MIREU – das Netzwerk der Bergbau- und Metallurgie-Regionen in Europa
Unter dem Thema „Sachsen eine Standortanalyse“ hat das Geokompetenzzentrum Freiberg e. V. (GKZ) zu einem regionalen Kick-off des Netzwerkes MIREU am 1. März 2018 nach Dresden eingeladen. Beteiligt waren auch die ideellen Trägern das Sächsische Staatsministerium für Arbeit und Wirtschaft (SMAW) gemeinsam mit der IHK Sachsen, dem UVMB - Unternehmensverband Mineralische Baustoffe e. V. und dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie. Der Zuspruch zu der in bewährter Weise durch das GKZ organisierten Veranstaltung war mit rd. 130 Teilnehmern sehr gut, obgleich sich die Organisatoren vor allem aus dem Bildungsbereich – wie sich bei der Diskussion zeigte – mehr Gäste als Multiplikatoren gewünscht hätten.
MIREU, gefördert durch das europäische Programm HORIZONT 2020, hat zum Ziel, ein Netzwerk aller europäischen Montan-Regionen, in denen Rohstoffe (Gewinnung und Verarbeitung) einen integralen Bestandteil der Wirtschaft bilden, zu errichten und mit Leben zu erfüllen. Insgesamt 19 Partnerregionen, die teils Gemeinsamkeiten, teils Unterschiede im Hinblick auf die Wertschöpfung aufweisen, sollen sich austauschen, gegenseitig anregen, Synergieeffekte aufdecken und durch eine dauerhafte Vernetzung zur Profilierung der Regionen und zur Belebung ihrer Kooperationen führen. Die Kick-off-Veranstaltung des MIREU fand im Januar 2018 im GTK (The Geological Survey of Finland) in Finnland mit mehr als 50 Teilnehmern aus 14 Ländern statt.
Nach der Begrüßung und einer kurzen Einführung durch Oberberghauptmann und Vorstand GKZ Prof. Dr. Bernhard Cramer, Sächsisches Oberbergamt Freiberg, referierte Staatsminister Martin Dulig, SMWA Dresden, über Sachsens Stellung als Bergbau- und Metallurgie-Region in Europa. Dabei mahnte er an, dass die industriepolitischen Dimensionen in Europa gestärkt werden müssen, um mit der enormen Entwicklung in der Welt mithalten zu können. Minister Dulig hob die besondere Stellung Sachsens in der Forschungs- und Entwicklungslandschaft in Deutschland und sogar Europa hervor: 17,3 % des BIP werden für Wissenschaft und Forschung ausgegeben. Dabei ist die Rohstoffforschung nicht nur in Freiberg, sondern an vielen weiteren sächsischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen angesiedelt. Seine Forderung heißt: „Rohstoffwirtschaft muss in alle politischen Strategien integriert und das Rohstoffbewusstsein auf allen Ebenen vermittelt und befördert werden.“ Auch wenn der Erzbergbau in Sachsen kein großer Industriezweig ist, so zählt sie doch zu den wichtigsten wie beispielsweise die Flussspatförderung. Die Haldenaufbereitung sei zu befürworten, es gälte aber entsprechende Ausgleichsflächen zu schaffen. Die jahrhundertalte Weisheit „Alles kommt vom Bergwerk her“ müsse heute “Alles kommt vom Rohstoff her“ heißen. Abschließend ging er auf Sachsen im Netzwerk der europäischen Bergbaulandschaft ein und stellte fest: „Rohstoffwirtschaft funktioniert nicht ohne internationale Vernetzung.“ Die EU versucht diese durch verschiedene Projekte zu fördern wie beispielsweise FAME, REMIX oder eben MIREU, in denen der GKZ jeweils Partner ist. Das allein genüge aber nicht: ohne regionale Verbände gibt es keine europäische Zusammenarbeit.
Einzelheiten zum Netzwerk MIREU vermittelte Dr. Wolfgang Reimer, Geschäftsführer GKZ, in seinem Beitrag „MIREU – Das Netzwerk der Bergbau- und Metallurgie-Region in Europa – Herausforderungen und Potenziale europäischer Zusammenarbeit“ (siehe Interview im Anschluss des Beitrages).
Standortfaktoren
Drei Vorträge waren diesem Vortragsblock zugeordnet, die gleichzeitig die Vielseitigkeit der Thematik zeigten. Zunächst referierte Tobias Patzig, Feinhütte Halsbrücke GmbH, Halsbrücke über die „Zinnverhüttung am Standort Sachsen – Risiken, Chancen und Entscheidungen in einem globalen Wettbewerb in der Vergangenheit und in der Zukunft“. Das Unternehmen wurde 1992 gegründet, beschäftigt heute 80 Mitarbeiter und ist in Deutschland der einzige Blei/Zinn-Hüttenbetrieb von vier verbliebenen in Europa. Noch heute werden jährlich rd. 1 Mio. € investiert. Die Produktion erfolgt durch hydro- und pyrometallurgische Prozesse; wenn Edelmetalle vorhanden sind, schließt sich eine Raffination durch Elektrolyse an. Zu den Chancen für das KMU-Unternehmen zählt der Referent die praktizierte innovationsstarke Modernisierung der Anlage, die Kooperation mit der TU Bergakademie Freiberg (TU BAF) und dem GKZ Freiberg sowie eine gute Marktposition. Die Risiken benannte er global als politischer Natur, im Einzelnen der Fachkräftemangel, die zunehmende Bürokratisierung, politische und mediale Negativkampagnen sowie viel zu hohe Strompreise im Vergleich zu anderen EU-Ländern. „Das Recycling vieler Sekundärrohstoffe bzw. Abfälle lohnt sich wieder durch ständig steigende Zinnpreise, aber das allein wird nicht reichen, auch Primärerze werden benötigt und – in Sachsen liegen sie praktisch vor der Haustür!“ schloss der Redner mit dem Verweis auf die beachtlichen Zinnvorkommen im Erzgebirge.
Dem Thema der bereits durch Staatsminister Dulig angesprochenen Akzeptanz widmete Dr.-Ing. habil. Manfred Goedecke, IHK Chemnitz seine Ausführungen „Sächsische Aktivitäten zur Verbesserung des Standortfaktors Bergbau- und Industrieakzeptanz“. Ausgehend von den Herausforderungen für den internationalen Bergbau wie Bevölkerungswachstum, steigende Lebensstandards, neue Produkte und Technologien, Deckung des Bedarfs an Primärrohstoffen nur noch durch Lagerstätten in tieferen Teufen oder gar in Asteroidenbereichen, ärmere Erze sowie die immer schärferen Umweltauflagen, sprach er im Sinne einer unabdingbaren Notwendigkeit eine Hommage auf den Bergbau aus: „Viele sehen den Bergbau heute nur noch als Dinosaurier – also als nicht mehr vorhanden – an und das öffentliche Bild ist in Deutschland von Ablehnung und Misstrauen gekennzeichnet. Die Bankenkrise hat uns Milliarden gekostet, die Industriefeindlichkeit wird uns unsere Zukunft kosten.“ Insofern müsse politisches Handeln eingefordert werden, um diesen Weg zu stoppen. Sachsen hat zwar mit seiner Rohstoffstrategie 2012, in der die Leitlinien der sächsischen Rohstoffpolitik fixiert sind, reagiert, aber auch in Deutschland sind Bergbau und Rohstoffwirtschaft in der öffentlichen Wahrnehmung negativ belegt. Dr. Goedecke schlug eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung des Rohstoffbewusstseins sowohl auf der Seite der Unternehmen (Verbesserung der Transparenz, Öffentlichkeitsarbeit, professionelles Konfliktmanagement, Netzwerkarbeit zu Akzeptanzfragen) als auch der Medien (Journalistenreisen; stärkere Nutzung sozialer Medien) vor. Nachholbedarf sieht der Referent auch in den Bereichen Wissenschaft und Bildung, beispielsweise die Aufnahme entsprechender Themen in Lehrpläne und Lehrbücher. Und schließlich benannte er die zukünftigen Aufgaben, nämlich die noch konsequentere Umsetzung der Sächsischen Rohstoffstrategie in allen sächsischen Staatsministerien und Verwaltungen, sowie den Aufbau eines Kompetenzzentrums für Bergbau und Rohstoffakzeptanz an der TU BAF.
Mit den gleichen Akzeptanzproblemen hat die Steine- und Erden-Industrie zu kämpfen, die sich jedoch seit Jahrzehnten bemüht, durch Gegenmaßnahmen ihr Image aufzubessern und Nachhaltigkeit zu praktizieren, wie Bert Vulpius, UMVB e. V., Leipzig eindrucksvoll vermittelte. „Vom Beton zum Biotop – Beiträge der Steine- und Erden-Industrie an der Wertschöpfung in Sachsen“ – so sein Thema – beleuchtete nicht nur die Innovationen im Bereich Beton wie Optimierung der Körnungen, neue Zusatzstoffe, neue Technologien, Entwicklung neuer Betone wie z. B. Carbonbeton, sondern zeigte auch, dass ein bedarfsdeckender Abbau und mit durchschnittlich 39 km geringe Transportentfernungen positive Merkmale des Industriezweiges sind. Gerade in Sachsen ist eine gute lokale Verteilung der Abbaugebiete anzutreffen. Beeindruckend waren die Ausführungen des Referenten zu der Behauptung, dass die Abbaustellen und die Steine- und Erden-Industrie insgesamt Hotspots der Biodiversität sind. An vielen Beispielen legte er dar, wie durch Rohstoffgewinnung neue Lebensräume entstehen, beispielsweise für die Uferschwalbe (die meisten dieser Vögel sind in Deutschland in stillgelegten Tagebauen anzutreffen), den Flussregenpfeifer, den Uhu oder die Kreuzkröte. Damit wird zum Erhalt vom Aussterben bedrohter Arten und überhaupt zum Artenschutz beigetragen, der durch bestimmte Landschaftsschutzmaßnahmen in den betreffenden Abbaugebieten durch die Unternehmen aktiv gefördert wird.
Bedeutung einheimischer Industrieminerale
In diesem Vortragsblock wurden erfolgreiche sächsische Unternehmen vorgestellt, die sich mit der Förderung, Aufbereitung und dem Vertrieb einheimischer Industrieminerale befassen.
Zunächst berichtete Herbert Zweck, Fluorchemie Stulln GmbH über die Bedeutung von Flussspat für die chemische Industrie und die Stellung einheimischer Vorkommen im globalen Wettbewerb. Zur Fluorchemiegruppe gehört auch das Schwesterwerk Fluorchemie Dohna GmbH (Produzent von Flusssäure). Die Fluorversorgung in Europa muss als kritisch betrachtete werden, d. h. Flussspat ist ein strategischer und kritischer Rohstoff, 85 % des europäischen Bedarfs müssen importiert werden – aus China, Mexico, Südafrika und Marokko. Darüber hinaus liegt die Recyclingquote unter 1 %. Der Referent zeigte Wege auf, um diese Zwangslage zu entschärfen, die sich 2018/19 durch weitere Preissteigerungen und Schließung von etlichen Gruben in Namibia und Kenia noch verschärfen wird. Dazu zählen in Sachsen beispielsweise die Erkundung und der Abbau einheimischer Lagerstätten (Niederschlag: ca. 3,1 Mio. t Rohspat mit 1,3 Mio. t Flussspat, Abbau durch die Erzgebirgische Fluss- und Schwerspatwerke GmbH; Pöhla-Globenstein: u. a. ca. 720 000 t Flussspat, Lagerstätte Schönbrunn/Bösenbrunn: 2,12 Mio. t Rohspat mit ca. 900 000 t Flussspat), aber auch die politische Unterstützung bei diesen abbauwürdigen Vorhaben.
Nicht weniger spannend war der Vortrag von Prof. Dr. Armin Müller, Deutsche Lithium GmbH, Freiberg, die sich mit einer möglichen Nutzung des einheimischen Lithium-Vorkommens im Zinnwaldit der Lagerstätte Zinnwald beschäftigt. Prof. Müller sieht darin eine wichtige Basis für die Li-verarbeitende Zukunftsindustrie in Sachsen mit Blick auf Elektromobilität. Er stellte den Stand der Arbeiten zum jetzigen Zeitpunkt dar (Erhalt einer Abbaulizenz für Zinnwald, Erkundungslizenz für Falkenberg, nahe Altenberg, Abschluss der Erkundungsbohrungen 12/2017, Untersuchungen einer Großprobe von 100 t). Die Lagerstätte umfasst rd. 26 Mio. t Erz, das entspricht etwa 550 000 t Lithiumcarbonat, geplant ist die Förderung von 500 000 t/a Erz. Prof. Müller teilte weitere Einzelheiten zum Abbau und zur Aufbereitung des Erzes sowie zur Verwertung des Bergematerials und Gewinnung der Li-Wertstoffe mit. Für Letztere soll eine Chemiefabrik bei der BASF in Schwarzheide entstehen. Geplant sind Investitionen von 100 bis 120 Mio. €, die Laufzeit der Lagerstätte wird auf 25 Jahre geschätzt. In diesem Jahr erfolgt die Bergbauplanung durch GEOS Freiberg, die Auffahrung der Rampe und des Bergwerks ist für 2019/2020 geplant.
Mit der Einstellung der Gewinnung von Marmor in den Gruben Lengefeld (2014) und Hermsdorf (2016) sah sich die GEOMIN Erzgebirgische Kalkwerke GmbH vor der Herausforderung, neue Kalksteinvorkommen zu erschließen. Über den erfolgreichen Weg dazu berichtete Geschäftsführer Achim Stöck in seinem Beitrag „Erschließung neuer hochwertiger Marmorvorkommen für die Bauwirtschaft am Beispiel der Lagerstätte Hammerunterwiesenthal. Das Planfeststellungsverfahren wurde vor wenigen Tagen erfolgreich abgeschlossen. Neben Calcit-Dolomitmarmor (> 70 % Calcit, > 20 % Magnesit) wird reiner Calcit- und reiner Magnesit-Marmor gewonnen. Damit kann die Produktpalette der beiden geschlossenen Gruben aufrechterhalten werden. Mit 45 Mitarbeitern betreibt das Unternehmen derzeit einen aktiven Untertageabbau, einen Tagebau im Aufschluss und die beiden Aufbereitungsanlagen in Hermsdorf und Lengefeld. Die Vorräte der Lagerstätte reichen ca. 50 Jahre, derzeit werden 150 000 t/a gefördert, eine Verdoppelung der Menge ist geplant. Der GKZ plant hierfür im August 2018 eine Befahrung bei seinem Mitglied GEOMIN.
Europäische Zusammenarbeit
In diesem Vortragsblock berichteten drei Referenten über ihre Erfahrungen, die sie hinsichtlich europäischer Zusammenarbeit schon heute gemacht haben.
So stellte Michael Tost, Montanuniversität Leoben/Österreich mit Schwerpunkt Steiermark als MIREU-Partnerland, bestehende und zukünftige Kooperation mit Sachsen in Bergbau und Metallurgie vor. Es existieren bereits einer Reihe von Kooperationen, beispielsweise in Deutschland mit der TU BAF wie das internationale Bergbaustudium AMRD (Advanced Mineral Resources Development) oder das Studienprogramm (ADMIRED LAB – Advanced Mineral Resources Development Labelled) mit der TU BAF und der Universität Dublin. Weitere Kooperationen sind angedacht, auch wenn der Bergbau in Österreich nicht mehr die große wirtschaftliche Rolle wie ehemals spielt (Verlagerung vom Wirtschaftsministerium ins Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus).
Dr. Andreas Barth, BEAK Consultants GmbH, Freiberg (BEAK) zeigte wie wichtig es ist, ausreichende Daten zur Verfügung zu stellen, um Inverstoren für eine Ansiedlung zu interessieren. An vielen nationalen und internationalen Projekten wie Tansania, Namibia, Uganda, Ghana oder Kosovo stellte er die Vorgehensweise der BEAK vor, um die Erwartungen von Investoren zu erfüllen und Aussagen über die Erkundung und Preise der Rohstoffe, die geologischen, aber auch die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die Infrastruktur offen zu legen. Ein wichtiges Instrument dafür sind Rohstoffprognosekarten. Für Sachsen sind im Internet die Datenbanken des BEAK abrufbar, so dass sich jeder informieren kann. Diese Verfügbarkeit von Daten ist äußerst bedeutsam und sie sollten frei zugänglich und nicht - wie im Fall der Wismut AG – unerreichbar sein. Abschließend stellte Dr. Barth fest, dass man in Deutschland auf einem guten Weg ist, Investoren heranzuziehen. Es sei aber auch wichtig, noch ungenutzte Ressourcen zu schützen und nicht zu überbauen, denn damit sei eine Lagerstätte nicht mehr zugänglich.
Am Ende der Veranstaltung konnte Dr. Reimer, GKZ Freiberg e. V. in seinem Schlusswort eine positive Einschätzung des Treffens geben. Durch das positive Echo auf diese erste Regionalveranstaltung erscheint eine Fortführung in etwa 2 Jahren durchaus sinnvoll. Dr. Reimer wies auch auf zwei Vorträge hin, die in diesem Jahr in Freiberg im Rahmen des Projektes MIREU stattfinden: 1. „Cornwall – eine europäische Bergbauregion – gestern, heute, morgen“ (Vortrag von M. Sc. Benedikt Steiner, Cornwall am 21.06.2018) und 2. „Bergbau und Innovation“ (Vortrag von Dr. Marco Roscher, Freiberg am 20.09.2018) im Rahmen der Freiberger Kolloquien).
AT: Welche Partner wirken im Projekt mit und welche Aufgabe haben sie übernommen?
Dr. REIMER: Wir haben 29 Partner aus 19 Montanregionen in ganz Europa. Darunter befinden sich Vertreter der Fachbehörden, Regionalentwickler, Vertreter der Wirtschaft und Forschung mit hohem Vernetzungsgrad sowie Einrichtungen aus Brüssel zur Koordinierung regionaler Wertschöpfung.
AT: Wie sehen Sie die zukünftigen Chancen des sächsischen Bergbaus?
Dr. Reimer: Wir tragen mit MIREU dazu bei, dass der sächsische Bergbau und seine starke Metallurgie wichtige Impulse aus dem Zusammenspiel mit europäischen Partnern erfahren und diese selbst geben. Hierzu zählen Fragen des Rohstoffbewusstseins, der Bergbauakzeptanz, der Förderpolitik, der sogenannten „Intelligenten Spezialisierung“ und der Zusammenarbeit auf den nationalen und internationalen Ebenen der Angewandten Forschung. Die Optimierung der einzelnen Themenbereiche kann Bergbaubetreibern und Entwicklern helfen, noch effizienter und reibungsloser ihre Projekte zu realisieren, aber auch Probleme an das Netzwerk zu adressieren. Hierzu finden periodisch „Stakeholder Treffen“ statt.
Schon jetzt wird sichtbar, dass das staatliche Engagement im Bergbau in Europa unterschiedlich ist. Es reicht von einer Abkehr vom Bergbau bis hin zur aktiven Förderung auch im Kontext eigener Förderung. Sachsen kann hiervon lernen, auch in der Fortschreibung seiner Rohstoffstrategie sowie der Ausformung der Programme zur Regionalentwicklung, sich neu auszurichten. Gerade letztere zeigen im Bereich der Förderung des aktiven Bergbaus noch großen Nachholbedarf und eine stärkere Priorisierung.
AT: Welche Möglichkeiten sehen Sie, das Image der Rohstoff-gewinnenden Industrie in Deutschland wieder positiv in das Bewusstsein der Menschen zu bringen?
Dr. Reimer: Der Vortrag von Dr. Goedecke hat hier Initiativen des GKZ und der Industrie- und Handelskammer Chemnitz aufgezeigt. Diese reichen von einer besseren Koordinierung der Umsetzung der Sächsischen Rohstoffstrategie zwischen allen Ministerien als Verbesserung der Rahmenbedingungen politischen Handelns bis hin zu konkreten Schritten, wie der Überarbeitung der Kapitel Bergbau in den Schulbüchern. Hier werden Meinungen aber nicht Fakten vermittelt, um sich hieraus eine Meinung zu bilden, so wie es der Fall sein sollte. Auch hat die Zusammenarbeit mit Schulen die Aufgeschlossenheit vor allem der Lehrer gegenüber einer neuen Sichtweise des Bergbaus aufgezeigt. Im ökonomisch wichtigen Bereich des Steine&Erden Bergbaus zeigt das Vorgehen des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe in Leipzig, dass die Vermittlung des Artenreichtums einer Abbaubetriebsfläche oder abgeworfenen Fläche zu mehr Aufgeschlossenheit gegenüber dem Bergbau führt. Hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit diesem Thema bei den Betreibern. Die vermittelten Fallbeispiele zeigen, dass Bergbauflächen gegenüber der Monotonie der exzessiven, großflächigen Landwirtschaft eine viel höhere Artenvielfalt aufweisen. Und dass, ohne hierbei auch noch Glyphosat erwähnen zu müssen, um zu verstehen, wo im Lande die eigentlichen Probleme im Rückgang der Artenvielfalt – und dies auf viel breiterer Fläche – liegen. Der GKZ teilt die Meinung, dass die Bemühungen vieler Gleichgesinnter, an denen wir nur einen Anteil haben, doch allmählich greifen.
