„Weil Substanz entscheidet!“
Vom 06.-08.11.2013 fand im Eurogress Aachen das fünfte ForumMIRO statt. Der veranstaltende Bundesverband Mineralische Rohstoffe (MIRO) begrüßte in diesem Jahr mehr als 450 Teilnehmer (Bild 1) und 60 Aussteller zur Leitveranstaltung der deutschen Gesteinsindustrie. Im Rahmen der Mitgliederversammlung wie auch während der Eröffnung der Veranstaltung zogen die Verantwortlichen eine aktuelle Bilanz zur Gesamtsituation und reflektierten die wirtschaftlichen Aussichten der Branche (Bild 2).
Sämtliche Bestrebungen, die Gewinnung und Produktion von Gesteinsbaustoffen in Deutschland so unattraktiv wie nur möglich zu machen und damit weitgehend einzudämmen, ändern allerdings nichts an der Tatsache, dass die deutsche Bauindustrie Jahr für Jahr für ihre Baumaßnahmen große Mengen an Gesteinskörnungen benötigt. Selbst im eher schwachen Baujahr 2012 wurden ca. 235 Mio. t (-7,1 % geg. 2011) Kies und Sand sowie 211 Mio. t (-7,8 % geg. 2011) Naturstein von den Abnehmern nachgefragt und entsprechend produziert. Hinzuzurechnen sind noch etwa 10,1 Mio. t Quarzkies und -sand, die überwiegend von anderen Industriebereichen (Stahl produzierende und verarbeitende Industrie, Glas- und Keramikindustrie, Chemie, Farbenindustrie uvm.) gebraucht wurden. Diese Mengen werden von der Gesteinsindustrie, die 2012 in Deutschland durch 2235 Kies- und Sand-Werke bzw. Gewinnungsstellen und 910 Steinbrüche repräsentiert wurde, in der jeweils nachgefragten Qualität zumeist bedarfsnah und damit umweltfreundlich zur Verfügung gestellt.
Würde der Gesteinsindustrie in Deutschland aufgrund wirtschaftlicher oder ordnungspolitischer Zwangsjacken die Handlungsgrundlage aber entzogen, könnte das für die gesamte Bautätigkeit in Deutschland unabsehbare Folgen haben, die sich aufgrund der dann fälligen Importe und der damit deutlich steigenden Transportkosten an erster Stelle in immens verteuerten Baupreisen durchpausen würden. Politische Gedankenmodelle ziehen an dieser Stelle regelmäßig den Recycling-Joker. Dieser aber würde nach reiner Faktenlage keinesfalls für ein siegreiches Spiel herhalten können.
MIRO-Präsident Peter Nüdling betonte: „Der Stellenwert der Verwertung mineralischer Baurestmassen und anderer verwertbarer mineralischer Reststoffe wird von der Politik ganz offensichtlich überschätzt. Bereits jetzt liegt deren Recyclingquote in Deutschland bei über 90 %. Dennoch gelingt es bei allen Anstrengungen lediglich etwa 12 % des Gesamtbaustoffbedarfs damit zu decken.“ Hinzu kommt die Frage der Verfügbarkeit. „Nur was an Bausubstanz abgebrochen oder zurückgebaut wird, kommt als Quelle für mineralische Sekundärbaustoffe überhaupt in Frage“, gibt Nüdling zu bedenken. Bestätigt wird seine Aussage durch die aktuelle Erhebung der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau, KWTB, wonach 2010 aus den angefallenen und verwertbaren Massen etwa 65 Mio. t RC-Baustoffe hergestellt werden konnten. Der verbleibende, nicht durch Recycling-Sekundärbaustoffe zu deckende Materialbedarf ist also etwa achtmal so groß. Dieser Fakt stellt klar, dass die Gewinnung mineralischer Rohstoffe unumgänglich ist.
Insgesamt hat sich die Stimmung in der Baustoffindustrie seit Ende 2012 deutlich verbessert. Die befragten Unternehmen schätzen die Geschäftslage gegenwärtig und für die nächsten sechs Monate eher günstig ein. Mit Recht, denn derzeit entwickeln sich darüber hinaus auch die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Jahr 2014 durchaus erfreulich.
