverladung eingesetzt werden, spielt zunehmend eine größere Rolle. Lieferungen schlüsselfertiger Aufbereitungsanlagen zur Verarbeitung von Primärproben bis hin zur Feinanalyse im Labor mit einem Auftragswert von bis zu 5 Mio. €, kompetent bedient mit qualifiziertem Personal, gehören für die Siebtechnik GmbH zum Tagesgeschäft.
www.siebtechnik-gmbh
Autor: Ulrike Mehl, Redaktion AT MINERAL PROCESSING