Mantelverordnung: Hoffnung – was lange währt, wird gut?
Über 350 Teilnehmer konnte Geschäftsführerin Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH Neuruppin zur Berliner Konferenz „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle“ am 13. Mai in Berlin begrüßen. Hauptthema der zweitägigen Veranstaltung war erneut die Mantelverordnung (MantelV), die die Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung (EBV), die Neufassung der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV), die Änderung der Deponieverordnung (DepV) sowie der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) und deren Harmonisierung zum Ziel hat. Abschließendes – so viel war bereits aus dem Programm ersichtlich – war auch in diesem Jahr leider nicht zu erwarten. Dennoch setzten die Veranstalter vor allem auf die neu gestaltete Podiumsdiskussion mit Fachleuten zu dieser Thematik.
Dr.-Ing. Stephanie Thiel, VIVIS Verlag GmbH Neuruppin und wissenschaftliche Koordinatorin der Konferenz gab in ihrer Einführung nochmals einen kurzen Überblick über die Historie der MantelV und stellte vor allem die Aktivitäten dar, die vor über einem Jahr zur Vollendung des Gesetzeswerkes führen sollten: Bildung der Adhoc-AG im Mai 2018, die nach drei Monaten ein Ergebnis vorlegen sollte, Gründung von zwei Unter- AG’s (BBodSchV/EBSV), Gründung weiterer Unter-Unter-AG’s – die Abstimmungen wurden immer umfangreicher und schwieriger. Inzwischen stehen etwa 300 Änderungsvorschläge zur Diskussion und es wird prophezeit, dass der Abschluss der MantelV noch in diesem Jahr möglich sein sollte. Die Stimmen aus der Recyclingwirtschaft lassen sich so wiedergeben: Besser eine MantelV mit Schwächen, als gar keine.
Mantelverordnung erneut im Fokus
Die Vormittagssitzung der Plenarveranstaltung am ersten Konferenztag war erwartungsgemäß ausschließlich der Mantelverordnung gewidmet und schloss mit der bereits erwähnten Podiumsdiskussion.
Zum Stand der MantelV referierte in diesem Jahr aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Bonn Dr. Gila Merschel, Nachfolgerin von Regierungsdirektor Michael Heugel. Hauptinhalt ihres Referats waren die wesentlichen Kritikpunkte zur Verordnung aus den Vorberatungen zum Bundesratsverfahren. Nach einer kurzen Inhaltsangabe der MantelV und ihrer Historie hob sie den hauptsächlichen bisherigen Kritikpunkt der Verordnung – das Konzept der EBSV – hervor. Dieses beruht nur auf Eluat- und nicht auf Feststoffgrenzwerten. Dadurch werden große Verschiebungen der Abfallströme in Richtung Deponien befürchtet. Klar sei aber das Bekenntnis der Bundesregierung zur MantelV, das im Koalitionsvertrag formuliert ist. In dem Vertrag wird den Ländern auch die Möglichkeit eingeräumt, eine Öffnungsklausel einzuführen. Das gilt allerdings nur für Verfüllungen. Dr. Merschel erläuterte die weitere Vorgehensweise – weitere Befassung des Bundesrates, dabei drei Möglichkeiten: Billigung ohne Änderung, Zustimmung mit Maßgaben und Ablehnung der VO durch den Bundesrat. Für den Fall, dass die MantelV beschlossen wird, tritt sie ein Jahr nach Verkündigung in Kraft, 8 Jahre bestehen Übergangsregelungen für bereits erteilte Verfahren, innerhalb von 4 Jahren erfolgt eine Evaluierung der Auswirkungen des Vollzugs (die Kriterien werden z. Z. erarbeitet).
