Schneidversuchsstand mit Köpfchen
V erschleiß und Energieverbrauch sind Kenngrößen, die die Kosten der Gesteinsgewinnung wesentlich beeinflussen. Bei der heute in immer stärkerem Maße angewandten sprengstofflosen Gewinnung ist es vor allem das Lösen des Gesteins, das dafür verantwortlich ist. Umso verständlicher, dass gerade dieser Vorgang effizient gestaltet werden muss und dazu zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden.
Anlässlich der Konferenz zur sprengstofflosen Gesteinsgewinnung im November vergangenen Jahres (Bericht in der AT 10/2013, S. 18 ff.) hatte die Redaktion der AT MINERALS PROCESSING Gelegenheit, an der TU Bergakademie Freiberg einen Versuchsstand kennen zu lernen, mit dem die Erforschung des material- und energieeffizienten Abbaus von Rohstoffen unter realitätsnahen Bedingungen durchgeführt werden kann. Auf hervorragende Weise gestattet die Versuchsanlage durch Variation der für das Schneiden verantwortlichen Parameter in vielerlei Hinsicht eine Optimierung der Schneidprozesse, wie uns Dipl.-Ing. Wolfgang Gaßner (Bild 1), Institut für Bergbau und Spezialtiefbau (IBS) der TU Bergakademie Freiberg erläuterte.
Beim sprengstofflosen Gewinnen von Gesteinen durch Schneiden erfolgt das Lösen des Nutzgesteins oder auch der darüber liegenden Deckschicht mit Werkzeugen, die an das Material angedrückt und bewegt werden. Der Versuchsstand wurde zur Abklärung aller Vorgänge, die dabei auftreten können, errichtet. Beim Schneiden verursacht das Gestein einen Verschleiß des Werkzeugs, und dadurch sind bestimmte Gesteine für das Schneiden ungeeignet, da die Standzeiten der Werkzeuge zu gering sind. Die Untersuchungen dienen daher neben der genannten Minimierung des spezifischen Energieverbrauchs und der Maximierung der Löseleistung und dem Erreichen einer optimalen Stückigkeit des Haufwerks der Voraussage und Verminderung des Werkzeugverschleißes sowie der Verschiebung der Grenze der Anwendbarkeit zu härteren Gesteinen. Darüber hinaus ist die Reduzierung der Lärm- und Staubemission eine Zielgröße.
2 Schneidversuchsstand
Für die Durchführung der Schneidversuche wurde von der ASW Metallbau GmbH, Naumburg die Sonderhobelmaschine vom Typ HXS 100-50 speziell für diesen Zweck entwickelt und hergestellt.
Der Versuchsstand (Bild 2) besteht aus einem Rahmen, einem feststehenden 2-Holm-Portal mit Support für einen 3D-Messkopf, Laser und Werkzeugträger sowie einem beweglichen Arbeitstisch, auf dem der zu prüfende Gesteinsblock befestigt wird. Die Variablen für einen Versuchsschnitt sind die Geschwindigkeiten des Werkzeugs oder der Gesteinsprobe in x-, y- und z-Richtung sowie die Koordinaten der Schnittspur (Schnitttiefe, und Schnittlinienabstand). Eine Überlagerung der Bewegungen ist möglich, so dass Schnitte mit zusätzlicher Seitenbewegung sowie mit veränderlicher Schnitttiefe möglich sind. Realisierbar sind Schnittgeschwindigkeiten von bis zu 1,5 m/s und Schnitttiefen von bis zu 50 mm, wobei die Kräfte durchaus 50 kN annehmen können.
Die Maschine ist mit modernster Messtechnik ausgerüstet. Durch ein Laserscansystem kann das abgetragene Volumen berechnet werden und eine mühevolle und weniger genaue Erfassung der abgetragenen Gesteinsmasse ist nicht erforderlich. Eine Hochgeschwindigkeitskamera gestattet es, zeitsynchron zu den Messungen bis zu 50 000 Farbbilder pro Sekunde von Schnitten aufzuzeichnen.
Als Schneidwerkzeuge werden Hartmetallmeißel unterschiedlicher Form (Kerb-, Flach- und Rundschaftmeißel) eingesetzt, die mit unterschiedlichem Anstellwinkel (15 bis 90 °) und Drehwinkel (-90 bis 90°) fixiert werden können. Gerade der Verschleiß der Meißel beeinflusst das Schneidergebnis stark, daher ist die Untersuchung dieses Verschleißzustandes (Bild 3) auf die Betriebsparameter Schnitttiefe und Abstand der Spur von großer wissenschaftlicher und praktischer Bedeutung und gehört zum Untersuchungsprogramm des Instituts.
Als Versuchsmaterial wird in der Regel Beton verwendet (Bild 4), aber auch natürliches Gestein findet in speziellen Fällen Anwendung, z.B. Sylvinit aus der Kalilagerstätte Soligorsk in Weißrussland (Bild 5).
Etliche Fragen der Industrie konnten im IBS unter Leitung des Direktors Prof. Dr. Carsten Drebenstedt mit Hilfe des Schneidversuchsstandes beantwortet und Lösungen gefunden werden, beispielsweise im Braunkohlentagebau Gacko in Bosnien-Herzegowina. Bei einem Schaufelradbagger in diesem Tagebau, in dem eine Ton-Mergel-Deckschicht gewonnen werden musste, waren auf Grund der Eigenschaften dieses Materials die Meißel bereits nach 120 h verschlissen. Hier konnte eine Erhöhung der Standzeit durch entsprechende Schneidversuche in Freiberg erzielt werden. Einerseits wurde der optimale Anstellwinkel ermittelt, so dass das Schneiden nunmehr mit der gesamten Schneide und nicht wie vorher nur mit der Schulter erfolgt. Aber auch die Empfehlung, Wolframschmelzcarbid für die Werkzeuge zu verwenden, führte dazu, dass der Schneidkopf völlig erneuert wurde.
Der Schneidversuchsstand des IBS der Bergakademie Freiberg ist ein schönes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis.