Umzug mit Erweiterung der geschäftlichen Aktivitäten – die neue HEM
Haver Engineering (HEM) ist von ihrer Gründungsstadt Meißen nach 8 Jahren in die Universitätsstadt Freiberg umgezogen und hat mit diesem Schritt auch ihre geschäftlichen Aktivitäten erweitert“, erklärt Dr. Stephan Hüwel, Geschäftsführer der HEM.
Ausgelöst durch die enge Zusammenarbeit zwischen der Technischen Universität Bergakademie Freiberg und HEM fand 2015 der Umzug von Meißen nach Freiberg in die Halsbrücker Straße statt. „Für uns ist es schön, dass wir nun ein Umfeld haben, in dem wir auch räumlich nah an der Universität sind und zusätzlich leicht mit anderen lokalen Unternehmen aus der Branche in Kontakt kommen. Auch für unsere Kunden ist das ganz angenehm, weil die Wege zwischen Meißen und Freiberg entfallen“, erläutert Dr. Hüwel.
Die Verbindung zur TU war von Anfang an sehr eng, denn der Schwerpunkt von HEM ist auf die Entwicklung von Prozessen und Technologien für die Aufbereitung mineralischer Rohstoffe ausgelegt. Seit 2009 ist HEM ein anerkanntes An-Institut der TU Bergakademie Freiberg, wodurch die Zusammenarbeit zwischen beiden Häusern eine besondere Intensität bekommen hat. Beispielsweise werden im Rahmen von Diplom-, Bachelor- und Masterarbeiten sowie von Dissertationen wirtschaftsnahe Themenstellungen von HEM aus dem Bereich der Aufbereitungstechnik untersucht. HEM führt Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in gemeinsamen Technikumseinrichtungen durch und engagiert sich mit ihren Experten in der Hochschullehre sowie der praxisnahen Ausbildung von Studierenden.
HEM ist ein Tochterunternehmen von HAVER & BOECKER OHG, die ihren Hauptsitz im gut 500 km entfernten westfälischen Oelde hat. Das familiengeführte Mittelstandsunternehmen feierte 2012 sein 125-jähriges Jubiläum und hat weltweit rund 2900 Mitarbeiter. HAVER & BOECKER vereint insgesamt 50 Tochtergesellschaften und mehr als 150 Vertretungen. Eine dieser Tochtergesellschaften ist Haver Engineering. Die Redaktion der AT MINERAL PROCESSING nahm den Umzug zum Anlass, mehr über HEM und deren geschäftlichen Tätigkeiten zu erfahren und traf sich mit den Mitarbeitern von HEM: Dr. Stephan Hüwel, Dr.-Ing. Hagen Müller und Dipl.-Ing. Jan P. Lampke.
AT: Welchen Aufgabenbereich hat die HEM bisher abgedeckt?
Dr. Stephan Hüwel: HEM ist Spezialist für Forschungsvorhaben in einem sehr frühen Stadium der Wertschöpfungskette. Deshalb betreten wir bei vielen Aufgabenstellungen Neuland – im Wesentlichen auf dem Gebiet des Pelletierens und des Waschens. Mittlerweile haben wir in auf diesen Gebieten viele Jahre Erfahrung sammeln können und für unsere Kunden eine Vielzahl von Lösungen entwickelt. Am Anfang eines Projekts steht oft die Prozessauslegung. Besonders bei neuen Ausgangsmaterialien oder noch neuen Prozessen sind gerade zu Beginn noch viele Fragen zu klären, Versuche zu machen und die Machbarkeit nachzuweisen. Der Kunde kann hierbei von umfangreichen Erfahrungen der HEM-Experten mit unterschiedlichen Stoffen aus verschiedenen Branchen profitieren. Unsere Kunden bekommen beispielsweise eine Prozessauslegung, Angaben zu Materialflüssen, den einzusetzenden Maschinen und den erzeugten Produkten.
Mittlerweile betreiben wir gemeinsam mit der TU ein sehr gut ausgestattetes Technikum mit einer großen Bandbreite an Untersuchungsmöglichkeiten, was das Equipment und die Analytik anbelangt. Wenn bei der Lösungsfindung fachbereichsübergreifende Kooperationen innerhalb der Universität notwendig sind, hilft uns der Status als An-Institut sehr.
Aber das ist uns nicht genug - wir wollen noch mehr erreichen und wir können das auch!
AT: Mit wie vielen Mitarbeitern wird dieses vielfältige Aufgabenspektrum abgedeckt?
Dr. Stephan Hüwel: Wir sind sechs Mitarbeiter. Das hört sich wenig an, ist aber relativ, denn wir können auf die Unterstützung der Universität zählen. Gerade in der Forschung ist die TU ein verlässlicher Partner mit großem Know-how und einer Vielzahl von Untersuchungsmöglichkeiten. Die Arbeit als An-Institut garantiert eine wissenschaftliche Herangehensweise an Fragestellungen - jedoch immer mit einem ganz klaren Fokus auf Unternehmensanwendungen. Dies macht den Unterschied zur akademischen Grundlagenforschung aus, die auf den reinen Erwerb von neuem Wissen ausgerichtet ist.
AT: Was bedeutet die Neuausrichtung der HEM?
Dr. Stephan Hüwel: Ich möchte nicht von einer Neuausrichtung, sondern von einer Erweiterung der geschäftlichen Aktivitäten sprechen. Wir werden den bisherigen Bereich Forschung und Entwicklung um zwei weitere ergänzen: Die Vermittlung des erworbenen Wissens in Form von Seminaren und Schulungen ist der Kern des Bereichs Aus- und Weiterbildung. Für diesen Geschäftszweig hat Dipl.-Ing. Jan P. Lampke die Verantwortung übernommen. Als dritter Bereich kommt das Betreiben von Anlagen hinzu. Wenn wir schon neue Prozesse entwickeln und die Prozesse dazu auslegen, dann können wir dem Kunden auch das Betreiben der neuen Anlage für eine bestimmte Zeit anbieten. Denn wir haben nicht nur das Equipment, sondern auch das Wissen für einen optimalen Betrieb. Für diesen Geschäftszweig hat Dr.-Ing. Hagen Müller die Verantwortung übernommen.
AT: Was umfasst denn Ihre Aufgabe?
Dipl.-Ing. Jan P. Lampke: Ich bin davon überzeugt, dass Motivation, das stetige Aneignen von Fachwissen und das lebenslange Lernen bei Mitarbeitern zentrale Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens sind. Deshalb werde ich diesen neuen Geschäftszweig konsequent ausbauen.
AT: Handelt es sich bei der Aus- und Weiterbildung nur um Mitarbeiter von Haver & Boecker?
Dipl.-Ing. Jan P. Lampke: Nein. Es gibt aber dennoch eine Seminarreihe, die auf die Weiterbildung von internen Vertriebs- und Projektingenieuren zielt, die nicht in der Aufbereitungstechnik ausgebildet sind. Wir vermitteln hier allgemeine Aufbereitungsgrundlagen und Know-how in speziellen Prozessen.
Der Fokus unserer Seminare ist aber auf die Aus- und Weiterbildung externer Teilnehmer ausgerichtet. Wir haben schon einige Seminare und Schulungen für Kunden durchgeführt. Die sehr guten Rückmeldungen haben uns ermutigt, diese Aktivitäten auszubauen und zu intensivieren. Für unsere Kunden und andere Unternehmen aus der Branche bieten wir Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern, von Ingenieuren oder von Aufbereitungstechnikern an.
AT: Wie organisieren Sie gerade auch die externen Seminare? Werden sie auch international angeboten?
Dipl.-Ing. Jan P. Lampke: Diese Seminare und Fortbildungsmaßnahmen bieten wir nicht nur in Freiberg, sondern weltweit in gut etablierten Einrichtungen und selbstverständlich auch bei Kunden an. Wir ergänzen unsere eigenen Referenten manchmal durch Experten vor Ort. Wir führen diese Seminare in uns bekannten und ausgewählten Forschungseinrichtungen durch – das sind bspw. Hochschulen, Forschungseinrichtungen oder sonstige Bildungszentren, mit denen wir auch schon Geschäftsbeziehungen unterhalten. Eine weitere Möglichkeit sind Seminare direkt beim Kunden, wenn Teams zu speziellen Fragen geschult werden sollen. Oder wenn beispielsweise Abteilungen aus verschiedenen Unternehmensbereichen zusammengelegt werden. In speziell auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittenen Maßnahmen trainieren wir seine Fachabteilungen und bringen sie auf den neuesten Stand der Technik. Die ganze Bandbreite dieser Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen ist seit Anfang 2014 fester Bestandteil unserer Angebotspalette.
AT: Inwieweit ist diese neue geschäftliche Aktivität schon in der Praxis angekommen?
Dr. Stephan Hüwel: Wie Herr Lampke schon kurz erwähnt hat, haben wir solche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen bereits durchgeführt. Sowohl intern für unsere eigenen Mitarbeiter als auch extern für Kunden. In beiden Fällen können wir bereits auf Erfahrungen zurückblicken, ohne dass wir dafür einen eigenen Geschäftszeig etabliert hatten. Dass wir diesen Schritt nun gehen, ist ein klares Bekenntnis zum Ausbau dieser Aktivität! Denn wir glauben, dass das kontinuierliche Lernen im Beruf zu einer festen Inhaltskomponente für moderne Arbeitsplätze wird – eigentlich schon geworden ist. Hier setzen wir mit unserer Erfahrung und unserem Know-how an.
AT: Zusätzlich zur Forschung und Entwicklung?
Dr. Stephan Hüwel: Ganz genau. Der Bereich Forschung und Entwicklung war immer schon – und wird es in Zukunft genauso sein – die Quelle unseres Wissens und unserer Erfahrung, die wir in Form von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen weitergeben.
Es gibt aber noch einen dritten Bereich, der sich zu einem neuen Geschäftszweig entwickelt: das sind Betreibermodelle. Unsere Muttergesellschaft HAVER & BOECKER pflegt seit Jahrzehnten sehr gute Kontakte zu den Kunden und genießt ihr Vertrauen. Hierdurch beziehen uns einige Kunden in ihre eigenen Zukunftsgedanken mit ein. So konnten wir feststellen, dass der Bedarf aus der Industrie nach Betreibermodellen größer wird und als eine Variante einer guten Kunden-Lieferantenbeziehung angesehen wird. An dieser Stelle kommt HEM wieder ins Spiel. Wir etablieren für alle Geschäftsbereiche von HAVER & BOECKER geeignete Betreibermodelle. Diese Aufgabe hat Dr.-Ing. Hagen Müller übernommen, weil er sich bereits seit einiger Zeit mit diesem Thema beschäftigt hat und schon Betreibermodelle für eine Anlage zum Reinigen von Rohstoffen entwickelt hat.
AT: Was versteht man eigentlich unter einem Betreibermodell?
Dr.-Ing. Hagen Müller: Eine präzise Definition von Betreibermodellen gibt es nicht. Sie sind so vielfältig und variantenreich wie es Geschäftsmodelle gibt. Trotzdem finden sich bestimmte Elemente immer wieder. Zu einem Betreibermodell gehören verschiedene Phasen: die Prozessauslegung, die Konfiguration der Anlage, der Bau und die Installation der Anlage, die Inbetriebnahme und der Betrieb und nicht zuletzt die Frage des Eigentumsübergang sind immer wiederkehrende Bestandteile. Sie müssen aber nicht immer alle ausgeprägt sein. Das hängt davon ab, ob ein neuer Prozess bzw. ein neues Verfahren zur Anwendung kommt oder ob wir uns in etablierten Industrien bewegen. Zurück zu Ihrer Kernfrage: unter einem Betreibermodell verstehen wir den Bau und den Betrieb einer Anlage sowie den Transfer von Anlage und Wissen auf den Kunden. Und nun wird auch deutlich, warum HEM genau richtig ausgerichtet ist, um sich mit dem Thema Betreibermodelle zu befassen. Sie etabliert durch Forschung und Entwicklung neue Prozesse und legt Anlagen aus. Sie bringt also die besten Voraussetzungen für den Betrieb einer Anlage mit: Wissen! Und somit bilden die drei Geschäftszweige von HEM eine ideale Kombination.
AT: Es wäre eine Möglichkeit, dass der Kunde die Maschine kauft und sagt, ich möchte sie aber nicht selber betreiben, können Ihre Mitarbeiter das übernehmen?
Dr.-Ing. Hagen Müller: Das ist eine Möglichkeit. In den meisten Fällen wird es sich um eine komplette Anlage handeln, die einen Prozess oder einen Prozessschritt ermöglicht. In manchen Fällen ist dieser Prozess neu für den Kunden. Dann ist es vielleicht sogar sinnvoll, wenn der Experte – in diesem Fall HEM – den Betrieb der Anlage für einen bestimmten Zeitraum übernimmt. In dieser Zeit kann der Kunde erwarten, dass die Anlage gut läuft, die Leistung optimal eingestellt ist, die Verfügbarkeit hoch ist und auch noch sein eigenes Personal durch die Experten geschult wird. Somit hat der Kunde ein erheblich reduziertes Risiko zu tragen und kann nach einem vorher definierten Zeitraum die Anlage auch ohne externe Unterstützung selbst betreiben.
AT: Bedeutet das, dass ein Mitarbeiter von H&B ständig vor Ort ist?
Dr.-Ing. Hagen Müller: Ja, es ist ständig eigenes Personal vor Ort. Ob das ein Mitarbeiter von HAVER & BOECKER ist oder von einer eigenen Betreibergesellschaft, ist projektabhängig. Weil die Anforderungen der Kunden sehr verschieden sind und weil zudem die Branchen, in denen wir aktiv sind, auch noch verschieden sind und unterschiedliche Geschäftsmodelle aufweisen, müssen die Betreibermodelle individuell ausgearbeitet werden. In jedem Fall wird eine Anlage dann von Fachpersonal betrieben, das exakt für den Prozess ausgebildet und geschult wurde.
AT: Und HEM hat sich da jetzt so richtig „fit gemacht“?
Dr. Stephan Hüwel: Ja, natürlich. Wir sorgen dafür, dass wir das notwendige Wissen zu allen Aspekten eines Betreibermodells bei uns bündeln. Nachdem wir nun schon ein paar Modelle entwickelt und durchgerechnet haben, sind viele Voraussetzungen bereits erfüllt, so dass wir interessierten Kunden konkrete Angebote machen können.
AT: Gibt es schon Beispiele für die Umsetzung eines Betreibermodells durch die HEM?
Dr. Stephan Hüwel: Wir haben bisher noch kein Betreibermodell umgesetzt. Es gibt schon Kunden, es gibt schon Projekte, und es gibt auch schon Beispiele aus unterschiedlichen Branchen. Die Modelle sind durchgerechnet und wir stimmen sie gerade mit den Kunden ab. Ich rechne mit einer Umsetzung im ersten Quartal 2016.
AT: Das heißt die Nachfrage dafür gibt es, die muss man nicht erst generieren?
Dr. Stephan Hüwel: Das Interesse ist vorhanden. Das Produkt Betreibermodell ist aber noch nicht so sehr bekannt und in unseren Branchen deshalb nicht weit verbreitet. Wichtig ist es jetzt, loszulegen und über diese neue Variante einer Geschäftsbeziehung zu berichten.
AT: Wird dann auch die Mitarbeiterzahl zunehmen, wenn HEM zusätzliche Aufgaben übernimmt?
Dr. Stephan Hüwel: HEM wird zunächst mit dem Stammpersonal die neuen Aufgaben bearbeiten. Wir erwarten in den kommenden zwei Jahren einen Zuwachs an geschäftlicher Aktivität. Und mit wachsendem Erfolg wird sich HEM den Aufgaben und den Anforderungen anpassen.
AT: Und diese Angebote für die Betreibermodelle gibt es dann weltweit und für alle Bereiche, die H&B abdeckt?
Dr. Stephan Hüwel: Ja, für alle Märkte und Industrien, in denen HAVER & BOECKER aktiv ist und über fundierte Erfahrungen verfügt.
AT: Was ist denn der Vorteil an einem Betreibermodell?
Dr. Stephan Hüwel: Die Vorteile eines Betreibermodells liegen auf beiden Seiten: beim Kunden und beim Lieferanten. Der Kunde kann durch ein auf ihn zugeschnittenes Betreibermodell die finanziellen Hürden und Risiken einer Investition abmildern. Weiterhin kann er einen Prozess mit maximaler Effizienz betreiben sowie Ausfallzeiten auf ein Minimum reduzieren, wodurch der Ertrag der Anlage gesteigert werden kann. Durch ein Betreibermodell verlagert der Kunde die Betriebsrisiken, denn er bezahlt nur für verarbeitete Tonnage. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass Kunden durch Betreibermodelle der Zugang zu komplexen Technologien erleichtert bzw. erst ermöglicht wird, denn er vermeidet das Problem, von Anfang an gut ausgebildetes Personal verfügbar haben zu müssen. Der Kunde kann sich für alles mehr Zeit lassen und die Anlage erst zu einem Zeitpunkt in die eigene Verantwortung nehmen, zu dem der Prozess optimal läuft, Erfahrung vorliegt und das eigene Personal ausgebildet ist. Der Lieferant hat ebenfalls ein Menge Vorteile auf seiner Seite. Betreibermodelle ermöglichen ihm, neue und komplexe Technologien besser in den Markt zu bringen, die Investitionshürden für Kunden deutlich zu reduzieren und in neue Märkte zu expandieren. Außerdem kommt ein Lieferant mit solchen Modellen den gestiegenen Anforderungen von Kunden besser entgegen. Nicht zuletzt ist zu erwarten, dass man sich vom Wettbewerb positiv absetzen und Umsatzsteigerungen durch den Ausbau neuer Geschäftsfelder generieren kann.
AT: Also wäre es auch denkbar, wenn man in ein neues Geschäftsfeld einsteigen möchte, das über 3 bis 5 Jahre in Form eines Betreibermodells zu realisieren und, wenn es dann gut läuft, sagt: okay, ich kaufe mir die Anlage jetzt?
Dr. Stephan Hüwel: Die Frage enthält zwei Aspekte: den zeitlichen Betrieb einer Anlage und den Kauf einer Anlage. Beide Punkte werden vor der Vertragsunterzeichnung geregelt. Die Erfahrung besagt, dass von Anfang an der Übergang der Anlage in den Besitz des Kunden fester Bestandteil des Betreibermodells ist. Wann dieser Übergang stattfindet – ob ein Kunde die Anlage sofort kauft oder least oder am Ende der Betreiberphase zu einem vorher festgelegten Pries übernimmt – ist eine Frage der Vertragsgestaltung. Das Betreiben soll zeitlich befristet bleiben. Zudem ist es Ziel, das Personal des Kunden zu schulen und auf den Prozess auszubilden. Der Betreiber zieht sich immer nach einer gewissen Zeit zurück. Wie sich erkennen lässt, sind verschiedene Varianten möglich und werden auf die Bedürfnisse des Kunden individuell zugeschnitten und mit ihm gemeinsam festgelegt. Wir sind in diesem Punkt flexibel, weil wir mit unserer Muttergesellschaft im Rücken agieren können.
AT: Welche speziellen Fachkenntnisse muss man denn mitbringen, um solche Betreibermodelle erstellen zu können?
Dr.-Ing. Hagen Müller: Erst einmal müssen wir das Wissen sammeln, was in der ganzen Gruppe, in den verschiedenen Bereichen schon vorhanden ist. Für die Betreibermodelle sind zum einen die Stoffkenntnisse wichtig, um die Anlage auslegen zu können, und zum anderen die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse, weil das Modell über einen langen Zeitraum kalkuliert werden muss und die regionalen rechtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen sind.
AT: Das heißt, Sie übernehmen nur Prozesse, bei denen Sie abschätzen können, dass Ihnen das Betreiben auch gelingt?
Dr.-Ing. Hagen Müller: Das ist unser Ansatz. Die Risikoanalyse ist die Entscheidungsgrundlage für die weiteren Schritte und Überlegungen. Wir können auf 128 Jahre Erfahrung bei HAVER & BOECKER zurückblicken. Wir haben eine breite Palette von Maschinen im Sortiment und reichlich Erfahrung mit der optimalen Gestaltung von Prozessen in unterschiedlichen Branchen und Industrien. In den uns bekannten Bereichen sind wir gut und können sichere Betreibermodelle anbieten. Was außerhalb unseres Kernbereichs ist, das müssen wir uns sehr genau ansehen.
AT: Können Sie eine Wichtung der einzelnen Bereiche vornehmen?
Dr. Stephan Hüwel: Gemessen am Umsatzvolumen ist der Bereich Betreibermodelle am größten. Ich möchte aber betonen, dass uns alle drei Bereiche wichtig sind, weil sie miteinander verwoben sind. Wissen ist unsere Grundlage, auf der die Bereiche Aus- und Weiterbildung sowie Betreibermodell aufbauen.
AT: Wann soll denn dieser Umstrukturierungsprozess in Freiberg abgeschlossen sein?
Dr. Stephan Hüwel: Für die Etablierung dieser drei Geschäftszweige haben wir uns ein Zeitziel von drei Jahren gesetzt – also bis Ende 2017. Wir haben einen Geschäftsplan mit Zielen und Maßnahmen aufgestellt und konnten in den ersten Monaten dieses Jahres die Vorbereitungen zur Umsetzung abschließen.