Zur Bundes-Bodenschutz- und -Altlasten-Verordnung und damit zur Arbeit einer UAG der Adhoc-AG referierte Min. Rat Prof. Dr. Jens Utermann, Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW, Düsseldorf. In dieser AG diskutierten 10 Vertreter der Länder aus den Umweltministerien zu den mehrheitsfähigen und unklaren Anträgen. Im Einzelnen ging er auf strukturelle Änderungen und inhaltliche Änderungen (Begriffsbestimmungen, erweiterter Regelungsumfang zur Vorsorge sowie zur Gefahrenabwehr/Nachsorge, Anforderungen an die Probenahme) ein. Die Arbeiten der UAG BBSchutzV sind seit Juni 2018 abgeschlossen. Sie werden gemeinsam mit den Ergebnissen der UAG EBV (Abschluss II/2019) abschließend in der Adhoc-AG zur MantelV in einer Sondersitzung der Abteilungsleiter der Umweltressorts diskutiert, bevor sie im Bundesrat beraten werden.
Gleichermaßen wichtig waren die Ausführungen von Petra Umlauf-Schülke, ebenfalls Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW, Düsseldorf. Die UAG hatte vor kurzem letztmalig zu den Diskussionspunkten aus der Länderberatung zur EBV getagt. Der Verfahrensstand ist noch nicht abgeschlossen, es gab viele Änderungsvorschläge, viele haben Mehrheiten, viele aber nicht und viele Positionen sind unklar. Die Referentin ging auf einzelne der ca. 260 Änderungsvorschläge ein, die sie drei Bereichen zuordnete: Materielle Bewertungsmaßstäbe (~ 50 %), Vollzugsregelungen sowie Konkretisierungen von Definitionen, Redaktionelles, Sonstiges. Einige Änderungsanträge stellte sie im Detail vor, die sich u. a. auf die Streichung von Materialklassen (z.B. Sonderabfallverbrennungsaschen), aber auch auf ihre Einbauweisen bezogen, auf Recyclingbaustoffe und ihre Nutzungsbeschränkungen sowie auf die Änderung von Mindesteinbaumengen. Weitere Änderungswünsche betrafen die Dokumentations- und Anzeigepflicht sowie die Überwachung, und das Ende der Abfalleigenschaft, um nur einige zu nennen. Die Referentin erhielt viel Lob für ihre offene und ehrliche Darlegung des Standes der EBV, die nahelegte, dass aus abfall- und bodenschutzrechtlicher Sicht die Festlegung von Feststoffgrenzwerten nicht erforderlich ist. Es sind überzogene Anforderungen, die zu einem verminderten Einsatz von Recyclingbaustoffen führen werden, so die einhellige Meinung der Diskussionsredner.
Podiumsdiskussion – Praktische Auswirkungen der Mantelverordnung
Mit einem einem Zitat von Berthold Heuser – „Es gibt zwei Dinge, für die man einen langen Atem braucht: Marathonlauf und Mantelverordnung“ – eröffnete der Moderator der Podiumsdiskussion, der bekannte Journalist Joachim Mahrholdt diese Gesprächsrunde und stellte zunächst die Teilnehmer vor:
Birgit Gehr, Geschäftsführerin (GF), Blues Bay, Logistik Umwelt & Entsorgungs Systeme GmbH, München, Vorstandsvorsitzende Entsorgungsgemeinschaft Bayern e.V. u. Mitglied des Recycling Verbandes Bayern e. V.
Berthold Heuser, Prokurist, REMEX Mineralstoff GmbH, Düsseldorf
Dr.-Ing. Klaus Mesters, GF KM GmbH für Straßenbau und Umwelttechnik, Bochum
Dr. Tilmann Quensell, GF Otto Dörner Kies und Deponien GmbH & Co. KG Hamburg
Dipl.-Ökon. Hans-Joachim Rauen, GF Hermann Rauen GmbH & Co. KG Mühlheim a. d. Ruhr
Michael Weiß, GF Johann Ettengruber GmbH, Dachau
Einleitend stellte der Moderator fest, dass die Herstellung und Akzeptanz von Recyclingprodukten den Teilnehmern naturgemäß als Branchenvertreter der Bereiche Bau, Abbruch und Recycling am Herzen liegt. Sechs Vertreter der gelebten Kreislaufwirtschaft waren um ihre Meinung zur MantelV gefragt, die der Moderator mit einem großen Fragezeichen versah.
