Abgrabungsmonitoring: Verlässliche Daten für Restreichweiten einzelner Rohstoffgruppen

Mit dem sogenannten Abgrabungsmonitoring wird in Nordrhein-Westfalen eine jährliche Quantifizierung der jeweils vorhandenen planerischen Restreichweiten für einzelne Rohstoffgruppen vorgenommen. Aktuell steht eine Erweiterung an. Neben dem bereits laufenden Monitoring für Lockergesteinsrohstoffe soll die bestehende Methodik auch an Festgesteinsrohstoffe angepasst werden. Wie bedeutsam dieses Thema für die Praxis ist, und wo es nachzubessern gilt, zeigte ein erster vom Verband der Roh- und Baustoffindustrie, vero, organisierter Workshop am 15. März 2017 in Dortmund.

Probleme und Möglichkeiten anzusprechen, um gemeinsam mit dem Geologischen Dienst (GD) NRW Lösungsansätze und Verbesserungen bei den Ergebnissen des Abgrabungsmonitorings zu erarbeiten, war Ziel der mit über 60 Teilnehmern bis auf den letzten Platz ausgebuchten Veranstaltung. Bereits in der Vergangenheit hatte es kleinere Diskussionsrunden zum Thema gegeben. Nun ging es mit gebündelter Fachexpertise im Rahmen des Workshops um die Annäherung zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Demzufolge stand nicht nur die Erweiterung auf Festgestein in der Diskussion, sondern vor allem eine realitätsbezogene Änderung bei den Lockergesteinen Sand und Kies. Nach der Begrüßung durch Raimo Benger (Hauptgeschäftsführer vero) und Dr. Ulrich Pahlke (Direktor des Geologischen Dienstes NRW), stellten Dr. Volker Wrede (Geschäftsbereichsleiter angewandte Geowissenschaften GD) und Ingo Schäfer (GD/Fachbereich 32) Methodik und bisherige Erfahrungen mit dem Abgrabungsmonitoring vor.

Ansätze des Abgrabungsmonitorings

Für das Monitoring werden die Daten der Rohstoffkarte von NRW, der Monitoringflächen (also Bereiche für die Sicherung und Gewinnung oberflächennaher Bodenschätze, BSAB und genehmigte Flächen) sowie Orthofotos aus Befliegungen genutzt, um Verbreitung und Mächtigkeit der Lockergesteinsrohstoffe zu erfassen. Für die Bedarfserhebung wird das jährliche Mittel der letzten sechs Jahre als Orientierung für die nächsten drei Jahre angesetzt. Sie werden für einzelne Rohstoffgruppen getrennt nach Planungsbereichen erhoben und in jährlichen Berichten veröffentlicht.

Das Abgrabungsmonitoring zeigt auch, dass Flächen mit Rohstoffvorkommen vielfach Regelungen des Natur-, Landschafts- und Wasserschutzes unterliegen. Abzüglich dieser Gebiete können etwa 30 % der Rohstoffvorkommen auch als tatsächlich nutzbares Potenzial NRWs betrachtet werden. Laut Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen sind Bereiche für die Sicherung und Gewinnung oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) im Fall von Lockergesteinen für einen Versorgungszeitraum von mindestens 20 Jahren und für Festgesteine von mindestens 35 Jahren festzulegen. Im Rahmen des Monitorings wird der Gewinnungsfortschritt erfasst sowie die verbliebene Versorgungssituation per Landesrohstoffkarte bewertet.

Reichweiten sind realistisch zu bewerten

Auf der Karte und im Bericht stimmt alles. Doch wie stellt sich die Situation in der Praxis dar? Aus der Perspektive von Unternehmen benannte Christian Grolig (vero) wesentliche Problem-Punkte des Abgrabungsmonitorings. Demnach sind die Reichweiten der Versorgungssicherheit unrealistisch lang und deutlich zu optimistisch beziffert. Gerade unter Berücksichtigung der momentan deutlich gestiegenen Nachfrage legte er die Einplanung von Zuschlägen mit „Pufferwirkung“ für NRW nahe, über deren Umfang Einigkeit hergestellt werden muss. Auch plädierte er dafür, ungenutzte BSAB zu ermitteln und regte eine Diskussion über „neue“ Planungsinstrumente zur Reichweitenanpassung an. Unter dem Druck des von Unternehmen bemängelten, weil zu geringen Vorlaufs, muss die Suche nach einer Übergangslösung für die Änderung der Versorgungszeiträume (LEP alt zu LEP neu) prioritär betrachtet werden.

