Aktuelle Forschungen und Trends, Teil 1

Fachtagung „Aufbereitung und Recycling 2009“, Freiberg / Deutschland (11.-12.11.2009)

Seit 1998 finden im Herbst jeden Jahres im Hörsaal des Gründer- und Innovationszentrums Freiberg (GIZEF) diese Veranstaltungen statt und haben jedes Jahr zunehmend an Interesse gewonnen (Bild 1). Veranstalter sind die wissenschaftlichen Vereine UVR e.V. und FIA e.V. Freiberg, wobei in diesem Jahr der Fach­ausschuss für Aufbereitung und Recycling der GDMB Mitveran­stalter war. Die sehr gute Resonanz der zweitägigen Tagung kam durch die Anwesen­heit von mehr als 160 Fachleuten aus ganz Deutschland sowie weiteren Län­dern Europas zum Aus­druck (Bild 2). Schwerpunkte der diesjährigen Tagung waren aktuelle Probleme des Recyclings von Bau­stoffen, Industrie- und Haus­halts­ab­fällen sowie der Aufbereitung von Primär­rohstoffen. In 24 Vorträgen wa­ren namhafte Vertreter von Firmen und Instituten zu Wort gekommen. Außerdem wurden in der Posterschau neue For­schungsergebnisse vorgestellt und für Fir­men war Gelegenheit zur Präsentation ge­geben. Einer der Ge­schäftsführer der gast­gebenden UVR-FIA GmbH, Dr.-Ing. Henning Morgenroth, informierte über ihre Arbeits­möglichkeiten und lud zur Besichtigung der Laboratorien und Versuchs­einrichtungen ein, was von den meisten Tagungsteilnehmern rege genutzt wurde (Bild 3).

 

Am Rande der Veranstaltung tagte auch der Fachausschuss für Aufbereitung und Umwelttechnik der GDMB. Dabei wurde der bisherige Vorsitzende des Fachausschusses Dr.-Ing. Thomas Folgner (TU Bergakademie Freiberg) verabschiedet und als neuer Vorsitzender Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldmann (TU Clausthal) gewählt.

 

Bei einer gelungenen geselligen Abendveranstaltung hatten die Tagungsteilnehmer die Gelegenheit, in angeregter Atmosphäre die interessanten Fachdiskussionen weiterzuführen.

 

Über wesentliche Punkte der in der Veranstaltung gebotenen Vorträge soll hier informiert werden.

 

 

1 Aufbereitung und Recycling von Primär- und Sekundärrohstoffen

In dem Beitrag von Dr. Werner Hintz und Prof. Jürgen Tomas (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Verfahrens­technik, Lehrstuhl für Mechanische Verfah-renstechnik) über die „Entwicklung eines hydrometallurgi-schen Recycling­ver­fahrens für metallhaltige Stahlwerk­stäube zur Gewinnung von Zink, Blei und Eisen“ wurde über die mit Industrie­partnern (Thomas Günther von Dyckerhoff AG Wiesbaden und Guido Kache von Polysius AG Beckum) erzielten Er­gebnisse berichtet. Die Stäube aus Oxiden verschiedener Metalle, wobei Zink (20 – 45  %), Eisen (20 –35  %) und Blei (1–2  %) als die Hauptkomponenten zu nennen sind, werden in einer Ammoniak-Ammoniumcarbonat-Lösung (AAC-Prozess) suspendiert, wobei eine zeitgleiche integrierte me­cha­nisch aktivierende Mahlung und Laugung erfolgt. In einem nachfolgenden kombinierten Zementations- und Fällungsprozess werden selektiv Zinkcarbonat und me­tallisches Blei abgeschieden.

 

Für die „Schlackeaufbereitung mit gravimetrischen Sortier­verfahren“ haben Dipl.-Ing. Marco Steinberg und Dr. Wolfgang Rubarth (AKW Apparate und Verfahren Hirschau) für die Körnungs­fraktion <  5  mm neue Lö-sungen für eine wirtschaftliche trockene Aufbereitung unter Einsatz des trockenen Dichte­sortierers AKA-FLOW vorgestellt. Es wird damit eine hö­here Recyclingquote für die Metalle und ein höherwertige Verwertung der Berge als Baustoff erreicht.

 

Im Vortrag „Entwicklung eines Trennverfahrens für gipskontaminierten Betonbruch“ von Dipl.-Ing. Thomas Schnellert, Dipl.-Ing. Kati Kehr, Prof. Anette Müller (Bauhaus Universi-tät Weimar, Professur Aufbereitung von Baustoffen und Wieder­verwertung) wurde über erfolgreiche Untersuchungen zur Abtrennung von Gips aus Abbruch­baustoffen durch ein Nass­setzverfahren berichtet, wobei eine Verbesserung des Pro­duktes über eine Anhebung der Roh­dichte und die Ab­trennung von Feinbestandteilen erreicht wurde.

 

Schreibkreide ist ein weicher und feuchter (15 –28  % H2O) Kalkstein, der die Rohstoffgrundlage für die Herstellung von diversen Füllstoffen, Pigmenten, Kalk und Zement darstellt. Die Grundidee für die „Entwicklung einer semimobilen Schlämmeinheit für Kreide“, worüber Dr. Michael Kapphahn (Holcim AG, Lägerdorf, Deutschland) und Armin Schlintl (OMYA GmbH, Gummern, Österreich) berichteten, besteht darin, dass die Kreide anstelle über eine verzweigtes Förderbandsystem di­rekt hinter dem Abbaupunkt geschlämmt und hydraulisch über eine Schlauchleitung abtransportiert wird. Die Vorteile dieser neuen Technik liegen in der weitaus höheren Flexi­bilität des Baggerbetriebs losgelöst von festen Band­trassen, dem dadurch möglichen Erschließen früher unzugänglicher Kreidemengen (im Fall Lägerdorf schätzungs­-weise 30–40 Mio. t Kreide!), der höheren Verfügbarkeit und Unanfälligkeit des Systems, der besseren Frostbeständigkeit des Mobilschlämmer-Betriebes. Die seit August 2009 durch OMYA betriebene Pilotanlage für 150 t/h wird gegenwärtig im Dauerbetrieb getestet und an ihre Leistungsgrenzen ge­führt. Mittelfristig ist der Umstieg des Holcim-Gruben­betriebes mit 800 –1200 t/h auf diese neue Technik vorgesehen.

 In dem Vortrag „Alkalische Aktivierung von Bentoniten – Korrelation von anwendungstechnischen Eigenschaften und der Aktivierungskurve“ von Dipl.-Ing. Karl-Heinz Ohrdorf (I.B.O. Ingenieurbüro für Bentonit-Techno­logie, Wiesbaden) und Prof. Dr.-Ing. Helmut Flachberger (Lehrstuhl für Auf­bereitung und Veredlung, Montan­universität Leoben, Öster­reich) wurde an im vergangenen Jahr vorgestellte Ergebnisse zur Charakterisierung von Bentonitsuspensionen angeknüpft. Die anwendungstechnisch relevanten Ei-gen­schaften von Bentoniten korrelieren direkt mit dem Grad der De­sagglomerierung der Montmorillonit­kristalle und erst bei Erreichen des Aktivierungsoptimums ist eine vollständige Desagglomerierung möglich.

 

Über den „Aufbereitungsbetrieb des Ilmenitbergwerks Titania A/S Nor­wegen“ informierten Dipl.-Ing. Anders Qvale und Dr.-Ing. Wolfgang Schubert (Titania A/S, Hauge i Dalane Nor­wegen). Das Vorkommen wurde 1954 durch geophysi­kalische Messungen vom Flugzeug aus in der Nähe des Jøssingfjords entdeckt. Mit mehr als 300 Mill. Tonnen Ilmeniterz ist es eine der größten Lagerstätten an Titaneisen­stein in Europa. Das Aufbereitungs­verfahren ist relativ komplex, da der Wertstoff Ilmenit fein verwachsen mit Feldspat, Pyroxen und Glimmer vorliegt. Durch vierstufige Zerklei­ne­rung mit Steilkegelbrecher, 2 Stufen Flach­kegelbrecher und Kugelmühlen (nass) sowie eine Nachmahlung der nicht aufgeschlossenen Partikel wird auf 80  % <  200 µm zerkleinert. Nach Aus­scheidung des magnetischen Magnetits wird die gröbere Erzfraktion >  100  µm durch Dichtetrennung in Wendel­scheidern in eine Wertstofffraktion (Ilmenit und Sulfide) und in eine Bergefraktion (Feldspat, Glimmer) getrennt. Die feinere Erzfraktion <  100 µm wird nach vorhergehender Ent­schläm­mung bei 10   µm mit Tallöl und Parafin konditioniert und anschließend flotiert, wobei das Ilmenit im Schwimmprodukt ausgetragen wird. Ilmenit wird vorrangig zu Titandioxid-Pigment verarbeitet.

 

 

2 Umweltverfahrenstechnik

Dipl.-Ing. Ferdinand Doppstadt (USG Umweltservice Velbert) und Dr. Metodi Zlatev (HAVER & BOECKER OHG Maschinen­fabrik/Engineering Works Münster) berichteten über die „Auf-bereitung von kontaminierten Sedimenten/Schlamm in einem Teilbereich der Lagune von Venedig“. Dabei wurde das Material dispergiert, klassiert und mit einem Flockungs­mittel behandelt, so dass die Schadstoffe gebunden werden. Eine Entwässerung und Lagerung des Schlammes erfolgte in überdimensionalen Big-Bags. Der zu bearbeitende Bereich erstreckt sich über eine Fläche von ca. 100 000 m² mit einer Mächtigkeit von 80 –100 cm. Das Auf­lösen (Ver­flüssigen) des Sediment-Schlammgemisches er­folgte mit Hilfe eines HAVER-Hydro-Clean® (Hochdruck­wasch­ein­heit) von HAVER & BOECKER, wobei ein Stütz­korn 8 –24 mm eingesetzt wurde, welches im Kreislauf gefahren wird. Durch entsprechende Filterung ist eine Nutzung des Prozesswassers im geschlossen Kreislauf realisiert worden. Mit der im Jahr 2008 realisierten Anlage wurde eine Tagesleistung zwischen 1500 und 2800 m³ fertiger Emulsion durchgesetzt.

 

Dr. Katrin Mackenzie hielt den gemeinsam mit Steffen Bleyl und Prof. Dr. Frank-Dieter Kopinke (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Abteilung für Umwelttech-nologie, Leipzig) erar­beiteten Vortrag über „Eisen-Kohlen-stoff-Komposite zur Grundwasserreinigung“. Für die Besei-tigung von Kontami­nationen durch Chlorkohlenwasserstoffe und Schwermetalle in Grundwasserleitern kann metallisches Eisen in disperser Form eingesetzt werden. Das Problem besteht aber darin, diese Eisen kostengünstig zu erzeugen und in einer stabilisierten Form anzuwenden. Durch Kombination von sehr feinteiliger Aktivkohle (0,5 bis 2 µm) und darauf abgeschiedenem metallischen Eisen (10…25 Ma-% Fe) wird ein starkes und umweltfreundliches Reduk-tionsmittel erzeugt. Die enge Verbindung der Aktivkohle und der Eisen(0)-Strukturen im Kompositmaterial Carbo-Iron wirkt sich dabei vorteilhaft auf die Oberflächeneigenschaften des Reduktionsmittels aus. Im vorliegenden Beitrag wurde über die Optimierung der Carbo-Iron-Herstellung und die Variation der Ausgangsstoffe berichtet.

3 Zerkleinerung und Dispergierung

Dipl.-Ing. Sascha Füchsel (Bild 4), Prof. Dr.-Ing. Urs Peuker und Prof. Dr.-Ing. habil. Klaus Husemann (TU Bergakademie Freiberg, Institut für Mechanische Ver­fahrenstechnik und Aufbereitungstechnik) stellten im Bei­trag „Technische Aerosole mittels trockener Dispergie­rung“ im Rahmen eines AiF-Forschungsvorhabens erhaltene Ergeb­nisse vor. Das trockene Dispergieren des nanoskaligen, agglomeriert vorliegenden Ausgangsmaterials erfolgt in einer Fließbettgegen-strahlmühle und mit anschließender elektrostatischer Stabilisierung. Der Einfluss der wichtigsten Prozess­parameter Dispergierluftdruck und Sichtraddrehzahl für die Produktion eines gleichmäßigen, stabilen Prozessaerosols wurde dargestellt.

 

Im Vortrag von Dr. Sergej Aman und Prof. Dr. Jürgen Tomas (Lehrstuhl für Mechanische Verfahrenstechnik, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg) wurde zu Grundlagen-untersuchungen über „Die Bruchwahrscheinlichkeit bei der Kompression von einzelnen, irregulär geformten Partikeln“ aus Glas, Natrium­chlorid, Zucker, Basalt und Marmor berichtet. Je­weils ca. 100 ausgewählte Partikeln von jeweils 5 Partikel­fraktionen bei der Druckbeanspruchung bis zum Bruch wurden bestimmt und das Verhältnis der gewonnenen fünfzig Bruchkraftverteilungen und der entsprechenden fünfzig Bruchenergieverteilungen wurde analysiert. Weiter-hin wurden die Verteilungen in eine dimensionslose Form umgewandelt. Alle gewonnenen experimentellen Verteilun-gen lassen sich mit einer logarithmischen Normalverteilungs-funktion approximieren. Die Parameter dieser dimensionslosen Nährungsfunktionen der Kraftverteilungen, gekennzeichnet durch die Erwartungswerte und Standard­abwei­chungen, lassen sich mit Hilfe des System zweier linearer Gleichungen der ent­sprechenden Parameter der Energiever-tei­lungen berechnen. Die Koeffizienten dieses Gleichungssystems bleiben für alle Partikel­größen und Materialen unverändert. Dem­zufolge kann die Bruchenergie­vertei-lung durch eine bekannte Bruch­kraft­ver-teilung gefunden werden und um­gekehrt.