Dr. Quensell griff dazu als Vertreter eines Hüttendienstleisters als wichtiges Thema Schlacke auf und vertrat dazu eine klare Meinung: „Schlacke soll in der MantelV geregelt werden. Eine bundeseinheitliche Regelung ist o. k., denn zurzeit besteht wegen der Länderhoheit ein wahrer Flickenteppich. Schlacken (vornehmlich Stahlwerksschlacken) sollten aber aus der MantelV ausgeschlossen werden. Es fallen jährlich 5,5 Mio. t dieses Sekundärrohstoffs an, für die nur ein offener Einbau möglich ist. Wenn das aber untersagt wird, ist für 50 bis 60 % dieses Materials keine Verwertung mehr möglich, sondern nur noch die Deponierung. Damit bekommen auch die Hütten Probleme und gleichzeitig auch die Standorte, denen Existenzprobleme drohen. Hinzu kommt: die vorhandenen Deponien sind begrenzt, Deponierung ist teuer und ein kurzfristiger Deponiebau ist nicht möglich.“
Prokurist Heuser verwies auf die Dringlichkeit der Beendigung von Abstimmungen und Diskussionsrunden. „Es wird höchste Zeit, dass der Marathon endlich ans Ziel kommt. Es geht keinesfalls, dass das Gesetz scheitert“, so sein Plädoyer. Nach ihrer Meinung bezüglich der Wirkung der MantelV auf ein mittelständisches Unternehmen gefragt, stellte GF Birgit Gehr als größten Gewinn die damit verbundene Planungssicherheit heraus. „Die MantelV muss daherkommen. Im Moment existieren große Unsicherheiten. Ich sehe große Chancen, um Gleichheit zu schaffen, eine Gleichwertigkeit in der Umsetzung ist dabei erforderlich.“
Dr. Quensell beklagte die derzeitigen Probleme bei der Vermarktung von Ersatzbaustoffen (EBS), die an der Verunsicherung der Anwender durch die unsägliche Geschichte der MantelV begründet ist. Es müsse klar sein, wie ein EBS aussehen muss, um als Produkt Anwendung zu finden. Er bekräftigte die in der Branche immer wieder geäußerte Forderung, öffentliche und private Auftragnehmer zu verpflichten, Recyclingbaustoffe einzusetzen. „Hamburg wird im nächsten Jahr eine große Baustelle, wohin also mit dem Abbruch? Je länger man wartet, desto größer wird die Unsicherheit“, schloss Dr. Quensell seine Bemerkungen.
GF Weiß stellte die Praxistauglichkeit der MantelV in Frage und konstatierte: „Es wird völlig vergessen, was auf der Baustelle passiert.“ Auch er befürchtet, dass mehr Material deponiert werden muss. Für die Recyclingbaustoffe RC 2 und RC 3 besteht keine Nachfrage. Durch die Einbindung der EBV in die MantelV sollte eigentlich mehr recycelt werden, aber das Gegenteil ist zu befürchten.
Nach dieser Statement-Runde erfolgt ein Aufruf an das Publikum zur Diskussion. Von den zahlreichen Diskussionsrednern seinen einige wenige hier zitiert:
RA Dr. Stede, Umweltberaterin, Landsberg/Lech forderte Qualitätsmerkmale für weniger reine RC-Baustoffe, da bisher für alles > RC 1 kein Markt vorhanden ist. Sie richtete den Appell an die Bundesregierung in § 45 praktisch umsetzbare Regelungen zu formulieren. Sicherheit, vor allem Investitionssicherheit für die Unternehmen sei erforderlich.
Prokurist Heuser erinnerte daran, dass die Wirtschaft in das Prozedere eingebunden ist. Daher ist es auch schwierig, grundlegende Dinge (RC 2 ,RC 3) nach zu justieren. Die Verbände der Recyclingwirtschaft haben einheitliche Vorstellungen und die heißen Recycling fördern. Die MantelV muss kommen, das Lamentieren der Bauwirtschaft sei nicht nachvollziehbar.
Dr.-Ing. Jörg Demmich, Knauf Gips AG, Iphofen wies darauf hin, dass sich die Verbände BDE und BDI einheitlich für die MantelV ausgesprochen haben. Allerdings erscheint die Evaluierungsphase mit 4 Jahren zu lang, zwei Jahre sollten reichen, um zu sehen, welchen Weg die Materialien nehmen.
Dr.-Ing. Heinz-Ulrich Bertram, Ministerialrat a. D., Hildesheim konstatierte: Alle sind für einheitliche Regelungen, aber bei Verfüllung und Investitionssicherheit sieht es ganz anders aus. Und bundeseinheitliche Regelungen sind erforderlich, sonst sind insbesondere in Grenzgebieten Materialverschiebungen vorauszusehen.
In vielen Punkten sind sich die Vertreter der Wirtschaft einig:
Es werden klare Rahmenbedingungen benötigt, keine Abhängigkeit von Einzelentscheidungen der Behörden.
Wenn Recyclingbaustoffe wirklich gewollt sind, ist eine Mussbestimmung erforderlich, d. h. in der MantelV muss die Pflicht für den Einsatz von RC 2-Baustoffen festgeschrieben sein.
Die Industrie braucht die Unterstützung der Politik, es sollten zumindest gesteinsneutrale Ausschreibungen erfolgen, beispielsweise könnte der anteilige Einsatz von RC-Baustoffen fixiert sein.
Gesetzliche Regelungen in den Nachbarländern und Europa
Die Nachmittagssitzung war dieser Thematik gewidmet und begann mit einem Beitrag von Dipl.-Ing. Christian Holzer, Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, Wien/Österreich. Er referierte über Erfahrungen mit der Österreichischen Recycling-Baustoffverordnung und den Vorgaben zu Aushubmaterialien nach dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2017. Nach diesen beiden Direktiven wird die Verwertung von Abfällen aus Bau- und Abbruchtätigkeiten ganzheitlich in Österreich geregelt. Grundsatz ist ein verwertungsorientierter Rückbau, dafür wurde die Ausbildung von rückbaukundigen Sachverständigen eingeführt. Der Referent berichtete über Einzelheiten wie den Problembereich der künstlichen Mineralfasern, RC-Baustoffe mit dem entsprechenden Qualitätssicherungssystem und die Verwertung von Stahlwerksschlacken. Weitere Kernpunkte sind Verwertung vor Ort, Festlegung klarer Rahmenbedingungen, Re-use von Bauteilen, Design for Recycling, Verbundmaterialien und Vorbildwirkung der öffentlichen Hand. Sein Fazit: Recycling ja, aber nicht um jeden Preis.
Mit Erfahrungen aus dem Vollzug und die Auswirkungen auf mineralische Stoffströme beschäftigte sich Dr. phil. nat. Michel B. Monteil, Bundesamt für Umwelt, Ittingen/Schweiz in seinen Ausführungen zur Schweizerischen Verordnung über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (VVEA, 2015, novelliert 01/2019). Zwar besitzt die Schweiz kein Kreislaufwirtschaftsgesetz, aber sie bewegt sich kontinuierlich in Richtung Kreislaufwirtschaft. Dazu zählt u. a. die Einführung der Verwertungspflicht mit einer Übergangsfrist von 10 Jahren. Wie in Deutschland stellen auch in der Schweiz Aushub und Abbruchmaterialien die größte Menge der Abfälle dar. Auf diese ging der Referent im Detail ein, wobei nur etwa 25 % der erforderlichen Baurohstoffe durch Recyclingprodukte gedeckt werden können. Recyclingquoten sind im Baubereich nicht festgelegt, weil oft das ökologische Optimum missachtet wird (100 % Recycling bedeutet oft eine hohe Umweltbelastung). Von zentraler Bedeutung wird zukünftig die Abfallvermeidung sein. Dr. Monteil betonte abschließend, dass sich die Schweizer Abfallwirtschaft auf der Grundlage der VVEA in den nächsten Jahren in eine Ressourcenwirtschaft entwickeln wird. Ein Beispiel dafür zeigte Dr. sc. Elmar Kuhn, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Zürich/Schweiz in seinem Beitrag „Der Kanton Zürich als Rohstofflager der Zukunft“ bezüglich Urban Mining von Bauabfällen. Immerhin fallen im Kanton Zürich 2,7 Mio. t/a Bauabfälle an. Seit 1997 gibt es einen Maßnahmenplan mit den Zielen Ressourcenschonung, Öko- und Energieeffizienz, optimierte Entsorgungssicherheit, Schutz von Umwelt und Bevölkerung. Diese Ziele werden mit maßgeschneiderten Instrumenten zur Verwertung der Bauabfälle, dem Vollzug bei Rück- und Umbau von Hochbauten und bei der Entsorgung von Ausbauasphalt im Tiefbau in Angriff genommen.
Erwähnt werden soll noch der hervorragende Übersichtsvortrag von Prof. Dr.-Ing. Thomas Pretz, RWTH Aachen – „Hochwertiges Recycling in Forschung und Praxis“. Sehr realistisch und kritisch hinterfragte er den Stand des Recyclings im Baubereich: „Downcycling ist nicht gefragt, vielmehr wird hochwertiges Recycling gefordert und erwartet. Dazu gab es zahlreiche blumige Versprechen, aber viele der angebotenen technischen Lösungen sind dann in der Versenkung verschwunden und haben keinen Eingang in den Markt gefunden. Damit ist eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Aber: Gut Ding will Weile haben.“ Prof. Pretz ging auf die Ziele des Recyclings (Substitution von Primärrohstoffen) genauso ein wie auf hochwertiges Recycling durch entsprechenden Rückbau und brachte dafür das Beispiel von RC-Beton. Hier seien seit 15 Jahren technische Lösungen bekannt, durch Normung und Richtlinien sowie Qualitätssicherung mittels Herstellererklärungen geeignete Produkte herstellbar und trotzdem haben sie den Markt nur in geringem Maße durchdrungen. Das läge u. a. an der begrenzten Verfügbarkeit von RC-Rohstoffen für die Erzeugung konstanter Produkte. Auf dem Gebiet der Forschung wird zwar viel geleistet, aber wenig gewürdigt.
Fachspezifische Sektionen
Wie in den vergangenen Veranstaltungen erfolgten die Vorträge des zweiten Konferenztages in vier Parallelveranstaltungen und hatten wissenschaftlich-technische Themen zum Inhalt. Mit insgesamt 39 Vorträgen erwartete die Teilnehmer ein umfangreiches, interessantes Vortragsprogramm in den Sektionen
Rückstände aus der Verbrennung von Abfällen
Nebenprodukte aus der Metallurgie
Bauabfälle
Deponien und Bergversatz
Neben technischen Verfahrensbeschreibungen wurden wissenschaftliche Untersuchungen, Projekte, Erfahrungen mit Genehmigungsverfahren, aber auch Betriebserfahrungen vorgestellt. Nachfolgend werden einige wenige Referate stellvertretend aufgeführt und kurz skizziert.
1 Rückstände aus der Verbrennung von Abfällen
Hauptthema war hier die Ökotoxizität HP 14 (z. B. Dipl.-Chem. Hermann Nordsieck et. al., bifa Umweltinstitut GmbH, Augsburg). Aber auch Waschverfahren für Aschen standen zur Diskussion (z. B. Dr. Jan-Peter Born, N.V. HVC Alkmaar/Niederlande). Möglichkeiten und Grenzen der Nassaufbereitung feiner MVA-Schlacken stellte Jonas Böhnke, M. Sc. Sepro Mineral Systems Corp. Langley/Kalifornien dar, Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Deike, Universität Duisburg Essen behandelte die Frage „Kann die mineralische Fraktion der Feinfraktion der MVA-Schlacke in der Zementindustrie eingesetzt werden?“. Dem Thema Flugaschen waren die Beiträgen von Dr. Stefan Schlumberger, Stiftung ZAR, Hinwil/Schweiz (Metallrückgewinnung aus Flugaschen) und Dipl.-Ing. Saman J. Setoodeh, TU Wien/Österreich (Flugasche als thermodynamischer Energie- und CO2-Speicher) gewidmet.
