Deponiebedarf und das ungenutzte Recyclingpotenzial im Baustoffsektor

Im Gespräch mit bvse-Geschäftsführer Stefan Schmidmeyer wird klar: Die wiederkehrenden Debatten über die Deponieknappheit mineralischer Abfälle dürfen sich nicht nur auf die Schaffung notwendiger neuer Flächen konzentrieren. Diese einseitige Betrachtung greift zu kurz. Schmidmeyer plädiert für einen stärkeren Fokus auf die Kreislaufwirtschaft.

  bvse-Geschäftsführer Stefan Schmidmeyer
© bvse

bvse-Geschäftsführer Stefan Schmidmeyer
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Bundesweit werden immer wieder Debatten um fehlende Deponien für mineralische Abfälle geführt und Forderungen laut, dringend neue Kapazitäten hierfür zu errichten.

Herr Schmidmeyer, wie sehen Sie die Situation?

Schmidmeyer: Ich sehe hier zwei Medaillen-Seiten. Zum einen: Ja, wir brauchen neue Deponien! Aber gleichzeitig deponieren wir riesige Mengen wertvoller Rohstoffe! Bodenaushub und Bauschutt sind wahre Recycling-Schätze. Dank modernster Technologien können unsere Baustoffrecyclingunternehmen diese Materialien in zertifizierten Verfahren aufbereiten und in hochwertige Roh- und Baustoffe verwandeln. Leider wird diese ressourcen- und flächenschonende Möglichkeit immer noch viel zu wenig genutzt.

  Ersatzbaustoff RC-Beton
© bvse

Ersatzbaustoff RC-Beton
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Aber diese Lösung scheint doch naheliegend: Mineralische Abfälle qualitätsorientiert aufbereiten und als Sekundärbaustoffe zurück in den Kreislauf bringen – das reduziert den Bedarf an Deponieflächen!

Warum wird dieses Potenzial dann nicht voll ausgeschöpft?

Schmidmeyer: Ein großes Hindernis ist die mangelnde Akzeptanz für Sekundärbaustoffe. Trotz strenger Qualitätssicherungs- und Zertifizierungsprozesse fehlt es oft an öffentlicher Unterstützung und Akzeptanz für Sekundärbaustoffe. Die öffentliche Hand müsste bei der Beschaffung eine Vorreiterrolle einnehmen, doch das geschieht häufig nicht.

Auch tragen unzureichende Umsetzung und Unsicherheiten hinsichtlich des Abfallendes der Baustoffe zur Skepsis bei privaten und öffentlichen Auftragnehmern bei. Schließlich möchte niemand „Abfall“ verbauen.

Zudem gibt es zu wenige Kapazitäten für die Aufbereitung von Baustellenabfällen und die Genehmigungsverfahren sind langwierig und kompliziert. Jeder ist für Recycling, aber wenn es um die Errichtung von Aufbereitungsanlagen geht, gibt es sofort Widerstand.

Ein weiterer Punkt ist der fehlende politische und ökonomische Wille zur Veränderung. Obwohl wir auf dem Papier eine Kreislaufwirtschaft anstreben, bleibt die praktische Umsetzung oft aus. Alte Geschäftsmodelle, die auf Deponierung und den Abbau von Primärrohstoffen setzen, sind nach wie vor lukrativ. Viele Akteure scheuen sich, ihre Komfortzone zu verlassen und glauben denjenigen, die behaupten, mehr Recycling sei nicht möglich. Diese bequeme Einstellung bremst den Fortschritt und die Entwicklung innovativer Lösungen.

Wie können wir also einen Wandel herbeiführen?

Schmidmeyer: Es ist höchste Zeit, die Weichen für eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft zu stellen! Wir müssen die Akzeptanz für qualitätsgesicherte Sekundärbaustoffe fördern, die Aufbereitungskapazitäten entsprechend ausbauen und den politischen sowie ökonomischen Willen zur Veränderung stärken. Nur so können wir die wertvollen Ressourcen, die in unseren Abfällen stecken, nutzen und gleichzeitig die Umwelt entlasten. Alle Akteure – von der Politik über die Wirtschaft bis hin zur Öffentlichkeit – sind gefordert, sich aktiv für mehr Baustoffrecycling einzusetzen. Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen angehen und eine nachhaltige Zukunft gestalten!

www.bvse.de


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