 

Für die Mahlung von Massengütern auf Feinheiten 100 µm (in Deutschland allein mehrere 100 Mio. t) sind vor allem Trom­melmühlen mit Zylinderpanzerun­gen aus Stahl im Einsatz. Diese sind bei Mühlen ent­sprechender Länge (Rohrmühlen) entweder als reine Hubpanzerungen oder auch als Klassierpanzerungen konzipiert. Bei letzteren wird durch eine spezielle Mantelplatten­geometrie eine axiale Mahlkörperbewegung erreicht. Dadurch wird eine Anpassung der Mahlkörpergröße an die entlang der Mahlbahn der Mühle zunehmende Mahlgutfeinheit bewirkt. In dem Vortrag „Feinmahlung in Trommelmühlen mit keramischen Klassierpanzerungen“ von Dipl. Ing. (FH) Katrin Schmidt (Bild 5), Dr.-Ing. Andre Kamptner, Dipl.-Ing. Mathias Polster (UVR-FIA GmbH Freiberg) und Dipl.-Ing. Bernd Ebertz (CeramTec-ETEC GmbH, Lohmar) wurde über die Ergeb­nisse von Unter­suchungen mit der neuartigen Klassierpanzerung aus Keramik berichtet. Bei hochwertigen Spezialpro­dukten wie Füllstoffen, Glasuren, Glas- und Keramikrohstoffen und Pigmenten muss eine Verunreinigung mit färbendem Metallabrieb aus Mühlenpanzerung und Mahlkörpern ausgeschlossen werden. Es wurde eine klassierende Panzerung aus Aluminiumoxid entwickelt und in einer halbtechnischen Trommelmühle (Durch­messer 0,71 x Länge 2,0 m) getestet. In Mahlversuchen mit Quarzsand und Kalkstein wurde mit Keramikmahlkugeln die sehr gute Klassierwirkung der neu entwickelten Panzerung nachgewiesen. Gegenüber herkömmlichen nicht klassierenden Panzerungen konnte der Durchsatz um bis zu 9  % gesteigert oder bis 15  % Energie eingespart werden.

 

Die Frage „Die Stempelpresse als Scale-up Grundlage für moderne Gutbettwalzenmühlen?“ wurde von Dipl.-Ing. Felix Heinicke (Polysius AG) zur Diskussion gestellt. Durch Grund­lagenforschungen mit Stempelpressen zur Gutbett­zerkleinerung kann die Wirkung der wesentlichen Parameter wie Pressdruck, Feuchte, Beanspruchungsgeometrie etc. als gesichert angesehen werden. Die Grundtendenzen des Materialverhaltens sind auch bei der Übertragung auf Gut­bett­walzenmühlen zu erwarten. Ob das direkte Scale-up auf halbtechnische Anlagen und die Übertragung auf große moderne Gutbettwalzen­müh­len mit Durchmessern bis zu 2,4 m möglich ist, bleibt fraglich. Diese Grundaussage wurde auch in der Diskussion zum Vortrag durch Prof. Heinrich Schubert (Bild 6) vertreten.

 

Dr.-Ing. Jürgen Stein (Hosokawa Alpine AG, Augsburg) stellte in seinem Beitrag „Aufbereitungstechnik für kleinste Produkt­mengen in Forschung und Labor“ die Maschinen-baureihe „Alpine Picoline“ vor. Es handelte sich dabei um Maschinen einer sehr kleinen Baugröße für Materialmengen von unter 1  g bis zu mehreren Gramm. Auf einer für alle Ma­schinen einheitlichen Platt­form können Strahlmühlen, Prallmühlen, Rührwerks­müh­len, Sichter und Mischer austauschbar adaptiert werden. Alle Bauteile sind einfach und schnell zerlegbar, die guten Reinigungsmöglichkeiten erlauben einen Einsatz in sauberer Umgebung. Alle Versorgungs­einrichtungen und eine moderne Touch-Panel-Bedienung sind in der Plattform integriert. Diese Maschinen sind alle aus den bekannten Baureihen der Produktionsanlagen abgeleitet. Die „Alpine Picoline“ wurde auch in der Posterschau präsentiert.

Der Bericht über die Vorträge des zweiten Tages der Veranstaltung, die sich thematisch mit der Abfallverwertung und der Sortierung beschäftigten, sowie über die Posterschau und die Firmenpräsentationen wird in der April-Ausgabe der AT INTERNATIONAL fortgeführt.

 

Prof. Dr. habil. Hanspeter Heegn
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