Abrasion, Korrosion und Anbackung

Spezifische Herausforderungen in der Sand- und Kiesbranche

S‌ebastian Hofmann ist Vertriebsleiter Deutschland bei REMA TIP TOP und Geschäftsführer von REMA TIP TOP Desdorf bei Köln. Im Interview spricht der Diplom-Ingenieur über die spezifischen Herausforderungen der Sand- und Kiesbranche, die Kunst der Gurtauswahl und der Verschleißschutzgummierungen und staubschluckende Abdeckungen für mehr Umweltschutz.

Herr Hofmann, REMA TIP TOP bezeichnet sich selber unter anderem als „Systemanbieter von Services und Produkten im Bereich der Förder- und Aufbereitungstechnik“. Was heißt das konkret für die Sand- und Kiesbranche?

Sebastian Hofmann: In der Sand- und Kiesbranche sind die zwei zentralen Begriffe für uns Verschleißschutz und Fördergurte. Der Förderprozess lässt sich ganz grob in die fünf Phasen Abbau, Brechen, Transport, Klassifizierung sowie Lagerung und Verladung unterteilen. In jeder Phase können wir den Betreiber des Tagebaus bei den jeweils spezifischen Herausforderungen unterstützen. Da wir von der Gurtproduktion über die Installation der Gurte, des Verschleißschutzes und weiterer Anlagenelemente bis zur Wartung und Betreuung der laufenden Anlage alles aus einer Hand anbieten, kann der Kunde auf unser ganzheitliches und aufeinander abgestimmtes Angebot entlang der Wertschöpfungskette zurückgreifen.

Welche Verbesserungen darf ein Kunde durch den Einsatz von Produkten von REMA TIP TOP konkret erwarten?

Sebastian Hofmann: Da gebe ich gerne ein Beispiel: Ich war kürzlich bei einem Kunden, der mit dem bisher verwendeten Auskleidungsmaterial für seine Materialübergabeschurre eine maximale Nutzungszeit von 12 Wochen erreichen konnte. Nach einer Überprüfung vor Ort haben wir die Schurre mit REMALOX HD75, einer langlebigen Gummi-Keramik-Mischung, ausgekleidet. Die durchschnittliche Nutzungsdauer stieg damit von 12 auf 28 Wochen.

Angefangen bei der Gurtproduktion und -installation: Was gilt es bei der Produktauswahl für Sand und Kies besonders zu beachten?

Sebastian Hofmann: Der erste Schritt ist die Analyse des Kunden, welche Herausforderungen bei ihm individuell anfallen: Ist das Material nass? Backt es leicht an? Ist es extrem trocken und abrasiv? Ist es schwer und rund oder fein und abrasiv? Aus welcher Fallhöhe fällt das Material auf den Gurt? Wenn schweres Material beispielsweise aus einer Höhe von 10 m auf den Gurt fällt, kann es leicht zu einem Durchschlag kommen. Um dem entgegen zu wirken, installieren wir in solchen Fällen rund 10 cm unter dem Gurt Prallbalken, in der Regel aus Polyurethan, welcher die Wucht des Aufpralls abfängt und damit dem Gurt abnimmt. Neben dem Fördergurt gilt es auch das richtige Material für die Seitenführung auszuwählen: Die Bleche links und rechts vom Fördergurt zur Abstützung des Materials können wir je nach Bedarf mit Gummi, Keramik, Kunststoff oder Stahl auskleiden.

Wogegen muss ein Verschleißschutz in der Sand- und Kiesbranche die Anlagenelemente schützen?

Sebastian Hofmann: Beim Verschleißschutz in der Sand- und Kiesbranche geht es primär um drei Problemquellen: Abrasion, Korrosion und Anbackung. Temperatur, bei anderen Materialien ein häufiges Problem, spielt bei uns keine große Rolle. Die Herausforderungen hängen vom zu verarbeitenden Material ab und müssen daher auch in diesem Fall gemeinsam mit dem Kunden analysiert werden. Daraus lässt sich dann ableiten, wie hart und dick das verwendete Gummi sein muss oder ob ein Kompositwerkstoff eingesetzt werden muss. Das wäre in unserer Branche vor allem die optimale Kombination aus Gummi und Keramik: Keramik gegen Reibverschleiß und Gummi als Prallschutz.

