Grundlage des Einsatzes und der Entwicklung von Technologien und Maschinen (Teil 2.1)
Zusammenfassung: Die geologischen Merkmale der Steinkohlenlagerstätte des Ruhrgebietes werden als Beispiel zur Charakterisierung einer komplex aufgebauten Lagerstätte vorgestellt. Die Merkmale werden durch Sedimentgesteinsschichten und unterschiedlich inkohlte Steinkohlenflöze sowie durch Elemente der einengenden Tektonik (Sättel, Mulden, Falten, Überschiebungen) und der dehnenden Bruchtektonik (Gräben, Horste, Störungen) bestimmt. Die Flöze mit ihren sehr unterschiedlichen geometrischen und stofflichen Merkmalen (Teufen, Flözdicken, flächige Flözerstreckungen, Flözneigungen, Lithotypen) erforderten in der Vergangenheit stetige Neu- und Weiterentwicklungen der Bergbautechnologie und Maschinentechnik, um einen Abbau der Steinkohlen mit Unterstützung von Subventionen zu rechtfertigen. Trotz eines seit über 700 Jahren währenden und Oktober 2018 ausgelaufenen Bergbaus enthält die Lagerstätte noch erhebliche Vorräte, die im Weltmaßstab jedoch eher bescheiden sind. Diese dennoch für Deutschland strategischen Vorräte lassen sich in Zukunft nur wirtschaftlich heben, wenn neue Technologien entwickelt werden.
Im ersten Teil dieser Abhandlung [47] wurde eine Systematik der Charakterisierung von Lagerstätten auf der Grundlage geologischer Körper und ihrer Merkmale vorgestellt. Diese dient als Basis zur Auswahl, Dimensionierung, Konstruktion und Entwicklung von Maschinen und Anlagen für den Bergbau sowie für die Gewinnung und Aufbereitung von Rohstoffen.
Im weiteren Teil dieser Abhandlung soll beispielhaft eine hinsichtlich ihrer Charakterisierung komplexe Lagerstätte, die Steinkohlenlagerstätte des Ruhrgebietes, vorgestellt werden.
4 Steinkohlenvorkommen des Ruhrgebietes
Von Irland bis nach Russland bildeten sich in Europa im geologischen Zeitalter des Karbons bedeutende Steinkohlenvorkommen. (Bild 1) Sie ermöglichten in vielen Ländern die industrielle Entwicklung, wie beispielsweise in Großbritannien, Frankreich, Belgien oder Deutschland, und sind bis heute das industrielle Rückgrat vieler Volkswirtschaften, so in Polen oder in der Ukraine.
Die Steinkohlenvorkommen des Ruhrgebietes stellen die bedeutendste Lagerstätte Deutschlands dar, da sie aufgrund ihrer Größe und Vielfalt an Kohlenarten zahlreiche Rohstoffe für die chemische, metallurgische und energetische Grundstoffindustrie lieferte. Der komplizierte geologische Aufbau stellte jedoch besondere Herausforderungen an Prozesse und Maschinen und regte so in der Vergangenheit viele technische Entwicklungen an.
Im Ruhrgebiet liegen weitere Lagerstätten, im nordwestlichen Teil Kali- und Steinsalzlagerstätten sowie am nordöstlichen Übergang zum Münsterland Strontianitvorkommen. Diese und die historisch für die Entwicklung der Eisen- und Stahlindustrie bedeutenden Eisenerzvorkommen und die noch beträchtlichen Blei- und Zinkerzlagerstätten sollen aber im Rahmen dieser Abhandlung nicht vorgestellt werden. Bergbaulich werden heute nur noch die Steinsalzlagerstätten genutzt. Das Bergwerk Borth fördert Steinsalz der Werra-Folge aus der Zechsteinformation.
Die Ableitung der geologischen Merkmale der Steinkohlenlagerstätte des Ruhrbeckens wird durch das Verständnis ihrer Genese ermöglicht. Deshalb soll zunächst die Entstehung der Lagerstätte ihrer geologischen Charakterisierung durch Merkmale vorangestellt werden. Das Ruhrgebiet im engeren Sinne stellt allerdings nur eine Teilfläche des Ruhrbeckens dar.
4.1 Steinkohlenvorkommen des Ruhrbeckens
Nördlich des Rheinischen Schiefergebirges lagern bis unter die Nordsee kohlenführende Karbonschichten. Am Rand des Gebirges streichen die Kohlenflöze aus. Nach Norden fallen sie unter einem immer mächtiger werdenden Deckgebirge ein.
Innerhalb dieses Gebietes erstreckt sich das Ruhrkohlenbecken im Süden vom Nordrand des Rheinischen Schiefergebirges, wo die Flöze häufig oberflächlich ausstreichen und an einigen Stellen im Tal der namensgebenden Ruhr anstehen, bis nördlich der Lippe, wo diese Schichten in über 1000 m Teufe lagern. In Ost-West-Richtung begrenzen zwei Strukturen, das Lippstädter und das Krefelder Gewölbe, das Ruhrkohlenbecken (Bild 2).
4.1.1 Genese
Die Bildung der Kohlen erfolgte im Oberkarbon. Nur das komplexe Zusammenwirken verschiedener Prozesse und Effekte in der Litho-, Hydro-, Atmo- und Biosphäre vor, während und nach dem Zeitalter des Oberkarbons ermöglichte die Entstehung, Ansammlung und Erhaltung großer Mengen von Biomasse – insbesondere aus Pflanzen bestehend – in Mooren, aus der durch geologische, physikalische, chemische und biologische Prozesse letztendlich die Steinkohlen entstanden [9, 10, 14, 16, 26, 31, 33, 37, 38, 50].
4.1.1.1 Prä- und synkarbonische Lithosphärenentwicklung
Das Gebiet des heutigen Ruhrgebietes lag während des Paläozoikums zwischen den Kontinenten Laurussia und Gondwana. Im Zeitalter des Silurs waren zunächst die Kontinente Laurussia im Norden und Gondwana im Süden sowie die dazwischen liegenden, vorher von Gondwana abgespalteten Mikroplatten, der Terrankomplex Armorika und der Terran Avalonia, durch Meere getrennt. Während des oberen Silurs und Devons schlossen sich die dazwischen liegenden Ozeane durch die Bewegung der Mikroplatten und Gondwanas nach Norden. Zunächst dockte am Ende des Silurs Avalonia an Laurussia und schließlich im Karbon Armorika und Gondwana (Bild 3). Zusammen mit anderen kontinentalen Platten bildeten sie im Karbon und Perm den Superkontinent Pangäa. Bei diesen Plattenbewegungen kam es zu Subduktionen, Verformungen, Auf- und Überschiebungen von Plattenteilen sowie zur Bildung von Störungen und Vulkanismus.
Bei der Konvergenzbewegung von Gondwana und Laurussia entstand das variszische Gebirge. Die variszische Orogenese umfasste dabei das Gebiet zwischen dem Südrand Laurussias und dem Nordrand Gondwanas einschließlich der dazwischen liegenden Mikroplatten Avalonia und Armorika. Die Orogenese führte schließlich im Oberkarbon zu der Entstehung eines Hochgebirges im Gebiet des heutigen Rheinischen Schiefergebirges (Teil der Rhenoherzynischen Zone) und einer sich nördlich angrenzenden subvariszischen Saumsenke, die Teil einer größeren Beckenstruktur war, die bis zum Südrand des heutigen Skandinaviens und Schottlands reichte. Das Ruhrbecken bildete einen Teil dieser Saumsenke. Es entstand im vorgelagerten Küstengebiet des nördlichen Randes des variszischen Orogens (Bild 4) .
Durch Abtragung des variszischen Gebirges und Füllung der Saumsenke mit klastischen Sedimenten entstand ein viele tausend Meter dickes Molassebecken, dessen Last es weiter absinken ließ (Bild 5). Während des Absenkungsvorgangs des Beckens konnten temporär Moore entstehen, deren Biomasse Ausgangsprodukt der Kohle wurde. Die anschließende Überdeckung mit Wasser und Sedimenten verhinderte den Abbau der Biomasse und verursachte mit weiterer Absenkung des sich füllenden Troges die Inkohlung durch steigende Drücke und Temperaturen.
4.1.1.2 Karbonische Atmosphären- und Biosphärenentwicklung
Im Laufe des Devons breiteten sich die Pflanzen auf dem Land aus, und Bäume entwickelten sich. Das Gebiet des heutigen Ruhrgebietes lag auf der Südhalbkugel und wanderte zur Zeit des Karbons weiter nach Norden, in die Nähe des Äquators. Das Klima wurde feucht-heiß, tropisch. Riesige tropische Wälder aus hauptsächlich Farnpflanzen (Bärlappgewächse, Schachtelhalme, Farne) konnten sich insbesondere im Küstenbereich ausbreiten [12, 33]. Damit einher gingen eine stark ansteigende Photosynthese und Silikatverwitterung, so dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre sank. Kohlendioxyd und somit Kohlenstoff wurden im großen Umfang als Biomasse und damit schließlich als Kohle sowie beim Aufbau von tierischen Skeletten und Schalen und so letztlich als Karbonatgestein gebunden. Die klimatischen Bedingungen im Karbon waren also nicht nur durch die geographische Lage, sondern auch durch den starken Anstieg des Sauerstoffs in der Atmosphäre, der auf einen historischen Höchstwert von über 35 % anstieg, sowie durch das nahezu vollständige Verschwinden des Kohlendioxyds geprägt [31] (Bild 6).
In der Folge kam es aufgrund des verminderten Treibhauseffekts des Klimagases CO2 zur Temperaturabsenkung auf der Erde und zur Vereisung von Teilen Gondwanas. Die Abkühlung des globalen Klimas sowie das reduzierte CO2-Niveau bewirkten eine Reduktion der Biomasseproduktion und damit des Sauerstoffs in der Atmosphäre, auch durch seine erhöhte Löslichkeit im Wasser. Durch Vulkanismus wurden temporär Treibhausgase, wie Kohlendioxyd und Methan in die Atmosphäre emittiert. Diese Prozesse führten daraufhin zu einer erneuten Erwärmung. Die wiederholte Verschiebung des Gleichgewichtes zwischen O2- und CO2-Bindung sowie O2- und CO2-Freisetzung in Biomasse, Wasser und Gesteinen bewirkte also globale Klimaveränderungen und damit Meeresspiegelschwankungen infolge der unterschiedlichen Aggregatzustände des Wassers (flüssiges Wasser und Eis). Auszuschließen ist dabei nicht, dass astronomische Effekte, wie unterschiedliche Sonnenaktivitäten oder Umlaufbahnänderungen der Erde, einen Beitrag zu den Klimaänderungen geleistet haben.
4.1.1.3 Karbonische Hydrosphären- und Biosphärenentwicklung
Zwischen dem Nordrand des variszischen Gebirges und dem Südrand Laurussias bildete sich im Oberkarbon ein Becken (Bild 4) aus, das im Osten mit dem Ozean Paläotethys (Bild 3) im Wasseraustausch stand. Durch Flüsse wurde im großen Umfang Verwitterungsschutt der angrenzenden Gebirge in das Becken transportiert und als klastische Sedimente abgelagert. Im Küstenbereich am nördlichen Rand des variszischen Gebirges entstanden so Flusslandschaften mit großflächigen Deltas. In diesen Gebieten gedieh eine üppige tropische Vegetation.
Die absterbenden Pflanzen führten zu Humus- und Faulschlammbildung bei entsprechenden Grundwasser- und Wasserständen und somit zu Mooren. Die Sedimentation und Biomassebildung wurden einerseits durch die Festkörperschüttung der Flüsse und die Ausbreitung der Moore und andererseits durch die Beckenabsenkung und Meeresspiegelschwankungen gesteuert. Die tektonische Absenkungsgeschwindigkeit des Beckens von durchschnittlich weniger als 1 mm pro Jahr [9] (Bild 7) war deutlich niedriger als die Meeresspiegelschwankungen [17, 31, 33] (Bild 8). Die Meeresspiegelschwankungen erreichten im Oberkarbon Höhenunterschiede von zum Teil weit über 100 m. In der Folge veränderten sich die Flussläufe und somit die Deltabildungen. Diese ständigen Verlagerungen der Deltas bewirkten wiederum einen Wechsel von Land und Meer und des lokalen Grundwasserspiegels, der ausschlaggebend für die Moorbildung war. Auf diese Weise bildeten sich großräumige Moore. Die anschließende Überdeckung der Moore durch Wasser und/oder Sedimente verhinderte die Zersetzung der Biomasse und war Voraussetzung der Kohlenbildung.
