ForumMIRO – Branchentreffpunkt der deutschen Gesteinsindustrie, Teil 2
Workshops zu den Themen Kies, Sand und Naturstein
Im Verlauf der Veranstaltung wurden in acht Workshops aktuelle Fragestellungen und Problemlösungen erörtert und dargeboten. Namhafte Fachleute aus Verbänden, wissenschaftlichen Einrichtungen und vor allem der Industrie vertraten als Referenten ihre Meinung und standen in den Diskussionen Rede und Antwort. Bemerkenswert ist, dass das Programm so aufgebaut und bemessen war, dass nach den Vorträgen ausreichend Zeit für einen regen Gedankenaustausch zur Verfügung stand.
Deutschland – reiches Rohstoffland
Moderator Michael Schulz (Bild 7), Hülskens Holding GmbH & Co. KG, Wesel, wies in seiner Einführung darauf hin, dass die vorsorgende Rohstoffsicherung den Bedarfs-prognosen deutlich hinterher hinkt. Deutschland sei zwar ein an metallischen Rohstoffen armes, aber an Baurohstoffen reiches Land. Das aber allein genüge nicht, die Verfügbarkeit derselben muss gewährleistet sein. Die Gesellschaft der Zukunft müsse durch einen schonenden und effizienten Rohstoffabbau gekennzeichnet sein. Gleichzeitig muss das Augenmerk auf die Rohstoffsicherung unter Berücksichtigung des Wirtschaftswachstums gelegt werden. Zwar stellt der Einsatz von Sekundärrohstoffen eine wichtige Säule des Wachstums dar, aber es heißt Augenmaß zu bewahren und keine unrealistischen Annahmen für den Einsatz von Recyclingmaterial zu machen. Irreale Annahmen für die Rohstoffsicherung bedeuten, dass zu wenige Flächen ausgewiesen und mögliche Vorkommen überplant werden müssen. Und das wiederum kann dazu führen, dass Rohstoffe, die eigentlich reichlich vorhanden sind, plötzlich sehr knapp werden.
Die Experten dieses Workshops (Bild 8) folgten im Wesentlichen diesen Kernaussagen. Während Frau Dr. Simone Röhling eine informative Kurzdarstellung der Situation im Bereich Steine und Erden bot und auf die Monografie „Stein- und Erden-Rohstoffe in der Bundesrepublik Deutschland“ des Geozentrums Hannover verwies, gab Prof. Dr. Josef Klostermann einen Einblick in die Dienstleistungen des Geologischen Dienstes NRW. Er betonte die Bedeutung des Abwägens von Rohstoffflächen für die Politik und sprach ein Lob für die mineralische Rohstoffindustrie aus: rd. 30 % der ausgekiesten Flächen sind heute schon Vogelschutzgebiete.
Zur „Ressourceneffizienz zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ sprachen Min. Dir. Dr. Helge Wendenburg aus Sicht des BMU und Min. Dir. Werner Ressing aus Sicht des BMWi. Beide Referenten gingen auf die bevorstehenden Herausforderungen ein – schnelleres Wachstum und steigenden Wohlstand mit geringerem Rohstoffeinsatz zu erreichen. Ressourceneffizienz könne es nur durch Berücksichtigung der Handlungskette Rohstofferzeugung – Produktion – Konsum – Kreislaufwirtschaft geben – so Dr. Wendenburg. Die Wichtigkeit von Rohstoffpartnerschaften z. B. mit China oder der Mongolei stellte Min. Dir. Ressing heraus. Einer Rohstoffsteuer erteilte er eine klare Absage. Im Zusammenhang mit der Europastrategie 2020, in der die Leitlinien für die Ressourceneffizienz der EU festgelegt werden, nannte er drei Thesen zur Ressourcenpolitik:
• Ein Mehr an Ressourceneinsatz bedeutet nicht automatisch ein Weniger an Nachhaltigkeit, denn ein Mehr von heute kann ein Weniger an Ressourceneinsatz von morgen bedeuten.
• Ressourcenindikatoren geben eine Orientierung, sind aber kein Auslöser für politische Maßnahmen.
• Marktorientierten Lösungsansätzen gebührt der Vorrang vor staatlichen Eingriffen.
Mit der Steine- und Erden-Industrie im Zeitalter der Bürgerbeteiligung setzte sich Dr. Paul Páez-Maletz, Quarzwerke GmbH, Frechen, kritisch auseinander. Die Branche leidet zunehmend unter Bürgerprotesten und hat nach wie vor einen Rechtfertigungszwang. Der Referent zeigte eine Strategie auf, wie den Protesten begegnet werden muss: vor allem durch eine fachlich fundierte Arbeit, aber auch durch Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit durch regelmäßige Kontakte zur Politik auf Landes- und Kommunalebene, aber auch Netzwerkarbeit mit lokalen und regionalen Stakeholdern, Optimierung des Kommunikationsverhaltens u. a. Sein Fazit: nur durch Transparenz, die Sammlung von Daten und Add-on-Projekte kann das Bestehen der Branche mittel- und langfristig gesichert werden.
Nach einer lebhaften Diskussion zu Fragen der Nachhaltigkeit wurde an die Referenten die Frage gestellt, ob Deutschland in 50 Jahren noch über Rohstoffe verfügt. Auch wenn jeder davon ausgeht, dass es so sein wird, gab es Einschränkungen, die nachdenklich stimmten: „Wählen Sie die richtige Partei, dann Ja“ oder „Sofern wir dann noch ein Industrieland sind, ja!“.
Die Beiträge in diesem Workshop zeigten, dass auch auf dem Gebiet einer seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten bewährten Technik zur Materialbewegung – sei es Förderung oder Beförderung – viel Innovatives passieren kann. Vor allem der wegen seiner hohen Wirtschaftlichkeit attraktive Bandtransport erfährt Entwicklungen, die das Innovationspotenzial im traditionellen Bereich der Stetigförderung offenbaren. Aber auch bei der diskontinuierlichen Förderungen gibt es Neuheiten, z. B. bei Versionen mit Skw- und Dumperumläufen, die durch neue Motoren mit reduziertem Schadstoffausstoß in Verbindung mit dem gesamten Antriebskonzept nach ersten Einzelerfahrungen Beachtung verdienen. Gesprächspartner in diesem Workshop waren Thomas Jung, Mitteldeutsche Baustoffe GmbH, Petersberg, (Ropecon, nicht nur eine „Luftnummer“), Hans-Jürgen Duensing, ContiTech Transportbandsysteme GmbH, Northeim (Fördergurte „Greentech“ und Technologien), Matthias Heimroth, C. Christophel Maschinenhandel + Vermittlungen GmbH, Lübeck („Telestack“: eine wirtschaftliche Alternative?) und Thomas Stemper, Volvo Construction Equipment, Eskilstuna/Schweden („Neue Motoren – Erste Erfahrungen“).
Hotspots der biologischen Vielfalt
Schutzziele und Rohstoffversorgung mit einander zu verknüpfen, ist seit geraumer Zeit ein Ziel der Gewinnungsindustrie, die damit ihrer ökologischen Verantwortung gerecht werden möchte. Schon heute gibt es zahlreiche stillgelegte Steinbrüche, in denen sich seltene Tier- und Pflanzenarten angesiedelt haben und Populationen entstehen und geeignete Lebensbedingungen für seltene Vertreter aus Fauna und Flora geschaffen werden. Und genau solche Beispiele zeigten die Referenten dieser Gesprächsrunde auf. Dirk Lüngen, Münchner Kies Union GmbH & Co. Sand- und Kieswerke KG, Unterschleißheim, widmete sich z. B. der „Ökologischen Unternehmensplanung ohne Betriebsbeeinträchtigung“. „Artenschutz als Chance“ war das Thema von Jochen Roeder, Heidelberger Cement Technology Center GmbH, Leimen, und Jörg Andreas Krüger, NABU Bundesgeschäftsstelle, Berlin, erläuterte, was unter den genannten Aspekten auf die Unternehmen zukommt.
Unabhängig davon, welches Anlagenkonzept ein Gewinnungsbetrieb anwendet, kommt dem Verfahrensschritt Sieben eine Schlüsselstellung im Hinblick auf die Gesamtwirtschaftlichkeit zu. Das gilt umso mehr, wenn hochwertige Produkte im Sinne von hoher Reinheit und Feinheit bzw. mit engem Körnungsband gewünscht sind. Auch siebschwierige Güter, z. B. feuchte, klebrige oder wickelfähige Materialien stellen hohe Anforderungen an eine effektive Separation. Mit Innovationen auf diesem Gebiet beschäftigten sich Oliver Schüngel, Siebtechnik GmbH Mühlheim/Ruhr, der ein elektronisch gesteuertes Ellipsenschwingsieb vorstellte und Dirk Reibling, Anlagenbau GmbH Günther GmbH, Wartenberg, der das Separieren eines schwer siebfähigen Materials mit dem „Splitter“, einem Spiralwellenseparator für den Körnungsbereich 4 bis 400 mm zeigte. Die Fein- und Feinstsiebung stand im Fokus der Beiträge von Dr. Helfried Gschaider, Binder + Co. AG, Gleisdorf/Österreich (Luftunterstützte Feinklassierung für Füllstoffe bis 63 µm) und Jürgen Witter, Quarzsand GmbH Nudersdorf, Wittenberg (Siebanlage für Material 0 bis 3 mm mit Trennschnitten bei 1 und 2 mm, Anwendung hoher Frequenzen und geringer Amplituden sowie von Sandwich-Siebbelägen, aber auch Feinstkornsiebung mit PU-Siebbelägen mit Spaltweiten von 106 µm für Trocken- und 125 µm für Nasssiebung).
Die Baustoffindustrie als Schlüsselgröße
Eine ausreichende und verbrauchsnahe Verfügbarkeit an mineralischen Rohstoffen wird im Zusammenhang mit der in Angriff genommenen Energiewende eine Schlüsselposition einnehmen. Das trifft sowohl auf die Verkehrsinfrastruktur als auch auf die Strom-Autobahnen und „Nebenstraßen“ der künftigen Energieversorgung zu. Im Workshop verdeutlichten die Referenten (Bild 9), welche Größenordnungen die Vorhaben haben, welcher Baustoffbedarf dafür erforderlich ist und welchen Beitrag die Unternehmen der Baustoffindustrie dazu leisten. Eine der wichtigsten volkswirtschaftlichen Aufgaben ist dabei, die Mobilität sicherzustellen.
Robert Scholl zeigte anhand von Zahlenmaterial, das zurzeit eine höchst unbefriedigende Situation besteht (Fehlbedarf an Investitionsmitteln pro Jahr rd. 2 Mrd. €), aber Lösungswege aufgezeigt sind. Bei einer zukünftigen nahezu Verdoppelung des Güterverkehrs ist es undenkbar, keine weiteren Autobahnen und Brücken zu bauen sowie die vorhandenen auszubauen bzw. zu sanieren.
Frank Dupré ließ ebenfalls keinen Zweifel: ein Ausbau des europäischen Verbundnetzes ist erforderlich. Er zeigte Alternativen für die so problematischen Freileitungen auf wie z. B. Erdkabelverlegung in speziellen Tunneln. Der Einsatz von Ortbeton (Innovationspreis 2005), bei dem keine Bewehrung erforderlich ist, führt zu einem deutlich geringeren Landschaftsverbrauch als die konventionelle Erdkabelverlegung. Wenngleich auch die neuen Technologien nicht ohne Probleme sind, so zeigen die neuen Ansätze doch Gestaltungsspielräume für Perspektiven und den zukünftigen Bedarf an mineralischen Rohstoffen.
Über ein interessantes Projekt berichtete Hartmut Koch-Czech einem kleinen Betrieb für Kalksteinprodukte. Um die Anwendung von Windenergie von den Wetterverhältnissen unabhängig zu machen, musste eine Speichermöglichkeit geschaffen werden. Der Referent schilderte den langen und mühsamen Weg zum Bau eines Pumpspeicherwerkes (PSW) von den ersten konzeptionellen Überlegungen bis hin zur gesellschaftlichen Anerkennung. Nunmehr ist das Planfeststellungsverfahren für 2014 vorgesehen, 2019 soll das PSW in Betrieb gehen.
Eine innovative Vorgehensweise bei der Erstellung eines dreigliedrigen Folgenutzungskonzeptes für eine ehemalige Kieslagerstätte stellte Peter Röhm vor. Ziel war es, die Verträglichkeit von Ökologie und Ökonomie herzustellen. Die Konzeption – ein Photovoltaikpark, ein Wildgehege und eine Ökocamping bzw. Wohnanlage sollte auf einen vorliegenden Rekultivierungsplan, der die Entstehung eines Sees und die Aufforstung der Ufer beinhaltete, aufgesetzt werden. Unter Einbeziehung der Gemeinderäte und mit viel Öffentlichkeitsarbeit gelang es, 2004 den Bebauungsplan zu erstellen, 2006 mit dem Bau der Photovoltaikanlage zu beginnen, die 12/2006 ans Netz ging und 1,2 MW ins Netz speist. Ein schönes Beispiel für die sinnvolle Nutzung ehemaliger Gewinnungsflächen.
Die weiteren Workshops behandelten nicht weniger wichtige Themen, sie sollen aber an dieser Stelle nur genannt werden, ohne auf Einzelheiten einzugehen:
• Deutschland auf dem Weg zur Energiewende
• Datenmanagement im Unternehmen: Lost in Translation
• Kartellrecht: Richtiges Verhalten in Verbänden und Unternehmen.
Die umfangreiche begleitende Fachausstellung bot den Teilnehmern eine weitere Möglichkeit, sich zu informieren, Neuheiten auf dem Markt in Augenschein zu nehmen oder sich zumindest ausführlich erklären zu lassen und zu diskutieren (Bild 10). Knapp 70 Ausstellerfirmen der Gewinnungs-, Förder- und Aufbereitungstechnik waren in Dresden vertreten, darunter so renommierte Unternehmen wie AKW Apparate + Verfahren GmbH, Hirschau, Siebtechnik GmbH, Mühlheim/Ruhr, Liebherr France SAS, Colmar oder die Atlas Copco MT GmbH, Essen. Aber auch kleinere Firmen, Verbände und Consultingunternehmen standen den Besuchern für Auskünfte zur Verfügung.
Nach zwei arbeitsreichen Tagen konnte Prof. Dr. Hahn (Bild 11) eine positive Bilanz sowohl zur Mitgliederversammlung als auch zum Forum einschließlich der Fachausstellung ziehen. In allen vier Blöcken der Workshops wurden Lösungsansätze aufgezeigt, die das Handeln der Branche in den kommenden Jahren bestimmen sollten. Seine Hauptthesen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
• Die Rohstoffsituation ist bekannt, das Recyclingpotenzial kann niemals so groß sein, dass auf den Abbau von Primärrohstoffen verzichtet werden könnte. Im Bereich Umweltschutz haben die Mitgliedsfirmen die Botschaft verstanden und erkannt, dass dafür viel getan werden muss.
• Auf dem Gebiet der Gewinnungs- und Aufbereitungstechnik ist ein Stand erreicht, der keine Quantensprünge mehr erwarten lässt. Trotzdem ist noch genügend Innovationspotenzial vorhanden, das es zu nutzen gilt.
• Die Energiewende bietet für die Unternehmen der Branche eine große Chance, obwohl erhebliche Konfrontationen im Kostenbereich zu erwarten sind. Nur ein Energiemix dürfte eine vernünftige Lösung sein. Chancen für die Unternehmen bestehen durch den Bau eigener Photovoltaikanlagen oder von Pumpspeicherwerken, aber auch durch eine entsprechende Infrastruktur. Alles geht einher mit einer Erhöhung der Kosten.
• Bei der interessanten Thematik Datenmanagement/Kartellrecht gibt es erste Ansätze, aber es muss noch viel getan werden, um der Datenflut Herr zu werden. Kartellrechtsfragen besitzen eine hohe Aktualität, z. B. bei der Problematik der Gemeinschaftsunternehmen. Der Verband achtet aber streng darauf, dass die zulässigen Aspekte eingehalten werden.
Das nächste ForumMIRO findet schon in einem Jahr statt: vom 06. bis 08. November 2013 in Aachen.