Der Slogan des Bundesverbandes der deutschen Gesteinsproduzenten: „...weil Substanz entscheidet!“ war gleichzeitig Motto des ForumMIRO 2013; spiegelt er doch ausdrucksstark den Anspruch der unter dem Dach des Verbandes organisierten Unternehmen wider. Sie sorgen für die bedarfsnahe, pünktliche und qualitätsgerechte Belieferung der Abnehmer mit mineralischen Rohstoffen. Um die Lieferfähigkeit jetzt und später aber auch garantieren zu können, brauchen die Unternehmen der deutschen Gesteinsindustrie Verlässlichkeit bei der Rohstoffsicherung und bei den rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit. Beides ist gegenwärtig vielfach nicht mehr erkennbar. Stattdessen wird den Produzenten der zwingend erforderlichen Gesteinsbaustoffe signalisiert, sie passten nicht ins Bild einer Nachhaltigkeit, die fälschlicherweise als völliger Verzicht auf nicht nachwachsende natürliche Rohstoffe definiert wird. Diese Entwicklungen wurden unter anderem in den Workshops des ForumMIRO 2013 dargestellt und diskutiert.
In der Gesamtsicht bescheinigt die Branche der deutschen und europäischen Politik aus eigener Erfahrung ein erhebliches Maß an Industriefeindlichkeit, die auch durch Prof. Günter Verheugen als einem versierten Kenner der europäischen Politik beim Forum bestätigt wurde. Von 2004 bis 2010 war er selbst EU-Kommissar für Industrie und Unternehmenspolitik sowie stellvertretender Kommissionspräsident, ist seit 2010 Honorarprofessor an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und hielt beim ForumMIRO 2013 den Festvortrag (Bild 3).
Den momentanen Stellenwert der Industriepolitik im europäischen Verwaltungsmoloch schätzte Verheugen als erodiert ein. Habe die gesunde wirtschaftliche Entwicklung der produzierenden Industrie bis vor einigen Jahren noch eine Rolle in der Europäischen Politik gespielt, sei daraus mittlerweile – getrieben vor allem durch Deutschland – Klimapolitik hoch drei geworden. Nach seiner Auffassung schießen auch die ressourcenpolitischen Effizienzziele so weit über die gegebenen Möglichkeiten hinaus, dass sie die gesunde volkswirtschaftliche Entwicklung ausbremsen, statt sie zu fördern. Konjunkturpolitisch reines Gift und wettbewerbsverzerrend sei es, diese Ziele zusätzlich mit einer Rohstoffsteuer, welche die Wettbewerbsfähigkeit einer ganzen Branche infrage stelle, künstlich zu befeuern. Den Tagungsteilnehmern sprach Verheugen damit direkt aus der Seele. Schließlich bedient die Gesteinsbranche nicht den Selbstzweck ihres eigenen Erhalts, sondern eine dringende Nachfrage, die im Übrigen vor allem aus der öffentlichen Hand gesteuert wird. Dennoch entsteht oftmals der Eindruck, dass Rohstoffgewinnung in Brüsseler Kreisen etwas hochgradig „Verbotenes“ ist. „Europa ist und bleibt tatsächlich eine Möglichkeit für die Zukunft, aber erst dann, wenn wir national aus dem, über das wir verfügen, auch wirklich das Beste gemacht haben“, bezog der überzeugte Europäer Verheugen Position.
Doch trotz aller Schwierigkeiten richtete das ForumMIRO den Blick – wie immer – auch nach vorn. Eine Podiumsdiskussion widmete sich intensiv der Frage der Nachwuchsgewinnung, denn im zunehmenden Wettbewerb mit vermeintlich attraktiveren Arbeitgebern muss die Gesteinsindustrie ihre Stärken besser darstellen. Eine Ausbildung in typischen Berufen der Steine- und Erdenindustrie steht gegenwärtig auf der Wunschliste junger Leute nicht unbedingt an erster Stelle. Dabei sind die Berufsbilder speziell für bodenständige junge Menschen spannend und vielfältig, und das Arbeitsumfeld bietet individuelle Entwicklungsmöglichkeiten im Verantwortungsranking. MIRO wird im Ergebnis dieses Veranstaltungsblocks gemeinsam mit den Landesverbänden und den überbetrieblichen Ausbildungszentren den Informationsbedarf definieren, priorisieren und entsprechend handeln.
Vorausschauend bleiben heißt es auch im technischen Bereich der Maschinen- und Geräteentwicklung. Hier fokussierten die Vorträge des Workshops zum Thema „Innovative Technik“ auf ein neu entwickeltes Online-Analyseverfahren, Weiterentwicklungen bei Brech- und Siebtechnik sowie auf wirksame Möglichkeiten zur Abwehr von Kabeldiebstählen. Weitere Themen der Workshops waren u.a. die künftige Rohstoffsicherung, die Zukunft des Bergrechts (Bild 4), Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung, die Ziele und Probleme der Bundeskompensationsverordnung, der Kostenfaktor Energie mit Blick auf mögliche Sparpotenziale sowie der sachliche und positive Umgang mit dem Widerstand betroffener Bürger gegen notwendige Erweiterungsgenehmigungen der Gewinnungsprojekte.
