Freiberger Forschende extrahieren aus Abfallstoffen Materialien für die Zukunft

Flüsse und Gräben reinigen und dabei wichtige Rohstoffe für die moderne Industrie und Wirtschaft aufzubereiten, ist das Ziel des neuen Großforschungsprojektes „rECOmine ZauBer“. In dem mit etwa 1 Mio. € vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt erforscht die TU Bergakademie Freiberg gemeinsam mit vier regionalen Firmen bis Ende 2024 neue ökologische und reststofffreie Recyclingtechnologien für Grubenwasser und -schlämme in Sachsen mit vielversprechenden Ansätzen.

Martin Reiber vom Institut für Technische Chemie bei der Sichtung der Schlämme am Roten Graben
© TU Bergakademie Freiberg

Martin Reiber vom Institut für Technische Chemie bei der Sichtung der Schlämme am Roten Graben
© TU Bergakademie Freiberg
Bisher werden Bergbauschlämme und Grubenwasser fast ausschließlich als schadstoffhaltige Abfälle betrachtet. Dabei stecken in ihnen Rohstoffe wie Aluminium, Eisen oder Zink. Diese wollen die Partnerinnen und Partner im Verbundvorhaben extrahieren und die Reststoffe zu nachhaltigen Zukunftsmaterialien weiterverarbeiten.

 

Spülen anstatt Ausbaggern und Deponieren

Als Pilotstandort wurde der Rote Graben in Freiberg ausgewählt. Dort haben es die Forschenden vor allem mit viel eisenhaltigem Wasser und mehr als 13 000 t Schlamm zu tun. Dieser stammt aus Grubenwässern des Freiberger Reviers auf Niveau der Freiberger Mulde oder auch aus Sickerwässern, wie z.B. der alten Halde am Davidschacht. Um die Schlammablagerungen nicht teuer und aufwendig ausbaggern und anschließend auf Deponien entsorgen zu müssen, werden sie einfach in eine Filterpresse gepumpt und entwässert. „Dafür führen wir das Wasser und die Schlämme über mehrere Membranen. Diese filtern die festen Bestandteile ab und entfernen in einem weiteren Schritt enthaltene Schwermetalle“, erklärt Prof. Dr. Martin Bertau vom Institut für Technische Chemie an der TU Bergakademie Freiberg. 

Ein Probekörper des stabilen betonartigen Materials
© TU Bergakademie Freiberg

Ein Probekörper des stabilen betonartigen Materials
© TU Bergakademie Freiberg
Am Ende erhält man sauberes Wasser, was in die Ursprungsgewässer zurückgeführt werden kann. Als weiteres Produkt entsteht noch ein Restschlamm, den die Forschenden auf vorhandene Wertmetalle wie Zink oder Eisen aufarbeiten und dabei letzte noch verbleibende Schadstoffe wie Cadmium oder Arsen herausfiltern. Der feste mineralische Rückstand wird in sogenannte Geopolymere überführt, das sind anorganische Bindemittel mit Eigenschaften, die Zement gleichkommen oder diesen sogar übertreffen. Am Ende entsteht ein stabiles betonartiges Material.

 

Klimafreundliche Beton- oder Zementalternativen als Restprodukt

Die Arbeit mit Geopolymeren ist nicht neu – die Verbindung mit Bergbauschlämmen allerdings schon. „Unser bereits zum Patent angemeldeter Ansatz bietet mit der allein aktuell im Roten Graben in Sachsen geschätzten Menge an Schlamm von 13 000 m³ vielversprechendes Potential für die Entwicklung eines ökonomischen Verfahrens“, erklärt Prof. Dr. Martin Bertau. Immerhin bietet das klimafreundliche Bindemittel ein CO2-Einsparpotential von bis zu 80 % im Gegensatz zur herkömmlichen Betonherstellung und ist zudem hitzestabiler, resistenter gegen Chemikalien und härtet schneller aus als Beton.

 

Demonstrationsanlage überführt Labor- in Realmaßstab

Bisher laufen die Versuche im Labormaßstab. Im nächsten Jahr sollen die entwickelten Technologien dann mit einer neu entstehenden Demonstrationsanlage direkt am Roten Graben in den Realmaßstab überführt werden.

Die erprobten Verfahren lassen sich auch in weiteren Gruben und Wasserlösestollen, sowie zur Altbergbausanierung innerhalb des Erzgebirges anwenden. Für einen Überblick werden die Freiberger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals ein spezielles Grubenschlamm-Kataster erstellen. Und auch überregional bieten die neu entwickelten Recyclingtechnologien aus Freiberg Lösungsansätze für die Behandlung von Braunkohlerevieren, wie beispielsweise in der Lausitz.

 

Gesellschaftliche Akzeptanz schaffen und Nachwuchskräfte anziehen

In die aktive Forschung wollen die Projektpartnerinnen und Projektpartner die Bevölkerung mit einbinden und über bestehende Vorbehalte hinsichtlich des Bergbaus aufklären. „Es ist wichtig zu zeigen, dass wir Themen wie die Bergbaufolgen ernst nehmen und an nachhaltige Lösungen arbeiten und zugleich die Nachwuchskräfte für diese ökologische Herangehensweise direkt in Freiberg ausbilden“, so Prof. Dr. Martin Bertau. Dafür sind unter anderem Ausstellungen und Veranstaltungen mit der terra mineralia sowie Vor-Ort-Führungen und Experimente am Roten Graben geplant.

 

Vier regionale Firmen als Projektpartner beteiligt

Neben der TU Bergakademie Freiberg mit dem Institut für Technische Chemie, dem Institut für Thermische Verfahrenstechnik, Umwelt- und Naturstoffverfahrenstechnik und der terra mineralia sind die INTEC Gesellschaft für Injektionstechnik mbH & Co. KG, die SAXONIA Standortentwicklungs- und -Verwaltungsgesellschaft MBH, die G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft MBH und die Befesa Zinc Freiberg GmbH an dem Verbundvorhaben beteiligt.

 

Förderung

Gefördert wird das Projekt mit knapp dreijähriger Laufzeit (01.01.2022 – 30.11.2024) im Rahmen des Bündnisses rECOmine – RESSOURCENORIENTIERTE UMWELTTECHNOLOGIEN FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT, aus dem Förderprogramm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ mit zirka 1 Mio. € vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen: 03WIR1908A).

www.recomine.de/projekte/projektdetail/zauber

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