2 Nebenprodukte aus der Metallurgie
Innovative Verfahren und Verwertungswege für Schlacken aus der Eisen- und Stahlindustrie, Recycling von problematischen Stahlschrotten, Rückgewinnung von kritischen bzw. seltenen Metallen aus Schlacken aber auch das Recycling von metallhaltigen Schlämmen waren Schwerpunktthemen dieser Sektion. Als Beispiel sei genannt: Dr. Alexander Fleischanderl, Primetals Technologies Austria GmbH, Linz/Österreich: „Zukunftsweisende Verfahren und Verwertungswege für Schlacken aus der Eisen- und Stahlindustrie“. Es wurde der Entwicklungsstand der voestalpine-Pilotanlage für die Trockenschlackengranulation zu Hüttensand mit Wärmerückgewinnung sowie einen neuen Prozess zur Herstellung von Zementklinker aus Konverter-Schlacke bei gleichzeitiger Metallrückgewinnung vorgestellt und über die Mobilisierung von hydraulisch aktiven Phasen in LD-Schlacken durch Herstellung von ultrafeinem Material berichtetet. Interessant auch der Beitrag eines Referentenkonsortiums mit Dr. Bert Bult, Purified Metal Company in den Niederlanden und weiteren Autoren der Non Ferrous Küttner GmbH & Co. KG, Essen sowie der RWTH Aachen: „Elegantes Recycling von prekären Stahlschrotten – ein neues Verfahren“. Wegen der großen Mengen an kontaminiertem Stahlschrott (hauptsächlich Asbest, aber auch Hg, Pb, Cd, Dioxine oder PCB) sehen die Forscher das große Potenzial für ein Recycling bei gleichzeitiger Entfernung der Schadstoffe. Die technische Anwendung des Konzeptes dürfte sich wegen der enormen Mengen an kontaminierten Stahlschrott weltweit und dem wachsenden Bedarf, diesen zu verwerten, lohnen.
3 Bauabfälle
Das Spektrum der Themen dieser Sektion war erwartungsgemäß vielschichtig und reichte von Erfahrungen beim Vollzug der Gewerbeabfallverordnung im Baubereich (Dipl.-Ing. Sandra Giern, BDE e. V., Berlin) über die Beurteilung der Asbestfreiheit von Bauabfällen und Baustoffen durch einen einheitlichen rechtsübergreifenden Grenzwert (Dr.-Ing. Jörg Demmich, Knauf Gips KG, Iphofen) und den Umgang mit teerhaltigem Straßenaufbruch (Min. Rat Martin Kneisel, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, Stuttgart) bis hin zum Recycling künstlicher Mineralfasern (Ass. Prof. Dr. rer. nat. Daniel Vollprecht, Montanuniversität Leoben/Österreich). Auf der Grundlage seines reichen Erfahrungsschatzes als Min. Rat des niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und der endlosen Diskussionen um die MantelV konnte man auf die Ausführungen von Dr.-Ing. Heinz-Ulrich Bertram, Hildesheim zum Thema „Verschlafen wir die Zukunft? – Ein Zwischenruf zur Verwertung von mineralischen Abfällen“ sehr gespannt sein. Er setzte sich kritisch mit der bevorstehenden Ersatzbaustoffverordnung (EbV) auseinander und zeigte die vielen Defizite auf, die schon jetzt unweigerlich zu erwarten sind. Auf viele relevante Fragestellungen gibt es keine Antworten und keine Lösungen für aktuelle Probleme bei der Entsorgung mineralischer Rohstoffe und der Verwertung von daraus hergestellten Ersatzbaustoffen. Diese Defizite lassen sich im Bundesratsverfahren zur MantelV nicht mehr heilen. Dr. Bertram konstatiert: „Die Zeit ist bisher nicht genutzt worden, um Lösungen zu erarbeiten und es ist abzusehen, dass die aufgezeigten Lücken zu erheblichen Problemen im Vollzug führen werden und damit erforderliche Investitionen verhindern.