Zu den dargestellten Diskrepanzen gesellt sich das Problem von Lagerstättenverlusten, denn das Monitoring betrachtet nicht die qualitativen Kriterien der gewinnbaren Rohstoffe, sondern lediglich deren Mächtigkeiten. Ein „Schönheitsfehler“ der ebenso behoben werden muss, wie eine Neuregelung der Befliegung zur exakten Datenermittlung in kürzeren Takten. Vergleiche mit anderen Regionen, beispielsweise Rheinhessen, zeigen, dass gangbare Wege bestehen: Dort nämlich puffert die Regionalplanung gesetzte Mengenzielwerte zur Risikoabsicherung mit Mengenzuschlägen.

Praktische Erfahrungen ernst nehmen

Die anschließende Diskussion verdeutlichte, welche Befürchtungen sich mit einer verbesserungswürdigen Rohstoffvorsorge verknüpfen. So beschrieben Unternehmer die brisanten Folgen von Planungsunsicherheiten. Es gilt also, zeitnah alles zu tun, was gemeinsam getan werden kann. Das bedeutet auch, dass gelieferte Unternehmensdaten in künftige Bewertungen einfließen müssen. Ausgewiesene Bereiche für die Sicherung und Gewinnung oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) verdienen eine kritische Überprüfung und Bewertung der Lagerstättenverhältnisse, in deren Ergebnis qualitativ ungeeignete Vor­kommen aus der Vorratsberechnung entfernt werden müssen. Denn da diese Flächen als Restvolumen gelten, verlängern sie trotz „Nichteignung“ künstlich die Reichweite.

Ein eindeutiger Wunsch der Unternehmer an den Geologischen Dienst bestand darin, nicht allein das Rohstoffvolumen zum Gradmesser der Rohstoffsicherung in Korrelation zur Bedarfsprognose zu machen. Nur bei gleichzeitiger Betrachtung der Rohstoffqualität entsteht ein zuverlässiger Indikator für die Vorratssituation im Verlauf der nächsten Jahrzehnte. Deshalb, ein Teilnehmer formulierte es deutlich, müssten den Hochrechnungen, die momentan nur die Geschwindigkeit der Gewinnung berücksichtigen, tatsächliche Absatzzahlen als verlässliches Maß für die nutzbaren Vorräte und eine Qualitätsbetrachtung der aktiven Lagerstätten entgegengesetzt werden. Ein Punkt, an dem für einen tatsächlichen Konsens mit dem GD noch gearbeitet werden muss.

Wenn trotz aller Meinungsverschiedenheiten aber, wie es in diesem Workshop zu beobachten war, ein guter und respektvoller Austausch stattfindet, beweist das Größe. Beide Seiten werden, auch was den Datenaustausch für belastbare Lagerstättenbewertungen angeht, im Dialog bleiben. Am Ende des Prozesses, für den der Workshop einen Meilenstein setzte, muss ein langfristiges Rohstoffsicherungskonzept stehen, das die ­Investitionen der Unternehmen rechtfertigt und eine sichere Versorgung der regionalen Abnehmer auch in den nächsten Jahrzehnten garantiert. Gegenseitiges Vertrauen dafür herzustellen und Misstrauen durch Offenheit abzubauen, muss ein erster Schritt sein. Der Workshop hat den Grundstein dafür gelegt. Jetzt geht es an die zukunftsorientierte Arbeit, zu der beide Seiten etwas beitragen müssen.

Dass ein offener Dialog zum Erfolg führt zeigt, dass die vero-Hauptgeschäftsführung im Dialog mit der Landesregierung, Gewerkschaften und Umweltverbänden erreichen konnte, dass FFH- und Vogelschutz- sowie Wasserschutzgebiete im Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen nicht als Tabugebiete aufgenommen wurden, was in der ersten Entwurfsfassung des Planes noch vorgesehen war. Hiermit ist der Weg offen für eine Rohstoffgewinnung auch in diesen Bereichen im Einklang mit der Natur.

www.vero-baustoffe.de

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