Grundsätzlich werden zwei unterschiedliche Bildungsarten von Mooren und damit Flözen unterschieden. Infolge der Meeresspiegelschwankungen schob das Meer beim Anstieg (Transgression) die Küstenmoore landeinwärts, während beim Absenken (Regression) das Moor dem zurückweichenden Meer folgte. Transgressive Moore und später dann Flöze sind i. d. R. deshalb mit feinkörnigen, tonigen Sedimenten mit eingeschlossener mariner oder brackiger Flora und Fauna überdeckt (Bild 9), während regressive Moore bzw. Flöze häufig mit sandigen Sedimenten überlagert sind. Die Schichtenfolge zwischen zwei Flözen wird als Zyklothem oder Sequenz bezeichnet [5, 10, 31, 33, 39, 42].
4.1.1.4 Syn- und postkarbonische Lithosphärenentwicklung
Die stetige Absenkung des Beckens ermöglichte eine ausreichende Ansammlung und Menge organischen Materials in der Meeresküstenregion, die dann die Grundlage der Steinkohlenbildung war (paralische Lagerstättenbildung). So lagerten sich in einer – geologisch gesehen – relativ kurzen Zeit (Namur, Westfal) von nicht einmal 9 Millionen Jahren mehrere tausend Meter Sedimente ab [1, 9] (Bild 10). Durch Diagenese entstanden daraus bei entsprechenden Drücken und Temperaturen schließlich Tonsteine, Schluffsteine und Sandsteine sowie Kohlen (Bild 11). Insgesamt lassen sich mehr als 200 Kohlenflöze unterschiedlicher Schichtdicke (Bild 12) unterscheiden, die zusammen einen Anteil von etwa 2 bis 3 % der gesamten kohlenführenden Schichtenabfolge des Namur C und des Westfal A bis C ausmachen [8, 9, 16]. Mit Beginn des Westfal D bis heute wurde die 5 bis 7 km mächtige Beckenfüllung dann mechanisch und thermisch beansprucht.
Die Intensität und Richtung der Beanspruchungen verliefen jedoch höchst unterschiedlich. Phasen mit nahezu gleichmäßiger statischer Beanspruchung wechselten mit Phasen örtlich stark unterschiedlicher Beanspruchung, die entsprechende Brüche und Verschiebungen innerhalb des Gesteinskörpers zur Folge hatten (Bild 13). Selbst inverse Verschiebungen durch Umkehr der Beanspruchungsrichtung erfolgten. Lokal stiegen Plutone infolge magmatischer Ereignisse auf. So ist es bis heute nicht möglich, alle geologischen Vorgänge exakt den einzelnen Phasen zuzuordnen [9]. Trotz dieser Schwierigkeiten sollen die wichtigsten tektonischen Vorgänge zur Ableitung der geologischen Merkmale vorgestellt werden.
In der Spätphase der variszischen Gebirgsbildung wurden die in der subvariszischen Saumsenke abgelagerten kohlenführenden Sedimente des Oberkarbons durch nordwestlich orientierten Druck infolge der weiteren Bewegung Gondwanas in Richtung Laurussias beansprucht. Dabei verkürzten sich die Schichten um bis zu 50 %. Die Schichten des Ruhrbeckens wurden so zu Falten- und Überschiebungsstrukturen verformt, wobei die Intensität der Faltung nach Norden hin abnahm. Es bildeten sich südwest-nordöstlich verlaufende Mulden und Sättel sowie z. T. großräumige Überschiebungen wie die 80 km lange Sutan-Überschiebung mit Überschiebungsweiten von bis zu 1,3 km. Die Verformungen kamen schließlich zum Stillstand und endeten an der Deformationsfront.
In Südost-Nordwest-Richtung zerfällt die Lagerstätte somit in vier Zonen. In der südlichsten Zone, die vom nicht mehr kohleführenden Remscheider Sattel bis zum Stockumer Hauptsattel reicht, sind Faltenbau und wenig ausgebildete Überschiebungen prägend. Die nördlich anschließende Zone vom Stockumer Hauptsattel bis zum Vestischen Hauptsattel ist durch ausgeprägte Hauptsättel und Hauptmulden mit überlagerten Falten sowie z. T. großen Überschiebungen charakterisiert. In der angrenzenden Zone vom Vestischen Hauptsattel bis zum Außenrand des gefalteten Variszikums, dem Billerbecker Hauptsattel, dominieren flache, breite Mulden und schmale, gefaltete Sättel ohne große Überschiebungen. Die vierte Zone liegt außerhalb des gefalteten Variszikums nord-westlich der Deformationsfront, die von Krefeld bis Ibbenbüren streicht [9, 38] (Bild 14).