AT: Wie beurteilen Sie den Erfolg der Veranstaltung?
Dr. Reimer: Mit über 130 Teilnehmern aus fast allen Interessensgruppen war die Veranstaltung ein gelungener Auftakt, um das Vorhaben „unter die Leute zu bringen“.
Von den Referenten und Teilnehmern gingen wichtige Botschaften aus, die wir nunmehr an die richtigen Adressen richten müssen, insbesondere an die politischen Entscheidungsträger der Parteien.
Bergbau tendiert in der gesellschaftlichen Diskussion von ideologischen Sichtweisen beherrscht zu werden. Die Aufgeschlossenheit des Sächsischen Wirtschaftsministers zeigte hierzu einen erfreulichen Standpunkt sächsischer Politik. Sachsen bleibt damit auch im Bund Botschafter für einen starken Bergbau und in Europa ein starker Partner für die Botschaften des Bergbaus!
AT: Vielen Dank für die interessanten Einblicke.
CAS (Koordinierung/Unterstützungs) Projekt im Rahmen des HORIZONT 2020 Arbeitsprogramms 2016-2017
Sparte: Soziale Herausforderungen Klima, Umwelt, Ressourceneffizienz, Rohstoffe
Laufzeit des Vorhabens: 1.12.2017-30.11.2020
Ziel von MIREU ist der Aufbau eines Netzwerkes Europäischer Regionen, in denen Rohstoffe (Erzeugung und Verarbeitung) auch einen integralen Anteil an der Wirtschaft umfassen. Die insgesamt 29 Partnerregionen zeigen hierbei Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede in ihrer Wertschöpfung im Kontext sozioökonomischer sowie ökologischer Herausforderungen und Chancen. Das Projekt sucht nicht nur Synergieeffekte, sondern auch Inhalte einer dauerhaften Vernetzung zur Belebung der Kooperation und Profilierung auf verschiedenen Ebenen der Zivilgesellschaft und der Berufswelt.
Aufgabe des Projektes ist die Entwicklung von Koordinierungs- und Unterstützungsmechanismen unter den beteiligten und anderen europäischen Regionen mit der schlussendlichen Etablierung eines dauerhaften Netzwerkes, verwaltet durch ein zentrales Gremium mit Sitz in Brüssel. Bei der Untersuchung der Regionen hierzu geht es um den Abgleich und die Analyse von regionalspezifischen Faktoren im Kontext zur Rohstoffwirtschaft, -forschung und -verwaltung und privaten Engagements. Dazu werden die entsprechenden Rahmenbedingungen untersucht und SWOT Analysen, so z.B. auch aus einem Abgleich der RIS3 Architektur, der Regionen einschließlich ihrer industriellen und sozialen Indikatoren und auch des nichtprofessionellen, wie bürgerschaftlichen Engagements erarbeitet.
Das MIREU Netzwerk soll dazu beitragen, Erfahrungen und Wissen entlang der Wertschöpfungskette mineralischer Rohstoffe auszutauschen und zu verbessern. Dabei sollen die verschiedenen regionalspezifischen geographischen, kulturellen, sozialen und historisch bedingten sowie wirtschaftlichen Unterschiede – auch im Hinblick auf ihren unterschiedlichen Organisationsgrad – Berücksichtigung finden.
Die Hauptaufgaben des GKZ liegen im Netzwerkaufbau – und hier tiefergreifend beispielhaft – von ausgewählten Bergbau- und Hüttenstandorten (Regionen). Dazu erfolgt die Entwicklung von Strukturen zur Ansprache und Koordinierung von „Stakeholdern“, ihre Identifizierung, Beteiligung an den SWOT-Analysen, speziell zu Bergbauerbe, Forschungskapazitäten, SLO sowie Smart Specialisation und dem Benchmarking zur Eignung von Regionen für Auswahlprozesse. Wir führen bei verschiedenen EU Partnern hierzu Workshops aus. Ferner sind wir im Austausch von Erfahrungen und Verbesserungen zur Steigerung des Rohstoffbewusstseins und der Akzeptanz von Bergbau und Metallurgie beteiligt.
Kontakt:
Geokompetenzzentrum Freiberg e.V.
GF Dr. Wolfgang Reimer