Das hochgradige Spektrum der Wissensangebote und der diskutierten Problemfelder beim ForumMIRO unterstrich einmal mehr die Bedeutung eines funktionierenden sowie vor allem effektiven und lebendigen Verbandes. Die gewählten Themen spiegelten einen wesentlichen Teil des MIRO-Arbeitsspektrums wider und boten gemeinsam mit den Rahmenveranstaltungen eine attraktive Kommunikationsplattform. Die vielfältigen Diskussionen und der Erfahrungsaustausch (Bild 5) während der Veranstaltung lieferten wieder wichtige Impulse und Anregungen für die MIRO-Gremienarbeit. Gerade in der bilateralen Kommunikation wird schließlich deutlich, welche der drängendsten Probleme in der alltäglichen Praxis nach passenden Lösungen verlangen.
Am Vormittag des 07.11.2013 wurden im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten die aktuellen Gewinner des MIRO-Arbeitssicherheitswettbewerbes ausgezeichnet (Bild 6), an dem dieses Mal rund 300 Unternehmen teilgenommen haben. Die von MIRO jährlich erhobene Unfallstatistik mit kombiniertem Arbeitssicherheitswettbewerb liefert das „Messinstrument“ für diese Auszeichnung. Sie ist darüber hinaus ein Motivationsfaktor und dient den in den Unternehmen für die Arbeitssicherheit zuständigen Personen als Handlungshilfe.
Alle geehrten Preisträger haben sich ihren Erfolg mit Umsicht und Aufmerksamkeit erarbeitet. Relevant für den Arbeitssicherheitswettbewerb ist ein errechneter Sicherheitsindex, der als Maßzahl die geleisteten Arbeitsstunden den eingetretenen Unfällen gegenüberstellt. Bei vollständiger Unfallfreiheit werden die geleisteten Arbeitsstunden in das nächste Kalenderjahr als unfallfreie Stunden übertragen, dem Betrieb also gutgeschrieben. Kleinere Mitgliedswerke, die oftmals über Jahre unfallfrei arbeiten, haben somit unter weitgehender Ausräumung von Zufallsergebnissen gleichfalls die Chance, in die Prämierung einbezogen zu werden. In jedem Jahr werden, jeweils getrennt nach Naturstein sowie Kies/Sand, sechs Urkunden (1 x in Gold, 2 x in Silber und 3 x in Bronze) vergeben. Neben diesen sechs Preisträgern werden Mitgliedsunternehmen ausgezeichnet, die eine Unfallfreiheit über drei, fünf oder sieben Jahre nachweisen können. Hiermit sollen insbesondere kleinere Mitgliedsunternehmen für besondere Leistungen ausgezeichnet und zur Teilnahme am Wettbewerb motiviert werden. Gerade solche Unternehmen arbeiten oftmals mehrere Jahre unfallfrei, gelangen aber aufgrund der nur sehr geringen Stundenzahl selten in Medaillenrang. Gleichwohl ist in diesen Betrieben ein hohes Arbeitsschutzniveau vorhanden, das damit auch öffentlichkeitswirksam gewürdigt werden kann.
Während der Abendveranstaltung am 07.11.2013 im Krönungssaal des Aachener Rathauses ehrte Peter Nüdling die ausscheidenden Vorstandsmitglieder Michael Schulz, Heiko Dallmann, Werner Schmeer, Elmar Kirchhoff und Dr. Paul Páez-Maletz (Bild 7), und dankte ihnen für die aktive Mitbestimmung und Mitgestaltung der Verbandsgeschicke. Michael Schulz wurde außerdem in Würdigung und in Anerkennung seiner besonderen Verdienste um die deutsche Gesteinsindustrie zum Ehrenmitglied des MIRO-Präsidiums ernannt.
Da die steinexpo in Nieder-Ofleiden vom 03.-06.09.2014 das von MIRO unterstützte Branchen-Großereignis des kommenden Jahres sein wird, findet das nächste ForumMIRO erst wieder im Herbst 2015 statt. Ort und Termin werden rechtzeitig bekannt gegeben.
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