„Europe: From Mine to Market“ –
Internationale Rohstoffkonferenz in Dresden

Betrachtungen über die zukünftigen Märkte und die Akteure Europas in der Rohstoffwirtschaft, die ohne Berücksichtigung der Globalisierung heute nicht mehr denkbar sind, Technologietrends und wirtschaftspolitische Entwicklungen, die auch auf die deutsche Rohstoffsicherung Einfluss haben werden, standen auf der Rohstoffkonferenz am 28. und 29. September 2017 in Dresden zur Diskussion. Eingeladen hatten die Minor Metals Trade Association, London (MMTA) und das Geokompetenzzentrum Freiberg e.V., Freiberg/Sachsen (GKZ). Eingebunden wurde das EU-Forschungsvorhaben FAME – Flexible And Mobile Economic Process Technologies.

Dr.-Ing. Wolfgang Reimer, Geschäftsführer des GKZ, begrüßte die über fünfzig Teilnehmer herzlich und beschrieb die heutige Rohstoffsituation mit einem historischen Vergleich: „Agricola hatte für seine Arbeiten vom Bergbau bis zur Gewinnung alles um sich, was er brauchte, heute ist Bergbau ein globales Geschäft“. Umso erfreulicher sei es – auch unter dem Aspekt des „Brexits“ Großbritanniens, dass die Kooperation zwischen MMTA und GKZ so gut funktioniere und er Maria Cox, Geschäftsführerin des MMTA begrüßen könne. Die Konferenz in Dresden sei eine der Maßnahmen, die beide Einrichtungen vereinbart haben, um ihre Mitglieder besser zu vernetzen.

Einführung in die Thematik

Zur Eröffnung des Forums setzte sich Peter Robinson, British Fluorspar Ltd., Derbyshire/Großbritannien kritisch mit der Frage „Gibt es für Europa einen Ausstieg aus dem Bergbau, (einen Prexit – in Anlehnung an den o.g. genannten Ausstieg seines Landes aus der EU)?“ auseinander. Er beklagte, dass von der Politik innerhalb der Europäischen Union sehr wenig für den Bergbau getan wird. Dabei ist die Entwicklung einer nachhaltigen Bergbauindustrie, in die die globalen Forschungsergebnisse einfließen müssen, außerordentlich wichtig. Am Beispiel des bedeutenden Minerals Flussspat, von dem in Europa jährlich 700 000 t verbraucht, aber nur 220 000 t erzeugt werden und somit Importabhängigkeit besteht, leitete der Referent ab, dass Europa im Bergbau zusammenarbeiten muss. Das bezieht sich nicht nur auf die Gewinnung und Vermarktung, sondern ebenso auf die Forschung. Ausführlich berichtete er über die Historie des Abbaus von Flussspat im Peak District in Mittelengland, der 1938 begann – 13 Jahre vor Errichtung des Peak District Nationalparks und heute zum „truckless mining“, d. h. Bergbau ohne Schwerlasttransporte, dafür  Aufbereitung und Verfüllung unter Tage avancierte. Nachhaltiger Bergbau – so zeigt es dieses Beispiel – ermöglicht Erhaltung des Lebensraums für Mensch und Tier trotz Gewinnung, so sein Fazit.

Gewinnung von Kalkstein im Tagebau sowie Renaturierung und Abfallmanagement mit Aufbereitung der Abgänge war ein weiteres Thema seines Beitrags. Abschließend fasste er die wichtigsten Forderungen für eine erfolgreiche nachhaltige europäische Bergbauindustrie zusammen, beispielsweise eine pragmatische Politik, die die Entwicklung und den Abbau von Mineralen innerhalb vernünftiger Zeitrahmen gestattet oder Partnerschaften zwischen Bergbauprojektträgern, örtlichen Gemeinden und Regierung oder die Bildung von örtlichen Communities zur Abwägung der Vorteile und der bergbaulichen Belange.

Mit Begleitmetallen (minor metals) im Bergbau und ihrer Vermarktung beschäftigte sich der Beitrag von John Meyer, SP Angel Corporate Finance LLP, London. „Ihre Zukunft hat gerade erst begonnen!“ so der Autor, der an den Anfang seines Referates viele Fragen stellte: Wer sind die zukünftigen führenden Bergbauunternehmen? Wo sind die zukünftigen Märkte? Welches sind die technologischen Trends?  Wie beeinflusst  das Käuferverhalten die Produktentwicklungen? Welche Bedeutung bekommen die Begleitelemente politisch? Ausgehend von bekannten  Vorgehensweisen zeigte er unter  Einbeziehung von Politik, Wirtschaft, Forschung und Entwicklung Wege zur Verbesserung des Bergbaus auf. Als gravierende Hürde bezeichnete er die unterschiedlichen genehmigungsrechtlichen Abbaubedingungen und damit auch politischen Rahmenbedingungen innerhalb Europas.

