Gießerei mit Tradition

Vor fast 100 Jahren wurde an diesem Standort eine Gießerei in Betrieb genommen. Inzwischen gehört die Stahlwerke Bochum GmbH (SWB) zu den führenden und leistungsfähigsten Gießereibetrieben ihrer Art weltweit. Mit dem langjährigen Erfahrungspotential hat sich SWB auf die Entwicklung und Herstellung von Verschleißwerkzeugen für die Aufbereitungs-, Zerkleinerungs- und Recyclingtechnik spezialisiert.

Verwendet werden SWB-Produkte in allen Brechern und Aufbereitungsanlagen, bei denen der Verschleiß am größten ist. Sie leisten höchsten Widerstand gegen Abrasion, Erosion und Schlag. Eines der Haupteinsatzgebiete von SWB-Verschleißteilen liegt in der Zerkleinerung und Aufbereitung von Sekundärrohstoffen. Sie sorgen z. B. dafür, dass der Schrott ausrangierter Autokarossen zu Rohmaterial für neue Bleche wird und machen aus Bauschutt und Asphaltaufbruch Füllmaterial für den Bau neuer Straßen.


Die Redaktion der AT INTERNATIONAL traf sich mit Uwe Spiecker, Leiter Vertrieb der Stahlwerke Bochum GmbH zu einem Interview, in dem es sowohl um die wirtschaftliche Entwicklung der SWB als auch um die wichtigsten Geschäftsfelder und die Weiterentwicklung der Verschleißschutzprodukte ging.

 

AT INTERNATIONAL: Die Stahlpreise sind gestiegen, die Krise für die Stahl­industrie ist vorbei – ist der Aufschwung auch in Bochum bei den Stahlwerken angekommen?

Uwe Spiecker: Nach der zurückliegenden Finanz- und Wirtschaftskrise befinden wir uns derzeit in einer Phase der Erholung. Die Märkte zeigen ein unterschiedliches Wachstum. Wir sind mit der uns betreffenden Entwicklung zufrieden, liegen derzeit jedoch noch unterhalb des hohen Niveaus des Geschäftsjahres 2007/08.

 

AT INTERNATIONAL: Wie waren Sie auf die ­schwierigen Zeiten im vergangenen Jahr vorbereitet?

 

Uwe Spiecker: Unsere Gesellschaft verfügt über ein breites Produktspektrum; dies bedeutet, dass wir in der Lage sind, eventuelle Schwankungen in einzelnen Absatzbereichen durch die übrigen Geschäftsfelder auszugleichen.


Überwiegend langfristige Geschäftsbeziehungen und die sprichwörtliche Kundennähe verschafften uns die Möglichkeit, in der Zeit der Finanz- und Wirtschaftskrise für deren Überbrückung gemeinsam mit unseren Kunden individuelle Lieferkonzepte zu entwickeln und zu realisieren.

 

AT INTERNATIONAL: Gibt es ein Rezept, wie man solche Krisenzeiten relativ gut überstehen kann?

 

Uwe Spiecker: Diversifikation, Anpassungsfähigkeit, Kundenorientierung und -nähe, ausreichend Liquidität.

 

AT INTERNATIONAL: Was sind die wichtigsten Geschäftsfelder von SWB? Wie sieht dort die wirtschaftliche Entwicklung aus?

 

Uwe Spiecker: Die wichtigsten Geschäftsfelder unserer Gesellschaft sind die Sektoren Schrottrecycling mit ca. 70 % Anteil am Gesamtumsatz sowie Steine- und Erdenindustrie einschließlich Baurestmassenrecycling mit 30 % Anteil am Gesamtumsatz.


Aufgrund des weltweit zunehmenden Rohstoffbedarfs und begrenzter Ressourcen wird die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen weiter steigen. Dieser Sachverhalt wirkt sich positiv auf die Nachfrage nach den von der Stahlwerke Bochum GmbH hergestellten Produkten aus.

 

AT INTERNATIONAL: Wie haben sich die Produkte über die letzten Jahre entwickelt – und welche Rolle spielen Innovationen für SWB?

 

Uwe Spiecker: Für den Erfolg eines Unternehmens ist es entscheidend, gegenüber dem Wettbewerb „immer einen Schritt voraus zu sein“. Forschung und Entwicklung zählen deshalb zu den Kernaufgaben des Unternehmens, sowohl im Werkstoffsektor als auch in der Neugestaltung verschleißfester gegossener Werkzeuge und Komponenten. Ein anderes interessantes Projekt, das wir gerade verwirklichen, sind unsere „Manuals“ – dort werden Erfahrungen aus der Praxis gesammelt und an unsere Kunden weitergegeben, um ihnen bei der Optimierung ihrer eigenen Anlagen zu helfen.


AT INTERNATIONAL: Wie wichtig ist das Geschäftsfeld Schrottrecycling für Sie?

 

Uwe Spiecker: Im Jahr 1990 lag der prozentuale Anteil der Verschleißteile für die Schrottaufbereitung und einschließlich des sonstigen Metallrecyclings bei ca. 25 % des Gesamtumsatzes. Heute liegt dieser Anteil dauerhaft bei Werten über 70 %. Diese Zahlen verdeutlichen den Stellenwert dieses Geschäftsfeldes für unser Unternehmen.

 

AT INTERNATIONAL: Wie wichtig ist der Standort Deutschland für die Stahlwerke Bochum?

 

Uwe Spiecker: Der Industriestandort Deutschland bietet unverändert wichtige Vorteile im harten internationalen Wettbewerb: eine konstant hervorragende Fertigungsqualität, Lieferzuverlässigkeit und Produktinnovation. In Deutschland hergestellte Produkte genießen weiterhin weltweit ein hohes Ansehen, erkennbar daran, dass der umsatzbezogene Export-anteil der Erzeugnisse unserer Gesellschaft inzwischen bei 75 % liegt.

 

AT INTERNATIONAL: Wo sehen Sie die Zukunftsmärkte für Ihre Geschäftsfelder und in welchen Ländern sehen Sie das größte Entwicklungspotenzial?

 

Uwe Spiecker: Der Wunsch der Bevölkerung in den sogenannten BRIC Staaten nach individueller Mobilität wird kontinuierlich steigen, ebenso die Notwendigkeit des Ausbaus vorhandener und der Schaffung zusätzlicher Infrastruktur. Gleiches gilt, zeitversetzt, für die heutigen Entwicklungsländer. Sowohl die BRIC Staaten als auch die heutigen Entwicklungsländer sind, bezüglich des Wachstumspotenzials, die Zukunftsmärkte für die Geschäftsfelder unserer Gesellschaft. Von großer Bedeutung für unser Unternehmen bleiben jedoch die angestammten Märkte in den heute führenden Industrienationen.

 

AT INTERNATIONAL: Wie international ausgerichtet ist SWB im Recycling-Bereich?

Uwe Spiecker:Wir sind weltweit aktiv, im Bereich Schrott-aufbereitung vor allem in Südamerika und USA, Japan beliefern wir kontinuierlich, dort hat das Thema Recycling einen ähnlichen Stellenwert wie in Mitteleuropa. China ist auch ein interessanter Markt, wo es einzelne größere Projekte gibt.

 

AT INTERNATIONAL: Wie sehen Sie die grundsätzliche Entwicklung der Entsorgungs- und Recyclingbranche?

Uwe Spiecker: Die Rohstoffvorkommen unseres Planeten sind endlich und die Deponiemöglichkeiten begrenzt. Die Entsorgungs- und Recyclingbranche gewinnt wegen der von ihr erzeugten Sekundärrohstoffe zunehmend an Bedeutung und ist bereits heute, insbesondere jedoch für die zukünftigen Generationen, unverzichtbar.

 

AT INTERNATIONAL: Können Sie uns einige Referenzen bzw. Einsatzbeispiele für Ihre Produkte nennen?