4 Deponien
Der wieder wachsenden Bedeutung von Deponien Rechnung tragend beschäftigten sich in diesem Jahr 10 Vorträge mit dieser Thematik. Unweigerlich wird mit der Verabschiedung der MantelV wieder mehr Deponievolumen benötigt. Bei den langen Planungs- und Bauzeiten müssen Deponien umgestaltet, erweitert oder reaktiviert werden. Folgerichtig wurde einerseits der Deponiebedarf und Kapazitätsausbau besprochen (u. a. Dipl.-Verww. Hartmut Haeming, Interessengemeinschaft InwesD, Köln: „Wie entwickelt sich die Entsorgungssicherheit für mineralische Abfälle mit Blick auf die Deponiesituation in den Bundesländern?“ oder Sabine Haase, Remex Mineralstoff GmbH, BS Köln: „Reaktivierung der stillgelegten DK-II-Deponie Haus Forst“), andererseits der Untertagebau und Bergversatz (z. B. Dipl.-Ing. Susanne Polter Max Aicher Umwelt GmbH. Schkopau: „Versatz mineralischer Reststoffe an den ehemaligen Kaliabbaustätten Bleicherode und Sollstedt“). Prof. Dr. mont. Robert Galler, Montanuniversität Leoben/Österreich stellte die Ergebnisse eines umfangreichen nationalen und eines europäischen Forschungsprojektes zum Thema „Tunnelausbruchmaterial – Abfall oder mineralischer Rohstoff?“ vor.
Im Vortragsblock Deponienachsorge und -rückbau referierte Prof. Dr.-Ing. Gerhard Rettenberger, Ingenieurgruppe RUK GmbH Longuich über die „Passive Entgasung in der Nachsorge vor dem Hintergrund der neuen VDI-Richtlinie und M. Sc. Bastian Küpers, Montanuniversität Leoben/Österreich über den Einsatz sensorgestützter Verfahren im Landfill Mining.
Schlussbemerkungen
Dem Veranstalter und seinem Programmkomitee ist für ein interessantes, ausgewogenes Programm und eine hervorragende Organisation zu danken. Die im vergangenen Jahr eingeführte Einordnung der Podiumsdiskussion in der Vormittagssitzung des ersten Konferenztages hat sich wiederum als äußerst günstig erwiesen, wie sich nicht zuletzt an der Diskussionsfreudigkeit der Podiumsteilnehmer und des Auditoriums zeigte.
Wenngleich die unendliche Geschichte der MantelV noch immer nicht beendet ist, so waren die Aufnahme der Thematik und die ausführliche Darstellung des Standes sowohl von politischer als auch behördlicher Seite, aber auch die Meinung der Vertreter der Wirtschaftsunternehmen für die Teilnehmer sehr informativ.
Insgesamt ist die Berliner Konferenz „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle“ als sehr gelungene Veranstaltung einzuordnen und es bleibt zu hoffen – hier kann man sich nur den Wirtschaftsvertretern der Podiumsdiskussion anschließen – dass im nächsten Jahr über erste Erfahrungen mit der MantelV berichtet wird.
Die meisten der in das Tagungsprogramm aufgenommenen Vorträge sind in „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle 6 – Aschen, Schlacken Stäube und Baurestmassen“, Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH, Neuruppin 2019, ISBN 978-3-944 310-47-3 enthalten.
Die nächste Berliner Konferenz „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle“ findet am 18. und 19. Mai 2020 in Berlin statt.
Autor/Author:
Dr. Brigitte Hoffmann, Consulting, Kreislaufwirtschaft/Umweltschutz, Oberschöna/Germany