Situation bis zur Gewinnung - The upstream picture

Dr. Marco Roscher, Saxore Bergbau GmbH, Freiberg stellte in seinem Referat „Indium – Smarte Technologien für eine smarte Gewinnung“ das sog. Tellerhäuser-Projekt zur Gewinnung von Indium im Erzgebirge als den verborgenen Schatz Europas vor. In der dazugehörigen Zinn-Lagerstätte, die die Reviere Tellerhäuser, Hämmerlein, Pöhla, Antonsthal und Breitenbrunn umfasst, lagern etwa 100 000 t Zinn. Rd. 2000 t Indium sind als Begleitelement enthalten. Der Erzkörper wurde detailliert untersucht und beschrieben. Neben Sn und In weist das Gebiet  auch die beträchtliche Menge von rd. 240 000 t Zn auf. Durch unterschiedliche Methoden wird die Abbauwürdigkeit der Lagerstätte durch das Unternehmen bewertet, auch in Partnerschaft mit anderen Firmen, beispielsweise der Loser Chemie GmbH, Langenweißbach (Untersuchungen zur Lösbarkeit des Erzes). Es wurde ein mögliches Aufbereitungsverfahren für das Revier Hämmerlein vorgestellt und eine Massenbilanz aufgestellt. Das Gesamtpotenzial wird mit 7,56 Mt Erz, davon 1,03 % Sn  (77 900 t), 1,3 % Zn (98 300 t) sowie 63 ppm In ausgewiesen, die Laufzeit der Grube wird auf 21 Jahre geschätzt.

Unter dem Titel „Europas Beitrag zur Gewinnung von Begleitmetallen“ präsentierte Dr. Chris Broadbrent, Direktor von Wardell Armstrong International LLP, Baldhu/Großbritannien das FAME-Projekt, ein europäisches Forschungsvorhaben, das für die Entwicklung flexibler, schneller und ökonomischer Verfahrenstechnologien steht (siehe auch AT Mineral Processing Heft 10/2016, S. 58 ff).

Mit dem spektakulären Titel „SOS Metallurgie – Rettet unsere Metallhütten“ erläuterte Prof. Dr.-Ing. Dr. hc. Markus Reuter, Direktor des Helmholtz Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, Sachsen seine Vorstellungen zur Erhaltung des europäischen metallurgischen Knowhows und zur Integration der Metallurgie in eine nachhaltige Industrie für primäre und sekundäre Rohstoffe. Im Einzelnen ging er auf das  Wesen und die Ziele der Kreislaufwirtschaft,  aber auch Strategien zu einem nachhaltigen Recycling ein. Dabei stellte er die Recyclingfähigkeit von Produkten als Schlüssel für eine vernünftige Kreislaufwirtschaft dar (CEE - Circular Economy Engineering = technisch orientierte Kreislaufwirtschaft). Die Art des Produktes entscheidet über den Recyclingweg: einfaches Schmelzen und Raffinieren (I), Demontage (II) oder Shreddern und Sortieren(III). Es wurden zahlreiche Beispiele und die Grenzen des CEE dargestellt.

Verarbeitung/ Verwertung/Vermarktung -
Downstream Integration

Die Beiträge des zweiten Vortragsblockes beschäftigten sich mit nicht weniger interessanten Themen – der Vermarktung der Produkte. So berichtete Donna Vareha-Welsh, Direktorin Metals Business Unit bei Indium Corporation, Clinton, NY/USA über „ Angebot und Bedarf in einem globalen Markt“. Anhand der Vorgehensweise bei Indium Corporation erläuterte sie, wie ein Unternehmen unter Berücksichtigung der zahlreichen Veränderungen, die am globalen Markt fast täglich passieren, agieren muss, um in diesem Markt bestehen zu können. Als Möglichkeiten zur Steigerung des Verkaufspotenzials von Indium nannte die Referentin die Verminderung der  Indium-Verluste durch ungeeignete Raffinerien, durch Akkumulation von In in den Rückständen der Raffinerien sowie durch Ausbeuteverluste beim Raffinieren und das nicht realisierte Potenzial des EoL-Recyclings (End-of-Life) der Verbrauchsgüter. Neben Mechanismen der Preisgestaltung und die Rolle des Global-Players China gab sie wertvolle Hinweise zu Beschaffungsstrategien und anderen Instrumenten, die dem Unternehmen eine optimale Vermarktungssituation schaffen.