Uwe Spiecker: Die von der Stahlwerke Bochum GmbH hergestellten hochverschleißfesten gegossenen Werkzeuge und Komponenten kommen weltweit in den Sektoren Schrottrecycling und Mineralaufbereitung zum Einsatz. Referenzen dafür sind alle in den genannten Sektoren tätigen namhaften Gesellschaften aber auch viele kleine mittelständische Unternehmen, welche seit Jahrzehnten zu unserem Kundenstamm zählen. Es gibt weltweit nur wenige Altkarossen, die nicht von den von uns gelieferten Shredderhämmern zerkleinert und nur wenige Infrastrukturmaßnahmen, bei denen die eingebrachten mineralischen Rohstoffe nicht von unseren Schlagleisten in die richtige kubische Form gebracht wurden.


Ein erwähnenswertes markantes Einsatzbeispiel für unsere Erzeugnisse war eine Großserie von Schlagköpfen für Schlagwalzenbrecher, mit welchen die Berliner Mauer zu wieder verwertbarem Schotter zerkleinert wurde.

 

AT INTERNATIONAL: Vielen Dank für das offene und interessante ­Gespräch!
Die Geschichte der Stahlwerke Bochum
1820 Gründung einer Seilerei in Bochum
1918 Eröffnung einer Gießerei und einer mechanischen Werkstatt
1988 Auslagerung der Gusssparte durch Gründung der „SWB Stahlformgussgesellschaft mbH“ als eigenständige Tochter der Stahlwerke Bochum AG mit deren Hauptaktionären Thyssen AG und Eisen- und Hüttenwerke AG; gleichzeitig Pilotprojekt im Thyssen-Konzern als mittelständisch geführtes Unternehmen
Seit 1989 Konzentration auf hochverschleißfesten Guss für die Abnehmerbereiche Schrottrecycling und Mineralstoffaufbereitung weltweit
1997 Fusion der Stahlaktivitäten von Thyssen und Krupp zur ThyssenKrupp Stahl AG mit Fokussierung auf den Sektor Flachstahl
30.8.2004 Herauslösung der SWB Stahlformgussgesellschaft mbH aus dem ThyssenKrupp-Konzern im Rahmen eines MBO, Verkauf der Anteile an einen Finanzinvestor und das Management
20.10.2004 Umfirmierung der SWB Stahlformgussgesellschaft mbH in Stahlwerke Bochum GmbH
19.6.2006 Erwerb der vom Finanzinvestor gehaltenen Anteile durch das Management, die Stahlwerke Bochum GmbH wird damit zum inhabergeführten Unternehmen
Januar 2007 Mit der Inbetriebnahme umfangreicher Neuinvestitionen Ausbau der Marktführerschaft auf eine jährliche Liefermenge von über 10 000 t gegossener hochverschleißfester Werkzeuge und Komponenten für die Abnehmerbereiche Schrottrecycling und Mineralstoffaufbereitung
The history of Stahlwerke Bochum
1820 Foundation of a ropeworks in Bochum
1918 Opening of a foundry and a mechanical-engineering workshop
1988 Hiving off of the foundry division via the foundation of “SWB Stahlformgussgesellschaft mbH” as an independent subsidiary of Stahlwerke Bochum AG, with Thyssen AG and Eisen- und Hüttenwerke AG as the main shareholders; this was, simultaneously, a pilot project within the Thyssengroup – a member company managed as a medium-sized enterprise
Since 1989 Concentration on highly wear-resistant castings for the global scrap recycling and minerals processing industries
1997 Fusion of Thyssen’s and Krupp‘s steel activities in ThyssenKrupp Stahl AG, with the focus on the flat products sector
30.8.2004 Detachment of SWB Stahlformgussgesellschaft mbH from the ThyssenKrupp group in the context of a management buy-out, sale of the shares to a financial investor and the management
20.10.2004 SWB Stahlformgussgesellschaft mbH is renamed Stahlwerke Bochum GmbH
19.6.2006 Acquisition of the financial investor’s shareholdings by the company’s management; Stahlwerke Bochum GmbH becomes an owner-managed company
January 2007 The commissioning of extensive new-investment plant achieves expansion of market leadership to annual deliveries of over 10 000 t highly wear-resistant cast tools and components for the scrap recycling and mineral preparation sectors
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