Lukas Gläser setzt erstmals in Deutschland beim Rohstoffabbau auf Fernsteuerung Cat Command
Gespenstisch – mit diesen Worten postete Aron Witt auf seinem Instagram-Kanal einen Film über den Cat Kettenbagger 395. Der CEO von BuildWitt, einem auf Infrastruktur und Bergbauindustrie spezialisierten Dienstleistungs- und Medienunternehmen, reist um die ganze Welt, um besondere Momente der „Dirt World“, also der schmutzigen Arbeitswelt, wie er sie nennt, festzuhalten. Doch warum spukt es in seinem Film? Die Baumaschine bewegt sich im Steinbruch von Lukas Gläser wie von Geisterhand in Richtung Abbauwand. Hinter dem Steuer: kein Fahrer. Dieser sitzt in einem komfortablen Container in sicherer Entfernung und steuert das 90 Tonnen schwere Flaggschiff remote. Die Firmengruppe Lukas Gläser hat diesen Juli als erster Steinbruch in Deutschland Cat Command von Zeppelin und ihrer Niederlassung Böblingen in Betrieb genommen. Doch das ist nicht die einzige Maschine mit Fernsteuerung, die im Steinbruch läuft: Ein Cat Dozer D6XE wird ebenfalls ferngesteuert bewegt, um die Lagerstätte wieder zu verfüllen.
Rohmaterial wird in den nächsten Jahren auch entlang einer Endabbauwand, also entlang der genehmigten Abbaugrenze, abgebaut werden. Um hierbei die Lagerstätte möglichst vollständig und nachhaltig rückzubauen, ist eine Endabbauwand in fast senkrechter, durchgängiger Höhe der Lagerstättenmächtigkeit von rund 70 m anzustreben. Das ist bislang gemäß DGUV-Vorschrift 29 Paragraf 13 ausgeschlossen. Seit ein paar Wochen ist das nun bei Lukas Gläser laut der BG Bau durch eine Ausnahmegenehmigung erlaubt, weil dank Cat Command eine Gefährdung des Baggerfahrers ausgeschlossen werden kann. Der Fahrer bewegt die Baumaschinen aus sicherem Abstand – eine Gefahr für ihn besteht nicht. Für den Einsatz der Baumaschinentechnik war eine Gefährdungsbeurteilung nötig, wenn der Bagger unterhalb und entlang der Wand arbeitet. „Durch die Fernsteuerung können wir maßgeblich die Sicherheit für den Mitarbeiter verbessern und ihn von dem Gefahrenbereich komplett fernhalten. Schöner Nebeneffekt: Beim Auf- und Absteigen passieren die meisten Unfälle beziehungsweise Stürze, weil Fahrer von ihren Geräten springen und sich beispielsweise den Fuß verdrehen. Auch das Risiko besteht nicht mehr“, so Dr. Peter Antweiler, Prokurist und technischer Leiter der Rohstoffbetriebe der Lukas-Gläser-Gruppe.
Erstmals im Einsatz gesehen hat er auf der steinexpo 2023 einen Cat Kettenbagger 323, der von einer externen Bedienstation in einem Anhänger gegenüber ferngesteuert wurde, ohne dass dabei ein Fahrer in der Kabine saß. „Dass die Inbetriebnahme dann bei uns im Steinbruch im Juli drauf innerhalb so kurzer Zeit erfolgen konnte, war sehr ambitioniert. Aber das haben wir der mutigen Entscheidung der Abteilung Prävention der BG Bau in Berlin zu verdanken, die unserem Antrag bereits nach zwei Monaten stattgegeben hat. Es ist also ein gutes Beispiel für die Anwendung einer effektiven Technologie, die zur Sicherheit beiträgt und uns wiederum erlaubt, Ressourcen der Lagerstätte vollständig zu nutzen und die Fläche im Steinbruch vollumfänglich in Anspruch zu nehmen“, erklärt der Prokurist. Dass es seitens BG Bau grünes Licht für den Einsatz von Cat Command gab, um den Abbau unterhalb der Wand vorzunehmen, lag auch daran, dass es einen Hand-Sender gibt, mit dem die Remote-Verbindung zur Maschine, ob Bagger oder Dozer, getrennt werden kann und auch nur über diesen Sender wiederhergestellt werden kann. Damit kann z. B. der an der Maschine reparierende Mitarbeiter sicher sein, dass sich ohne seine Freigabe die Maschine aus der Ferne nicht in Bewegung setzen wird. Doch das ist nicht die einzige Sicherheitsvorkehrung, die getroffen wurde. Um zu verhindern, dass Personen sich unbewusst den unbemannten Baumaschinen nähern, wenn diese remote arbeiten, wurden Warnhinweisschilder auf dem Gelände angebracht. Im Abbau ist es nicht erlaubt, dass sich Fremdfahrzeuge dort aufhalten, wo der Cat 395 arbeitet. Die Schubraupe ist im Remote-Betrieb nicht im Einsatz, wenn Fremdfahrzeuge im Auffüllbereich fahren. Sie arbeitet im unmittelbaren Gefahrenbereich unterhalb der hohen Endabbauwand zeitversetzt, um einen zu engen Kontakt mit dem Lieferverkehr zu verhindern.