„Wenn Begleitmetalle zu Hauptmetallen werden“ – dazu referierte Charles Swindon, geschäftsführender Direktor des Metallhandelsunternehmens RJH Trading Ltd., London und stellte dies für das 20. Jahrhundert an den Beispielen Wolfram, Nickel, Aluminium, Platin, Kobalt und Vanadium sowie gegenwärtig für Tantal und Indium dar. Auch er ging auf die Bedeutung Chinas bei der Produktion und dem Handel von Metallen mit Blick auf das Jahr 2025 ein, wie z. B. die Steuerung der Vorräte an Begleitmetallen durch das Überangebot im eigenen Lande und die Beherrschung der Preise durch staatliche Ausfuhrverbote. Das allein, aber auch die weltweiten klimatischen Veränderungen drängen nach neuen Technologien für Erzeugnisse, die Begleitmetalle erfordern wie Windkraftanlagen, Solarpanels oder Batterien. Die alten Verhüttungs- und Produktionsverfahren sind überholt und durch „grünere“ Lösungen zu ersetzen und Recycling wird die Zukunft von Begleitmetallen stark beeinflussen.

Einen Ausflug in die Vergangenheit machte Prof. Dr. Ernst Pernicka, Universität Heidelberg mit seinem interessanten Beitrag „Meilensteine der Metallurgie – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft“ und leitete daraus eine Vision für die zukünftige Anwendung der Metallurgie ab.

Bergbau im Erzgebirge live

Einen besonderen Höhepunkt der Veranstaltung stellte die Besichtigung des Besucher-Bergwerks Pöhla im Osterzgebirge dar. In den 1950/60er Jahren entdeckte man hier große Komplex-erzlagerstätten (Skarngesteine mit Uran, Wismut, Zinn, Wolfram, Eisen und Silber vergesellschaftet). Durch die SDAG Wismut wurde hier bis 1989/90 Uranerzbergbau betrieben. Im Jahr 1991 begann die neu gegründete Wismut GmbH die Flutung der Uranerzlagerstätte und führte umfangreiche Sanierungsarbeiten durch. Insbesondere die aus dem Zinnerzabbau stammenden Zinnkammern - in den Jahren 1976/77 als Experimentalabbau aufgefahren – sind beredte Zeugen des Erzbergbaus in dieser Gegend. Geplant ist aber diese Lagerstätte zukünftig tatsächlich zu nutzen, denn diese Skarnlagerstätte ist die größte Zinnlagerstätte Europas (siehe Beitrag von M. Roscher).

Im Dezember 2016 begannen in Pöhla die Bauarbeiten für das neue Bergwerk Pöhla-Globenstein, der kommerzielle Abbau ist voraussichtlich ab 2019 geplant.

Schlussbemerkungen

In seinen Schlussbetrachtungen unterstrich Dr. Chris Broadbrent nochmals die Bedeutung des Bergbaus und der Aufbereitung sowie der Veredlung der Roherze für die Entwicklung Europas: „Seit tausenden Jahren wird Bergbau und Metallverarbeitung betrieben, aber wir brauchen für das 21. Jahrhundert neue intelligente und nachhaltige Gewinnungs- und Verarbeitungsverfahren und Vermarktungsstrukturen, um im globalen Markt bestehen zu können“. Daher sei das FAME-Projekt außerordentlich wichtig. Es wurden Wege zur technischen Verbesserung und Effizienzsteigerung in der Erschließung und Aufbereitung von komplexen Armerzlagerstätten aufgezeigt, die einen nicht geringen Teil der europäischen Ressourcen an Zinn, Wolfram und wichtigen Begleitmetallen ausmachen. Damit habe die Konferenz ihren Zweck erfüllt und dem Veranstalter, aber auch den Referenten sei dafür zu danken.

Autorin/Author:
Dr. Brigitte Hoffmann, Consulting Kreislaufwirtschaft/Umweltschutz, Oberschöna

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