Welche Elemente lassen sich typischerweise mit Verschleißschutzmaterialien auskleiden?

Sebastian Hofmann: Wenn wir uns den üblichen Förderprozess anschauen, können wir unsere Verschleißschutzmaterialien fast in jeder Phase sinnvoll zum Einsatz bringen. Ein Brecher beispielsweise hat ein Gehäuse aus Metall, in den das Material eingeführt wird und wo enorme Kräfte herrschen. Die Art des Verschleißschutzes hängt hier wieder vom zu brechenden Material ab. Genauso in Siebmaschinen, auf Rüttelplatten oder in der Klassifizierung. In Deutschland nicht so geläufig ist die Auskleidung von LKW, was international in großen Anlagen viel genutzt wird, um auch hier die Lebensdauer des Materials zu erhöhen.

Auch ein Verschleißschutz ist nicht ewig vor Verschleiß geschützt. Woran erkennt der Kunde, dass ein Austausch nötig werden könnte?

Sebastian Hofmann: Ein Verschleißschutz erhöht die Standzeit des Ursprungsmaterials erheblich, aber auch der Verschleißschutz muss in bestimmten Intervallen erneuert werden. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, bauen wir in einigen unserer Verschleißschutzmaterialien einen zweifarben Verschleißindikator ein. Sobald der Kunde die zweite Farbe, die Signalschicht, sieht, weiß er, dass er die entsprechenden Elemente austauschen muss.

Nach der Installation von Gurten und Verschleißschutz haben Sie auch von Wartung und Betreuung gesprochen. Was umfasst dieser Punkt?

Sebastian Hofmann: Wir lassen den Kunden mit unseren Produkten nicht alleine, weder in der Auswahl noch im laufenden Betrieb. Je nach Service-Vertrag bieten wir unseren Kunden ein Service-Versprechen, das rund um die Uhr gilt. Da die Sand- und Kieswerke selten im australischen Outback stehen, sondern eher vor unserer eigenen Haustür, bedeutet diese Nähe für uns Chance und Herausforderung zugleich: In der Regel sind wir nicht weiter als 100 km vom Kunden entfernt, im Notfall sind wir also nach rund zwei Stunden, eine Stunde Reaktionszeit und eine Stunde Fahrzeit, beim Kunden vor Ort. Diesen Service wissen viele Kunden zu schätzen, denn jede Minute Ausfallzeit kostet Geld.

Sand- und Kieswerke stehen häufig nicht nur sehr nah vor Ihrer Haustür, sondern vor vielen Haustüren. Welche Rolle spielen Verschleißschutzmaterialien bei der Reduktion von Lärm- und Staubemissionen?

Sebastian Hofmann: Ein wichtiges Thema in unserer Branche durch die vermutlich einzigartige Nähe von Werken und Wohngebieten. Viele Beispiele hierfür finden sich entlang der Rheinschiene: Typischerweise liegt auf der einen Rheinseite ein Werk, auf der anderen Seite eine Wohnsiedlung. Wenn wir hier einen Blechtrichter einsetzen und ein Rheinschiff ent- oder beladen, entsteht eine extreme Lärmbelästigung, die auf der anderen Rheinseite deutlich zu hören ist. Hier wurden extra dicke Gummielemente eingesetzt, um die Geräuschemissionen für die Anwohner signifikant zu reduzieren. Gleiches gilt für die Staubbelastung: Mit unseren Produkten können wir quasi eine staubschluckende Einhausung über einen Fördergurt spannen und auch die Staubentwicklung von Materialübergaben lässt sich durch Verschleißschutz deutlich reduzieren. Untersuchungen der Universität Leoben, mit der wir eng zusammenarbeiten, haben gezeigt, dass sich die Staubentwicklung um mehr als 90 % reduzieren lässt, wenn die richtigen Gummierungen eingesetzt werden.

www.rema-tiptop.de

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