Lukas Gläser hat sich bewusst für eine Steuerung entschieden, die für den kontinuierlichen Datenaustausch auf Funk angewiesen ist. „Wir wollten unsere Mitarbeiter bewusst im Steinbruch halten, damit sie mit den Abbaubedingungen vertraut bleiben“, verdeutlicht der technische Leiter der Rohstoffbetriebe. Drei erfahrene Mitarbeiter, die bereits routiniert im Umgang mit einer Schubraupe und einem Kettenbagger sind, quer durch verschiedene Altersstufen von Anfang 20 bis Anfang 50, hat die Unternehmensgruppe für die Steuerung Cat Command ausgewählt. Wesentliche Anforderung, die an die drei Maschinisten gestellt wurde: Sie sollten Interesse an Remote-Technik aufbringen und sich auf eine neue Form der Maschinensteuerung einlassen. „Die Fahrer müssen unbedingt ein Gefühl für Baumaschinen haben, da sie nicht mehr direkt spüren, wenn sich ihr Gerät zu stark auf eine Seite neigt. Hierfür braucht es einfach Erfahrung, um zu wissen, wie weit man als Maschinist gehen kann, wenn man das Gerät nur über Monitore bewegt“, so Dr. Peter Antweiler. Um den Umgang mit Cat Command zu erlernen und sich die Technik zu eigen zu machen, wurden die drei Mitarbeiter in Málaga, wo Caterpillar seit 1971 sein Demonstration and Learning Center unterhält, von Spezialisten wie Christian Berling, Caterpillar Vertriebsbeauftragter für Cat Command, in den Umgang eingewiesen und geschult.
Mitarbeiter mitnehmen und einbinden, sind Grundvoraussetzungen im Change-Management, damit das Team neue Systeme wie dieses annimmt und akzeptiert. „Unsere Branche hat leider ein Imageproblem. Mit der Fernsteuerung können wir auch junge Menschen begeistern, in einem Steinbruchbetrieb zu arbeiten“, erhofft sich Christoph Kübler, Geschäftsführer von Lukas Gläser, und das war sein Antrieb wiederum, in die Technik zu investieren. Schließlich ist Cat Command bereits die Vorstufe zur selbstfahrenden Baumaschine und dem autonomen Steinbruch. „Mit dem Einstieg in die Fernsteuerung setzen wir ein Signal, dass wir bereit dazu sind und wollen von Anfang an bei der Entwicklung mit dabei sein“, betont Dr. Peter Antweiler.
Die Bedienstation, untergebracht in einem modernen Container außerhalb des Gefahrenbereichs, ist der neue Arbeitsplatz für die Mitarbeiter geworden. Sie hatten ein Mitspracherecht bei der Gestaltung, was auch genutzt wurde. „Die Fenster wurden z. B. abgedunkelt – auf besonderen Wunsch der Maschinisten. Sie wollen keinen Blickkontakt zu ihrem Arbeitsgerät halten, um keinen falschen Eindruck bedingt durch die räumliche Perspektive zu bekommen. Wichtig ist ihnen auch, nicht durch Störeinflüsse von außen abgelenkt zu werden, sondern sich voll auf die Bildschirmanzeigen zu konzentrieren und sich ausschließlich daran zu orientieren“, erklärt der technische Leiter der Rohstoffbetriebe. Vier an der Maschine montierte Kameras sind Standard bei dem Command-Kit. Sie sind nötig, um dem Fahrer auf dem Bildschirm vor ihm einen Echtzeit-Videostream von den Bewegungen der Baumaschine zu liefern.
Auffallend war auch, dass sich die jüngere Generation der Mitarbeiter deutlich schneller und leichter mit dem neuen System vertraut machen konnte. „Die Fahrer müssen die Bewegung des Baggers und Dozers immer noch an den Monitoren als 2D-Anzeige einstufen können. Dafür braucht es ein Gefühl und Grundverständnis, das man nur entwickeln kann, wenn man versteht, wie die Baumaschinen funktionieren und wenn man regelmäßig mit Cat Command arbeitet. Konkret muss sich ein Fahrer an ganz anderen Anhaltspunkten orientieren, wenn er den Löffel des Cat 395 in der Mulde leert“, erklärt Dr. Peter Antweiler.
Aktuell geht es darum, dass sich die Abläufe im Rohstoffbetrieb bei Lukas Gläser festigen, aber auch Empfänger und Sender der Funkfrequenz müssen nachgebessert werden. Noch tritt eine Störung auf. Aktuell befinden sich auch Baukräne auf dem Gelände, die das neue Schotterwerk der Lukas-Gläser-Gruppe errichten. Sie greifen genauso auf eine Funkfrequenz zurück wie Brecher und Bohrgeräte in der Rohstoffgewinnung. „Wir können jedoch ausschließen, dass es hier deswegen zu Störungen kommt, und müssen der Ursache auf den Grund gehen. So ein grundlegend neues Steuersystem muss sich erst einspielen und es war klar, dass es Anlaufschwierigkeiten geben wird. Bei Cat weiß man jedoch, dass so ein System ausgiebig getestet wurde und nur eingeführt wird, wenn es auch funktioniert“, ist Dr. Peter Antweiler überzeugt.