Während der variszischen Orogenese wurden die Falten auch von Südost-Nordwest verlaufenden Achsenwellungszonen überlagert. Die Hochlagen (Achsen-Kulminationen) des Krefelder Gewölbes im Westen und des Lippstädter Gewölbes im Osten begrenzen das Ruhrbecken. Die kohlenführenden Schichten wurden hier herausgehoben und abgetragen. Im Bereich der Krefelder Achsenaufwölbung intrudierte außerdem ein Pluton, der die Anthrazitisierung der dort vorkommenden Kohle verursachte.
Das Ruhrbecken als großtektonische Achsendepressionszone wurde durch eine weniger stark herausgehobene Achsenkulmination, der Dortmunder Achsenaufwölbung, unterteilt. Zwischen diesen Kulminationen liegen Tieflagen der Achsen, die Gelsenkirchener und Hammer Achsendepression [9, 37] (Bild 15).
In mehreren syn- und postvariszischen Phasen entwickelten sich weiterhin Sprünge und Blätter, deren Verschiebungshöhen bzw. -weiten teilweise mehrere hundert Meter erreichten. Die ältesten Bewegungen lassen sich während der variszischen Orogenese und dann während der geologischen Zeiträume des Rotliegenden und insbesondere des Keupers nachweisen. In jenen Zeiträumen zerfiel der Großkontingent Pangäa, und der Nordatlantik öffnete sich. Dabei wurden die Schichten des Ruhrbeckens insbesondere in Ost-West-Richtung um bis zu ca. 5 % gedehnt. Bei der späteren alpidischen Kollision zwischen der afrikanischen und europäischen Platte während der Oberkreide unterlagen die Schichten hauptsächlich wieder einer nord-südlich orientierten Druckbeanspruchung. Schließlich lässt sich eine Reaktivierung der Bruchtektonik für den Zeitraum des Tertiärs nachweisen [9] (Bild 13).
Im Ergebnis entstanden senkrecht bis diagonal zum Streichen der Faltenachsen Querstörungen, die das Ruhrbecken in Horste und Gräben gliedern (Bild 16). Die Streichrichtung der Brüche verläuft vornehmlich in Nordwest-Südost-Richtung mit Sprunghöhen von bis über 1000 m (z. B. Sekundussprung im Bereich des Gelsenkirchner Hauptsattels). In nord-südlicher Richtung treten ebenso Blattverschiebungen auf, jedoch orientieren sie sich am häufigsten ost-westlich. In Folge dieser Blattverschiebung können die Faltenstrukturen größer 1000 m dextral verworfen sein (z. B. Wambeler Blatt in der Wittener Mulde).
Die kohlenführenden Schichten des Ruhrbeckens wurden also durch Faltenbau, Achsenwellung und Brüche syn- und postvariscisch geprägt. Als Folge bildeten sich in vertikaler Richtung Stockwerke aus. Bei gleicher orogener Einengung lassen sich drei tektonische Stockwerke im allgemeinen unterscheiden [8, 9] (Bild 17).
Im obersten, ersten Stockwerk treten wenige Falten mit großer Spannweite und hoher Amplitude auf, die weite Trogmulden und hohe Hauptsättel mit steilen Flanken bilden. Spezialfalten und Überschiebungen finden sich nur in den Hauptsätteln. Das mittlere, zweite Stockwerk ist durch Falten mit kurzen bis mittleren Spannweiten und geringerer Amplitute sowie Spezialfalten und häufige, ausgeprägte Überschiebungen in den Hauptmulden charakterisiert. Das tiefste, dritte Stockwerk zeigt kleinspannige Spezialfaltung mit niedriger Amplitude, so dass sich Hauptsättel und Hauptmulden strukturell nicht unterscheiden. Überschiebungen kommen nur noch untergeordnet vor.
Zur Tiefe hin steigt also die Anzahl der Falten, wohingegen ihre Amplituden und Spannweiten abnehmen. Die Überschiebungen im mittleren Stockwerk dienten als Kompensationsflächen zwischen den verschiedenen Faltungsweisen des obersten und untersten Stockwerks. Die Stockwerke sind im Ruhrbecken nicht an das Alter der Schichten gebunden, sondern stratigraphisch gleiche Schichten können in Abhängigkeit der Wellung der Faltenachsen unterschiedlichen Stockwerken angehören, wie beispielsweise die Stockwerkstektonik der Bochumer Hauptmulde zeigt (Bild 18).
Der Beitrag wird in der nächsten Ausgabe, AT 01-02/2019 fortgesetzt.
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